Braunkohle in Brandenburg: Umweltaktivisten besetzen Bagger in der Lausitz
In der Nacht zu Montag haben Aktivisten Braunkohle-Bagger in den Tagebauen Jänschwalde und Welzow Süd besetzt. Ministerpräsident Woidke findet dafür scharfe Worte.
Cottbus - In der Lausitz gärt es. Umweltaktivisten haben in der Nacht zu Montag Bagger in den Lausitzer Braunkohletagebauen Jänschwalde und Welzow Süd besetzt. Im Tagebau Jänschwalde seien etwa zehn Aktivisten der Umweltorganisation Robin Wood auf einen Bagger geklettert, sagte ein Sprecher am Montag. Sie hätten ein Banner mit der Aufschrift „#Abschalten – Klimawandel kennt keine Kompromisse“ entrollt. Zeitgleich demonstrierte das Aktionsbündnis „Ende Gelände“ im Tagebau Welzow Süd und in weiteren Tagebauen mit der Besetzung von Baggern. Die Umweltschützer protestieren mit den Aktionen gegen den Abschlussbericht der Kohlekommission.
Scharfe Kritik vom Ministerpräsidenten
Die Aktionen sollten nach Angaben der Kohlegegner bis in den Abend dauern. Ob die Polizei die Bagger räumen wollte, war zunächst unklar. Das Bergbau- und Energieunternehmen Leag in Cottbus, Betreiber der Tagebaue Jänschwalde und Welzow Süd, verurteilte die Besetzungen. „Die Umweltschützer stören die betrieblichen Abläufe, deshalb werden wir strafrechtliche Schritte prüfen“, sagte ein Leag-Sprecher. Der Bericht der sogenannten Kohlekommission zum Ausstieg sei gerade erst eine Woche alt und werde von den Kohlegegnern infrage gestellt. Dabei hätten die Umweltverbände mit am Kommissionstisch gesessen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat die Besetzung von Baggern in Lausitzer Braunkohletagebauen durch Kohlegegner verurteilt. „Es hat etwas von Selbstgefälligkeit und Überheblichkeit“, sagte Woidke am Montag in einer Runde mit Kommunalpolitikern in Cottbus nach Angaben der Staatskanzlei. „Es widerspricht völlig den demokratischen Spielregeln.“ Die Bürgermeisterin von Spremberg, Christine Herntier (parteilos), kritisierte, die Menschen in der Region würden mit der Besetzung vor den Kopf gestoßen.
Die Bundesregierung plant einen Kohleausstieg bis spätestens 2038
Woidke hatte am Montag in Cottbus Spitzenvertreter der Kommunen und der Wirtschaft der Lausitz über die Ergebnisse des Abschlussberichts der Kohlekommission informiert. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus setzt wegen des geplanten Braunkohleausstiegs auf die zügige Ansiedlung neuer Behörden und Unternehmen in der Lausitz. „Die Sorge, die wir ein bisschen haben ist, dass es zu lange dauert, bis etwas sichtbar wird“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Marcus Tolle am Montag nach dem Treffen mit Woidke. „Jetzt müssen schnell positive Signale gesetzt werden.“ Woidke stellte dort die Vorschläge der sogenannten Kohlekommission vor.
Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission hatte nach langen Verhandlungen ein Konzept für einen Kohleausstieg bis spätestens 2038 vorgelegt. Dieses sieht unter anderem Milliardensummen aus dem Staatshaushalt für den Strukturwandel und Übergangshilfen für Beschäftigte vor – die Rede ist von 40 Milliarden Euro für die deutschen Kohleregionen über einen Zeitraum von 20 Jahren. Ob auch ein Ausstieg bis 2035 möglich sein könnte, soll 2032 überprüft werden.
Woidke forderte zügiges Vorankommen
„Wir müssen zügig vorankommen. Die Projekte dürfen nicht zwischen Behörden und Aktendeckeln hängen bleiben“, hatte Woidke gefordert. Es solle einen Staatsvertrag des Bundes mit den betroffenen vier Ländern Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen geben, der auch über Legislaturperioden Sicherheit gebe. Wichtig sei, die Summen festzulegen, die für den Kohleausstieg vorgeschlagen werden.
Indessen protestierten im Osten Deutschlands auch auf weiteren Tagebau-Anlagen Umweltaktivisten. Aus Protest gegen die Beschlüsse der Kohlekommission hatten Aktivisten auch bei Leipzig Bagger in Tagebauen besetzt. Nike Mahlhaus von „Ende Gelände“ sagte, die Kohlekommission habe die Menschen in den bedrohten Dörfern im Stich gelassen. „Wir fordern den sofortigen Kohleausstieg, damit alle Dörfer bleiben“, fügte sie hinzu. Die Grünen-Fraktion im Brandenburger Landtag betonte am Montag, dass die Baggerbesetzungen eine direkte Folge von Brandenburgs Blockadehaltung in der Kohlekommission seien.
Die Landesregierung habe hierin die Festsetzung eines Ausstiegspfads für das Kraftwerk Jänschwalde verhindert – der damalige Besitzer Vattenfall wollte das Kraftwerk 2027 stilllegen – und diese Entscheidung mit dem Einsatz einer großtechnisch unerprobten CO2-Spar-Technologie begründet. „Dass hiermit die notwendigen CO2-Einsparungen erreicht werden können, ist nach derzeitigem Kenntnisstand mehr als zweifelhaft“, so Grünen-Sprecherin Katharina Buri. Die Landesregierung habe sich damit bewusst dagegen entschieden, den Konflikt um die Lausitzer Braunkohle jetzt mit der Absage des neuen Tagebaus Welzow Süd II zu befrieden. „Planungssicherheit gibt es so weder für die Einwohner der von Abbaggerung bedrohten Dörfer wie Proschim noch für die direkt und indirekt in der Kohle Beschäftigten. Dass die Lausitz jetzt Ziel von Klimaschutz-Protesten wird, ist einzig und allein dem unverantwortlichen Handeln der Landesregierung zuzuschreiben.“ (mit dpa)