Brandenburg: Rot-Roter Postenpoker
In Brandenburg ist der Koalitionsvertrag für das SPD-Linke-Bündnis fertig. Aber wie könnte die neue Landesregierung aussehen?
Potsdam - In Brandenburg steht drei Wochen nach der Landtagswahl bereits der Koalitionsvertrag für das neue rot-rote Regierungsbündnis. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und Linke-Parteichef Christian Görke stellen das Papier am heutigen Freitag vor. Bereits bekannt ist, dass SPD und Linke die Zahl der Landkreise von 18 auf höchstens zehn reduzieren, 4300 neue Lehrer einstellen, die Kita-Gruppen verkleinern, den Personalabbau bei der Polizei stoppen und den Etat für marode Landesstraßen erhöhen wollen. Nach PNN-Informationen wollen die Koalitionäre ohne neue Schulden bis 2019 rund 800 Millionen Euro zusätzlich ausgeben.
Die letzte Verhandlungsrunde war in der Nacht zum Donnerstag um 22.35 Uhr beendet worden. Zum Ausgang sagte Woidke im Anschluss den PNN: „Es ist wirklich gut gelaufen.“ Auch SPD-Bundeschef Sigmar Gabriel wurde noch in der Nacht von Generalsekretärin Klara Geywitz informiert. Bisher nicht entschieden wurde über die Verteilung und Zuschnitte der Ministerien und die künftigen Minister. Das soll erst geschehen, nachdem die Linke-Basis in einem Mitgliederentscheid dem Koalitionsvertrag zugestimmt hat. Trotzdem verdichten sich Signale, wie das neue Kabinett aussehen könnte. Dem Vernehmen nach haben Woidke und Görke einige Varianten durchgespielt. Der Poker um die Regierungsposten hat längst begonnen.
DIE GEWINNER
Die Ausgangslage sieht so aus: Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) hat nicht unbedingt vor, das Kabinett zu verkleinern. Brandenburg ist ein Flächenland, die Minister sind viel unterwegs. Es wird damit wohl wieder neun Ministerien geben, von denen die Linken diesmal wohl drei erhalten. Das wäre eins weniger als bisher, aber eine Folge des schlechten Wahlergebnisses. Allerdings drängen die Linken auf vier Ministerien, und das allerletzte Wort ist noch nicht gesprochen. Fest steht auf SPD-Seite, dass Günter Baaske, bisher Arbeits- und Sozialminister, im Kabinett bleibt. Der Sozialpädagoge, seit zehn Jahren in der Regierung, soll dem Vernehmen nach wohl das als „Baustelle“ geltende Bildungsressort übernehmen. Frühere Überlegungen, das Ministerium den Linken zu überlassen, wurden verworfen. Die Linken hätten es allerdings gern.
Gesetzt ist auch Jörg Vogelsänger, bislang für Infrastruktur und Landwirtschaft zuständig. Er könnte neuer Agrar- und Umweltminister werden. Die 2009 erfolgte Trennung beider Häuser wird wohl rückgängig gemacht. Woidke hielt diese immer für falsch. Er war früher selbst einmal Agrar- und Umweltminister. Für die SPD hat die Agrarzuständigkeit auch strategische Bedeutung, die Verankerung auf dem Lande – deutschlandweit eine CDU-Dominante – ist ein Grund für die Siege der SPD bei den Landtagswahlen seit 1990 in Brandenburg. Neue Verkehrs- und Infrastrukturministerin könnte die bisherige Staatssekreträin Katrin Schneider werden. Und es sieht ganz danach aus, dass die frühere Uni-Rektorin Sabine Kunst (parteilos) Kultur- und Wissenschaftsministerin bleibt. Eine Fusion mit dem Bildungsministerium ist unwahrscheinlich. Das Ministerium läuft, es gibt keinen erkennbaren Grund für personelle Veränderungen.
Als offen gilt, wem Woidke das Innenministerium anvertraut – wegen der geplanten schwierigen Kreisgebietsreform ist es das Schlüsselressort der Wahlperiode. Favoritin wäre wohl die Abgeordnete Klara Geywitz, die als kompetent und durchsetzungsstark gilt. Allerdings heißt es, dass die Mutter von drei Kindern SPD-Generalsekretärin bleiben will. Infrage kämen auch die frühere Staatssekretärin Tina Fischer, Innenstaatssekretär Rudolf Zeeb oder der Falkenseer Bürgermeister Heiko Müller.
Und bei den Linken? Da ist die Lage vertrackt. Klar ist, dass Helmuth Markov im Kabinett bleibt, bisher Vize-Ministerpräsident, zuständig für Justiz, früher für Finanzen. Eigentlich wollte Markov aufhören, er kandidierte auch nicht mehr für den Landtag, ließ sich aber umstimmen. Der frühere Europaabgeordnete könnte ein um Verbraucherschutz und Europa erweitertes Justizressort übernehmen – oder wieder Finanzminister werden. Dieses Ressort führt allerdings Parteichef Christian Görke. Und auch der will wohl wieder ins Kabinett – und muss wohl auch: Woidke hatte es bei den Sondierungen mit der CDU zur Bedingung gemacht, dass CDU-Landesparteichef Michael Schierack an den Kabinettstisch rückt. Aber Schieracks Absage führte erst zu Rot-Rot. Damit haben die Linken ein gewaltiges Problem: Denn wenigstens eine Frau müssen sie auf die Regierungsbank schicken. Bei den Linken gilt eine Quote. Und ein Landesparteitag stimmt auch über die Ministerriege ab. Für das Arbeits- und Sozialministerium, das die Linken bekommen könnten, werden die brandenburgische Bundestagsabgeordnete Diana Golze und die frühere Berliner Arbeitssenatorin Carola Bluhm gehandelt. Wie man es dreht, ein Mann ist zu viel. Trifft es den bisherigen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers?
DIE VERLIERER
Nach dem unglücklichem Agieren der letzten Jahre wird die bisherige Bildungsministerin Martina Münch (SPD) wohl nicht mehr im Kabinett vertreten sein. Schlechte Karten hat auch die bisherige Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Anita Tack (Linke). Als ebenso unwahrscheinlich gilt inzwischen, dass der SPD-Abgeordnete Ralf Holzschuher Innenminister bleibt, weil ihm die nötige Führungsstärke für die Kreisreform nicht zugetraut wird. Woidke soll Anfang November zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Und bis dahin kann noch viel passieren.
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