DDR-Enquete-Kommission: Woidke verteidigt den Brandenburger Weg
UPDATE. Aus der „Schule der Demokratie“ zurück auf den „Brandenburger Weg“: Der märkische Landtag hat über den Bericht der DDR-Enquete-Kommission debattiert. Mehr Hilfen für SED-Opfer fordern alle. Und der Ministerpräsident lobt den Konsens in der Politik.
Potsdam - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat mehr Unterstützung für SED-Opfer angekündigt. Bisherige Versäumnisse müssten „so gut und so schnell wie möglich“ abgearbeitet werden, sagte Woidke bei der Debatte über den Abschlussbericht der DDR-Enquete-Kommission des Landtags am Mittwoch in Potsdam. Besonders wichtig seien die Empfehlungen der Kommission zur Wiedergutmachung von Unrecht und zur besseren Würdigung von DDR-Opfern. Hier bestehe „großer Handlungsdruck“, weil die Betroffenen zum großen Teil bereits ein hohes Alter erreicht hätten, sagte Woidke: „Die Zeit drängt.“ Die Empfehlungen der Kommission für einen Härtefallfonds und zur Förderung von Opferverbänden könnten jedoch nicht alle Defizite im Bundesrecht ausgleichen.
Die im März 2010 eingesetzte Kommission, die fast 80 Zeitzeugen und Sachverständige angehört und knapp 30 Gutachten diskutiert hat, habe „einen Nerv getroffen“ und sei „richtig und wichtig“ gewesen, betonte der Ministerpräsident. Die Enquete habe Menschen „ohne politische Scheuklappen“ zusammengebracht und sei damit auch Ausdruck des oft kritisierten „Brandenburger Wegs“ einer konsensorientierten Politik. Der „Brandenburger Weg“ der 90er-Jahre sei trotz der von der Enquete benannten Versäumnisse „immens wichtig“ für das Land gewesen und habe die Arbeitsweise der Runden Tische in der DDR „in einer äußerst schwierigen Zeit“ auf die Arbeit des Landtags übertragen, betonte Woidke: „Es war der Brandenburger Weg, der zu unserem Land gepasst hat.“ Dieses parteiübergreifende Politikmodell sei ein Weg, „der weiterhin passt“.
Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg widersprach: „Das neu gebildete Land wurde auch in den Jahren danach in vielem nicht den neuen, aus der friedlichen Revolution geborenen Ansprüchen gerecht.“ Man habe gespürt, dass „ein selbstgerechter, kritikloser Umgang mit der Vergangenheit gewissermaßen regierungsamtlich wurde. Denn Diktaturen hinterlassen Lügen. Sie dominieren auch im Nachhinein noch die Überlieferung und die Erinnerung.“ Es habe in Brandenburg einen besonders milden Blick zurück auf die kommunistische Gewaltherrschaft gegeben. „Man muss nicht delegitimieren, was nie legitim war“, sagte Teuteberg. Anlass war die Aussage des Linke-Abgeordneten, der andauernde Versuch der Deligitimierung der DDR nehme selbst schon totalitäre Züge an.
Vertreter von SPD, Linken, CDU, FDP und Grünen in der Enquete-Kommission riefen dazu auf, die 80 Handlungsempfehlungen des mehr als 400 Seiten langen Abschlussberichts auch umzusetzen und vor allem die Opfer in den Mittelpunkt zu stellen. Die Kommission sei eine „Schule der Demokratie“ gewesen, in der trotz Streit nach Antworten und Lösungen gesucht worden sei, betonte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Axel Vogel. „Die Zeit des Schwänzens ist vorbei“, sagte Vogel: „Im Abschlussbericht sind unsere Hausaufgaben aufgelistet.“ Ein Antrag der Opposition aus CDU, FDP und Grünen, der die derzeitige und künftige Landesregierungen auffordert, die Empfehlungen aufzugreifen, wurde dennoch mit den Stimmen von SPD und Linken abgelehnt.
Die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg sagte, dass die Einsetzung der Kommission auf Antrag der Opposition – nach Enthüllungen im Zuge der rot-roten Regierungsbildung 2009 über Stasi-Verstrickungen mehrerer Linke-Abgeordneter – „entgegen mancher Behauptung dies nicht bloß ein Reflex auf eine bestimmte Koalitionsbildung und neue Stasifälle in einer Fraktion“ war. „Es war eine notwendige Reaktion unter anderem auch auf die fortlaufenden Stasienthüllungen im Bereich der Brandenburger Polizei und die dazu regierungsamtlich verordnete Versöhnung.“ Heute sei Brandenburg bei seinem Blick auf die eigene Entstehungsgeschichte freier von Glaubensdogmen. Durch die Arbeit der Kommission „werden die Dinge ihren eigenen Lauf nehmen“.
Die Enquete-Kommission hat festgestellt, dass es erhebliche Lücken bei den Stasi-Überprüfungen in Brandenburg gab. Er spricht sich für weitere Stasi-Checks von Abgeordneten, mehr Zeitzeugen im Schulunterricht und mehr Hilfen für Opfer aus. Empfohlen wird auch, SED und Blockparteien der DDR bei der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit stärker in den Blick zu nehmen.
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