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Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, in Schulkantinen nicht öfter als acht Mal pro Monat Fleisch auf den Tisch zu bringen. Bei 49 Prozent der befragten Schulen in Brandenburg war es jedoch häufiger.
© Franziska Kraufmann/dpa

Schulessen in Brandenburg: Zu wenig Grün auf dem Teller

Trotz gestiegener Preise gibt es in Brandenburgs Schulkantinen zu selten Gemüse und Fisch. Viele Schüler haben nur eine halbe Stunde Zeit zum Essen. Viel zu wenig, urteilt eine aktuelle Studie.

Potsdam - Ein Mittagessen kostet in einer Brandenburger Schulkantine im Durchschnitt 2,65 Euro. Das sind 69 Cent mehr als 2009. Doch trotz dieser deutlichen Steigerung werden die Qualitätsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) nicht eingehalten. Das ergab die neue Schulleiterbefragung zur Schulverpflegung im Land Brandenburg, die die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Brandenburg gemeinsam mit Verbraucherminister Stefan Ludwig (Linke) und Bildungsminister Günter Baaske (SPD) am gestrigen Mittwoch in der Rosa-Luxemburg-Schule in Potsdam vorstellte.

Zu häufig Fleisch auf dem Teller

So boten nur 26 Prozent der überprüften Speisepläne wie empfohlen täglich Gemüse und Salat an. 103 so genannte Menülinien wurden einem detaillierten Check unterzogen. Nur bei 13 Prozent davon lag zwei Mal im Monat fettreicher Seefisch auf dem Teller. Außerdem überschritt fast ein Viertel der Kantinen die empfohlene Warmhaltezeit von maximal drei Stunden. Bei rund der Hälfte kommt zu häufig Fleisch auf den Tisch.

Doch nicht in allen Bereichen gibt es große Mängel. So erfüllen fast 80 Prozent der untersuchten Speisepläne die Empfehlungen, täglich Getreideprodukte, Kartoffeln oder Reis sowie regelmäßig frisches Obst anzubieten.

Fortschritte an Brandenburger Schulen

Auch wenn es im Bereich Qualität noch Luft nach oben gibt, sehen die Verfasser der Studie bereits große Fortschritte. 2009/10 hatten sie das erste Mal die Schulleiter befragt, seither wird die Studie regelmäßig durchgeführt. Bei der aktuellen Befragung füllten 167 von 856 Schulen angeschriebenen Schulen den Online-Fragebogen zu ihrem Essensangebot aus. Bei der ersten Befragung vor neun Jahren hatten nur 27 Prozent der Schulen überhaupt vertragliche Vorgaben zur Qualität ihres Speisenangebots. Heute sind es immerhin 62 Prozent. „Es wäre aber schön, wenn sich alle Schulen dem widmen würden“, sagte die Projektleiterin Maren Daenzer-Wiedmer bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Studie. Positiv falle auf, dass es an immer mehr Schulen Mensa-AGs gibt. In diesen Arbeitsgemeinschaften setzen sich die Träger, Caterer, Schüler, Lehrer und Eltern zusammen, um über das Angebot zu sprechen.

Im brandenburgischen Schulgesetz wird nur festgelegt, dass die Schüler „an einer warmen Mittagsmahlzeit zu angemessenen Preisen teilnehmen können“. Die Schulträger, so schreibt es das Gesetz vor, sollen das Angebot „im Benehmen“, also in Abstimmung, mit den Schulen gewährleisten. Dieses Prinzip setzt sich auch langsam durch, wie die Befragung zeigt. 2009/10 gaben knapp die Hälfte der Schulleiter an, der Schulträger entscheide allein über das Mittagessensangebot. Heute sind es nur noch gut ein Viertel.

Immernoch zu viel, findet Bildungsminister Günter Baaske. Deshalb hat er sich vorgenommen, die Schulen herauszufiltern, an denen die Abstimmung bisher nicht funktioniert. „Für mich ist die Benehmensherstellung zentral. Schulen, Eltern und Schüler müssen zumindest mitreden dürfen.“

20 bis 30 Minuten Zeit zum Essen - zu wenig?

Präzise Vorgaben zur Qualität sucht man im Schulgesetz vergeblich. Das liegt daran, dass die Verantwortung dafür auf kommunaler Ebene liegt. Als unverbindliche Orientierung für eine gesunde Schulspeisung kann die genannte Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) dienen. Wenn Studienleiterin Daenzer-Wiedmer sich etwas wünschen könnte, wäre das „eine gewisse Verbindlichkeit im Charakter der Vorgaben“, um so die Qualität beim Schulessen zu sichern. „Landesweit gültige Handlungsempfehlungen wären wünschenswert“, sagte sie.

„Verbesserungsbedarf gibt es auch bei den Pausen- und Essenzeiten“, erklärte Daenzer-Wiedmer. Die DGE empfiehlt mindestens 45 Minuten, besser noch eine Stunde. Die Hälfte der Schulen im Land Brandenburg plant jedoch nur eine halbe Stunde Pause ein. In den Oberschulen haben sogar 70 Prozent der Schüler nur 20 bis 30 Minuten Zeit zum Essen. „Viel zu kurz“, heißt das Urteil in einer Pressemitteilung zur Studie.

An Oberschulen essen Schüler kaum noch Mittag in der Schule

Insgesamt bleibt die Zahl der Schüler, die in der Schule mittags essen, trotz gestiegener Preise stabil. Rund 125 000 Portionen warmes Essen werden täglich landesweit serviert. Insbesondere an Grundschulen ist der Anteil der Schüler, die am Schulessen teilnehmen, hoch. 68 Prozent essen in der Kantine, der Anteil ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Gesunken ist er dagegen bei den weiterführenden Schulen. Nur 22 Prozent der Schüler versorgen sich dort mittags in der Schule. In Oberschulen sind es sogar nur 18 Prozent. „Mir macht es Sorgen, was in den Oberschulen passiert“, kommentierte Bildungsminister Günter Baaske. „Ich rate hier zum Neustart.“ Denn wenn die Zahlen hier noch weiter zurückgingen, sei es mancherorten sogar fraglich, ob überhaupt noch ein Mittagstisch in der Schule angeboten werden könne. „Das wäre eine totale Katastrophe.“

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