Messerattacke auf Mitglied der Hells Angels: Rocker und rechte Hooligans bekriegen sich
Nach einer Attacke auf einen ranghohen Cottbuser Hells Angel hat die Polizei die Räume der Rocker durchsucht. Anlass für die Messerstecherei sollen Streitigkeiten um kriminelle Geschäfte und Revierkämpfe sein.
Cottbus - Jetzt bekriegen sich sogar schon Rocker und rechte Hooligans in Cottbus. Die Sicherheitsbehörden sind alarmiert und fürchten eine neue Welle der Gewalt. Grund sind mehrere Vorfälle, die sich vor mehr als einer Woche in Cottbus zugetragen haben. Am 1. Februar war ein ranghohes Mitglied der Cottbuser Hells Angels nachmittags auf offener Straße mitten im Stadtzentrum zunächst von acht bis elf Männern umzingelt worden, schließlich stach ihm einer der Männer mehrfach mit dem Messer von hinten ins Gesäß und in die Oberschenkel. Dabei wurde der 41-Jährige lebensbedrohlich verletzt. Ein Messerstich traf eine Arterie, der Mann verlor viel Blut und musste notoperiert werden. Zudem sollen dem Rocker 5000 Euro gestohlen worden sein. Jetzt wird wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt.
Der Rocker selbst schweigt zu der Tat. Das Opfer ist immerhin Secretary der örtlichen Hells-Angels-Niederlassung und damit an dritter Stelle in der Führungsriege des Klubs. Deshalb befürchten die Sicherheitsbehörden Racheakte der Rocker auf die Angreifer. Tatsächlich ging wenige Tage nach der Messerattacke das Auto eines Angreifers in Flammen auf, weitere Männer aus dem Kreis der Angreifer, darunter zwei frühere Mitglieder des Rockerklubs Bandidos, wurden mit Pfefferspray attackiert.
Zu den genauen Hintergründen halten sich die Ermittler bislang bedeckt. Die Lage sei äußerst angespannt, hieß es. Vor allem soll verhindert werden, dass die Rocker nähere Angaben zu den Angreifern bekommen und dies für weitere Anschläge nutzen. Die Polizei ihrerseits versuchte am vergangenen Freitag mit einer Razzia in mehreren Objekten, darunter auch im Klubheim der Hells Angels, ein Zeichen zu setzen. Anlass war offiziell das verstärkte Auftauchen von Anhängern des Rockerklubs in Cottbus. Etwas Belastendes fand die Polizei allerdings nicht bei der Razzia. Es sei auch ein Stückweit Machtdemonstration gewesen, um die Rocker vor einer weiteren Eskalation zu warnen, erklärte ein Ermittler.
Anlass für die Messerstecherei soll nach ersten Erkenntnissen ein Streit um eine Frau gewesen sein. Tatsächlich aber gehen die Ermittler inzwischen davon aus, dass es um Auseinandersetzungen um kriminelle Geschäfte und Revierkämpfe in Cottbus geht. Eigentlich war es im Süden Brandenburgs nach heftigen Konflikten zwischen Hells Angels und Bandidos mit Schusswechseln und Messerattacken lange Zeit in der Rockerszene ruhig geblieben. Die Bandidos zogen sich zurück, Ermittlern zufolge haben die Hells Angels die Cottbuser Unterwelt, also Drogenhandel, Rotlichtmilieu, Türsteherszene und Schutzgelderpressung, fest im Griff und sich als Macht etabliert. Jetzt aber machen ihnen offenbar rechte Hooligans, die der Türsteher-Szene zugeordnet werden, die Geschäfte streitig. Dies sei eine neue Qualität der Auseinandersetzungen, hieß es bei den Ermittlern.
Wie sicher sich die Hells Angels ihrer Sache in Cottbus waren, zeigte eine Razzia im Juli 2012. Damals durchsuchten 200 Beamte Wohnungen und Geschäftsräume von Mitgliedern des Klubs. Auf einem Gartengrundstück stießen die Ermittler auf ein Waffendepot. In einer vergrabenen Metallkiste fanden sie mehrere funktionstüchtige Schusswaffen: eine Pumpgun und eine abgesägte doppelläufige Schrotflinte, drei Pistolen sowie die nötige Munition, mehrere Handbeile und eine Präzisionsschleuder. Daneben fanden die Beamten Stich- und Hiebwaffen sowie Drogen.
Den Rockern rechnet die Staatsanwaltschaft eine zentrale Rolle beim Handel mit Crystal Meth zu. Die Aufputschdroge hat sich im Süden des Landes inzwischen etabliert, wie Polizeisprecher Rudi Sonntag sagt. Die Labordroge gilt für Körper und Psyche so zerstörerisch wie kaum eine andere Droge, sie wird nach bisherigen Erkenntnissen vor allem in Tschechien hergestellt und von dort nach Deutschland geschmuggelt. Bei der Staatsanwaltschaft heißt es, die Rocker seien für den Handel mit Abstand am besten organisiert – auch in der Türsteherszene. Möglicherweise machen gewaltbereite Hooligans und ehemalige Rocker den Hells Angels auch dieses Revier nun streitig.
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