Gigafactory in Brandenburg: Tesla am Zug
Die neue E-Auto-Fabrik in Grünheide soll für Arbeiter und Zulieferer vor allem über die Schiene erreichbar sein. Das verspricht Tesla. Erstmals trat ein Vertreter des Konzerns im Brandenburger Parlament auf. Aber wo hakt es noch?
Potsdam - Eine Tesla-Premiere, allerdings mit Verspätung: Der von Elon Musk geführte US-Autohersteller, der in Rekordtempo in Grünheide eine Europa-Gigafabrik (GF4) errichtet, hat sich nach Monaten nun auch erstmals dem Brandenburger Parlament gestellt. Am Donnerstag trat im Infrastrukturausschuss des Landtags in Potsdam der Tesla-Projektmanager Alexander Riederer auf. "Wir bauen gerade die fortschrittlichste Serienproduktion für Elektrofahrzeuge der Welt - in Brandenburg", sagte Riederer in einem 22-Minuten-Vortrag. "Wir werden nur erfolgreich sein, wenn die Mitarbeiter schnell und komfortabel zur Fabrik gelangen und die Zulieferung just in time erfolgt." Daher genieße das Thema der Infrastruktur für Tesla "absolute Priorität", so der Tesla-Vertreter, der sich als "Teil des Gigafactory-Teams" vorstellte.
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Zuvor hatte der als öffentlichkeitsscheu bekannte US-Konzern dem Landtag bei Einladungen immer eine Absage erteilt, weil die Zentrale in Kalifornien ein Veto einlegte, was in Brandenburgs Politik zunehmend für Unmut und Unverständnis gesorgt hat. Auch Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hatte Kritik an der Zurückhaltung geübt.
12.000 Menschen sollen in Grünheide arbeiten
Themen der Anhörung im Ausschuss waren nun vor allem die Verkehrserschließung auf Straße und Schiene sowie die Infrastruktur im Umfeld der Fabrik, in der 12.000 Menschen arbeiten und schon ab Juli 2021 die ersten Tesla-Fahrzeuge vom Band rollen sollen. Vor allem die Freien Wähler und die Linken hatten in den letzten Wochen kritisiert, dass der Ausbau der Infrastruktur nicht mit dem Eiltempo bei der Errichtung der Gigafactory Schritt halte und vor einem drohenden Verkehrschaos gewarnt. "Wir wollen Teil der Lösung sein", versicherte Riederer. "Wir haben mit dem Bau der Fabrik vorgelegt. Jetzt muss es gemeinsames Ziel sein, mit der Infrastuktur nachzuziehen."
Riederer verwies darauf, dass Tesla Grünheide aus 100 gesichteten Standorten ausgewählt habe, und nicht zuletzt wegen der guten verkehrstechnischen Anbindung. Er listete auf, was aus Sicht von Tesla für eine gute Anbindung der Fabrik nötig ist - etwa eine Verlegung des Bahnhofs Fangschleuse nach Westen, näher an die Fertigungsstätte heran. Ab Dezember soll zudem der RE1, der Berlin und Frankfurt (Oder) verbindet, im 30-Minuten-Takt am Bahnhof Fangschleuse halten, der gut zwei Kilometer entfernt vom Fabrikareal liegt.
Außerdem bemüht sich Tesla um eine eigene Zug-Shuttle-Verbindung zum Bahnhof Erkner, da sich auf dem Gelände bereits ein Gleisanschluss verbindet. Die Idee ist, dass sich der Tesla-Zug auf der viel befahrenen Ost-West-Schienen-Trasse einfädelt, nach Erkner pendelt. Dazu laufen Verhandlungen mit der Deutschen Bahn. Das lasse sich schnell realisieren, so wäre eine gute Anbindung an Berlin möglich, so Riederer. Er merkte an, dass Tesla spätestens zum Produktionsstart eine temporäre eigene Autobahnabfahrt brauche.
Tesla will auch mehr Radwege im Fabrikumfeld
Ziel von Tesla sei, die Fabrik möglichst gut an den öffentlichen Nahverkehr anzuschließen und auch über die Schiene. Zugleich nannte Riederer den Radwegeausbau im Umfeld als wichtig für Tesla. Er wisse das auch aus eigener Erfahrung persönlich, weil er seit einigen Jahren in Amsterdam lebe, wo Tesla seinen Europa-Sitz habe.
Die Beantwortung von Fragen lehnte der Tesla-Vertreter allerdings ab, was er mit den laufenden Genehmigungs- und Bewilligungsverfahren begründete. Er bat die Parlamentarier um Verständnis und bot andere Formate an. Sein Auftritt wurde im Ausschuss begrüßt. Die Weigerung, Fragen der Abgeordneten Fragen zu beantworten, stieß allerdings bei den Linken auf Kritik. Brandenburgs Infrastrukturstaatssekretär Rainer Genilke (CDU) dankte Tesla für das Ringen "um den besten Weg". Im Verlauf der weiteren Anhörung äußerte sich der frühere Bahnmanager Hans Leister, der zur Tesla-Anbinung für die Linksopposition im Landtag ein Gutachten erstellt hatte, skeptisch zu den Ankündigungen Teslas. Er erwarte, dass die meisten Mitarbeiter mit dem Auto zur Arbeit kommen werden, da das zu erwartende Angebot von Jahreswagen und kostenlosem Laden sicher sehr attraktiv sein werde, so Leister. Damit es zum Start der Fabrik kein Chaos gibt, empfiehlt Leister Bus-Shuttles nach Erkner, Strausberg und Königs Wusterhausen. Optmistischer sieht alles der Bahnexperte Prof. Uwe Hoeft von der Technischen Hochschule Brandenburg, der eine Verlegung des Bahnhofs Fangschleuse für nicht nötig hält. Man könne intelligente Wege finden, das Fabrikareal besser an den RE1-Halt anzubinden. "Das kann man neu denken." Beispiele finde man an Flughäfen. "Die Verlegung bringt nichts, weil man trotzdem weite Wege hat", sagte Hoeft. Angesichts der knappen Zeit mahnte Rolf Lindemann, SPD-Landrat von Oder–Spree, ein größeres Engagement der Landesregierung an, die Infrastruktur- und Verkehrsprobleme rings um die Fabrik schnell zu lösen, insbesondere im Verkehrsnadelöhr Erkner. „Die Problemlösung muss schnell kommen“, sagte Lindemann. Man stehe auch bei den Bürgern im Wort. Er wolle nicht in einem jahr vor Bürger in Erkner treten, „die den Aufstand proben.“ Er habe zudem den Eindruck, dass das Land den Kreis eher davon abbringen will, neue Wohngebiete auszuweisen. Doch Oder-Spree sehe gerade die Gigafactory als Chance für den Zuzug junger Leute, die man brauche, „auch zur mentalen Auffrischung.“ Man werde nicht Belastungen in Kauf nehmen, "aber die Wachstumseffekte an den Berliner Nachbarn abgeben", so Lindemann. „Unser Ziel ist ein ausgewogenes Verhältnis von Wohnen und Pendeln.“
Elon Musk ist jedenfalls offenkundig zufrieden, wie es mit der Ansiedlung der Fabrik in Deutschlands Hauptstadtregion läuft. Auf Twitter schrieb Musk am Donnerstag jedenfalls: «Dankeschön Brandenburg & Grünheide!»
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