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Der "Kreml" wird durch einen bis zu fünfgeschossigen Neubau ergänzt.
© Visualisierung: Bruno Fioretti Marquez

Brauhausberg in Potsdam: Corona bremst "Kreml"-Entwicklung aus

Eigentlich wollte die Sanus AG Ende 2020 mit der Sanierung des alten Landtags beginnen, jetzt ist der Baustart offen. Und es gibt noch immer keine Baugenehmigung.

Potsdam - Die Entwicklung des denkmalgeschützten „Kreml“ auf dem Brauhausberg verzögert sich auf unbestimmte Zeit. Wurde vom Investor, der Berliner Sanus AG, zuletzt noch ein Baustart im IV. Quartal dieses Jahres und eine Gesamtfertigstellung im Jahr 2024 angekündigt, ist der Beginn der Arbeiten nun wieder völlig offen. Auf PNN-Anfrage nannte Sanus-Sprecher Alexander Kästner weder einen Start- noch einen Vollendungstermin. „Corona-bedingt“ könne man dies derzeit „noch nicht absehen“, sagte er lediglich.
Allerdings dürfte das Unternehmen auch noch gar mit dem Bau beginnen, selbst wenn es wollte. Denn noch immer gibt es keine vollständige Baugenehmigung für das Projekt. Das Verfahren „läuft aktuell noch“, erklärte Kästner. Dabei liegt der Bauantrag bei der Stadt längst vor. Zu Gründen, warum die Genehmigung noch nicht erteilt wurde, machte er keine Angaben. Auch die Stadt hält sich bedeckt. Das Verfahren sei „noch nicht abgeschlossen“, sagte eine Rathaussprecherin auf Anfrage.

Eine 70-Millionen-Euro-Investition 

Die der Stadt zugewandte "Kreml"-Fassade darf nicht verändert werden.
Die der Stadt zugewandte "Kreml"-Fassade darf nicht verändert werden.
© Ottmar Winter

Wie berichtet will das auf Denkmalsanierung spezialisierte Unternehmen Sanus AG rund 70 Millionen Euro auf dem Brauhausberg investieren. Dafür soll der frühere Landtag, der Ende des 19. Jahrhunderts als Reichskriegsschule errichtet wurde und wegen seiner Vergangenheit als Sitz der Potsdamer SED-Bezirksleitung im Volksmund „Kreml“ genannt wird, saniert werden. Weil die der Innenstadt zugewandte Fassade unter Denkmalschutz steht, dürfen Balkone nur auf der Hofseite angebracht werden. Ein knappes Drittel der Flächen im „Kreml“, rund 3000 Quadratmeter, aufgeteilt in 26 Einheiten, soll für Gewerbe zur Verfügung stehen. Beispielsweise ist ein Hotel geplant, vorrangig für den Aufenthalt von Gastwissenschaftlern des Wissenschaftsparks „Albert Einstein“ auf dem benachbarten Telegrafenberg. Welche weiteren Gewerbenutzungen geplant sind, ist noch unklar. Es müssten erst die „Ergebnisse der Vertriebsgespräche abgewartet“ werden, sagte der Sanus-Sprecher. 

Preise werden bislang nicht genannt

Den größten Teil des Projekts machen allerdings Wohnungen aus. 139 Luxusapartments sind insgesamt geplant, je etwa zur Hälfte im „Kreml“ und in einem L-förmigen, drei- bis fünfgeschossigen Neubau im Innenhof. Dort soll auch eine Tiefgarage mit 130 Stellplätzen entstehen. Weitere 25 Parkplätze sind im Außenbereich des Geländes geplant.

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Wie viel potenzielle Erwerber für den Blick über Potsdams Stadtsilhouette zahlen müssen, ist noch unklar. Quadratmeterpreise für die Eigentumswohnungen könne man erst nennen, wenn die Baugenehmigung erteilt und die Auflagen der Stadt bekannt seien, so Kästner. Billig dürfte es nicht werden: Rechnet man die Investitionskosten auf die gut 14 000 Quadratmeter Nutzfläche um, kommt man auf 5000 Euro je Quadratmeter.

Illustre Geschichte

Die Geschichte des Projekts ist mindestens ebenso illuster wie jene des Bauwerks selbst. 2015 kaufte Sanus, damals noch in einem gemeinsamen Konsortium mit der Eureka Immobilien Management, das „Kreml“-Grundstück vom Land – für 8,65 Millionen Euro. An den Umständen des Erwerbs gab es Zweifel. Die damalige CDU-Opposition im Landtag übte Kritik am Vergabeverfahren und an der Wertermittlung. Ihrer Ansicht nach hätte die Immobilie dem Land bis zu 24 Millionen Euro einbringen müssen.
Gerügt wurde auch der Zeitpunkt des Verkaufs: Nur wenige Monate nach der Übergabe stieg die Flüchtlingszahl in Deutschland rapide. Die Stadt mietete den „Kreml“ für drei Jahre an, um ihn als Gemeinschaftsunterkunft zu nutzen. Mit den Mieteinnahmen in Höhe von insgesamt knapp fünf Millionen Euro hatte das Konsortium seinen Kaufpreis zu einem beträchtlichen Teil bereits refinanziert.

Sanus sucht keinen Co-Investor mehr

Als guter Deal für die Investoren erwies sich zudem ein städtebaulicher Vertrag, der die Zustimmung der Stadtverordneten fand. Demnach darf auf dem Gelände deutlich mehr neu gebaut werden als ursprünglich vorgesehen, womit ein weiterer Wertzuwachs verbunden sein dürfte. Ein Bebauungsplan für das Areal sollte nicht erstellt werden, um Zeit zu sparen. Zumindest dieses Ziel darf getrost als verfehlt angesehen werden. 
Für Schlagzeilen sorgte im vergangenen Jahr ein Bericht der „Märkischen Allgemeinen“, wonach die Immobilie weiterverkauft werden solle. Sanus dementierte eiligst, gab aber an, die 30 Prozent der Anteile von Eureka übernommen zu haben. Für diese Anteile wolle man einen Co-Investor suchen, hatte es geheißen. Von diesem Plan ist man offenbar abgerückt. Von einem zweiten Investor war auf Nachfrage nicht mehr die Rede. Sanus plane auch jetzt keinen Verkauf des „Kreml“-Grundstücks, so Kästner.

Im Dach klafft ein Loch

Zugleich trat der Sprecher Befürchtungen von Anwohnern entgegen, man lasse den früheren Landtag absichtlich verfallen. Konkreter Anlass für diese Sorgen ist ein Loch im Dach auf der Ostseite des Gebäudes, durch das ungehindert Wasser eindringen kann und das nach Angaben von Anwohnern bereits seit Monaten existiert. Der Schaden werde „zeitnah behoben“, sagte der Sprecher. Die Frage, wie lange Sanus bereits von dem Loch wisse, blieb indes unbeantwortet. Für das Leck im Dach interessiert sich nun allerdings auch die Bauverwaltung. Bislang habe die Behörde von einem Loch in dem Denkmal keine Kenntnis gehabt, so die Stadtsprecherin. „Dem Hinweis wird nachgegangen.“

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