Brandenburg: Ohne Kanzel und Kreuz Brandenburgs erste Synagoge in Cottbus
Cottbus - Die Glocke hängt nicht mehr an ihrem Platz. Die Kreuze und die Kanzel wurden entfernt.
Cottbus - Die Glocke hängt nicht mehr an ihrem Platz. Die Kreuze und die Kanzel wurden entfernt. Die weißen Wände der schönen, weitgehend schmucklosen Schlosskirche in Cottbus wirken deshalb noch schlichter als sonst – und neutraler. Keine schlechte Voraussetzung für ein Vorhaben, das es so noch nicht häufig gegeben hat in Deutschland: Eine evangelische Kirche wird zur Synagoge. Erstmals bekommt Brandenburg wieder ein jüdisches Gotteshaus. Damit erhalte das Land „wie alle Bundesländer vor ihm eine erste Synagoge seit 1938“, heißt es von dem Kuratorium der Schlosskirche.
Während in der Landeshauptstadt Potsdam seit Jahren um den Neubau einer Synagoge gestritten wird, bekommt Cottbus nun ein solches Gotteshaus. „Wir freuen uns“, sagt Max Solomonik vom Vorstand der jüdischen Gemeinde. „Wir mieten bisher Wohnungen im Zentrum.“ Nahe der neuen Synagoge sollten darin Büros bestehen bleiben. „Die Synagoge wird als Gebetsraum genutzt“, erklärt Solomonik.
Als die Nationalsozialisten am 9. November 1938 die frühere Synagoge in Cottbus anzündeten, hörte die damalige Gemeinde auf zu existieren. Erst seit 1998 gibt es wieder eine jüdische Gemeinde in der Stadt – und bald auch ein repräsentatives Gotteshaus. Die Schlüssel für die entwidmete Schlosskirche sollen an diesem Montag übergeben werden, wie Superintendentin Ulrike Menzel ankündigt. Das Land Brandenburg trägt den Kaufpreis von 582 000 Euro, das Gebäude gehörte der evangelischen Kirchengemeinde St. Nikolai in Cottbus.
Der helle Bau mit seinem Turm steht mitten in der Fußgängerzone. Schon lange sei die Schlosskirche ohne eigene Gemeinde, sagt Menzel. Die Superintendentin steht in dem hohen, hallenden Raum mit den vielen rot-braunen Stühlen und der Orgel auf der Empore und schaut zufrieden. „Ich freue mich, dass die Schlosskirche eine neue Gemeinde bekommt.“ So positiv sei das Vorhaben nicht bei allen Cottbusern aufgenommen worden – es habe Diskussionen gegeben. „Wir haben aber auch nicht erwartet, dass es keinen Widerstand gibt“, sagt Menzel.
„Kirchen sind Gebäude, an denen viele Emotionen hängen.“ Dabei bleibt in Cottbus darin ein sakraler Raum bestehen. Bundesweit werden Kirchen entwidmet, oft folgen weltliche Nutzungen. Allein bei den Protestanten wurden seit 1990 nach Angaben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) 312 Kirchengebäude aufgegeben, weitere rund 230 sind derzeit ungenutzt. Dass dort Synagogen entstehen, ist selten. Thomas Begrich von der EKD nennt als Beispiel Hannover. Auch eine katholische Kirche sei schon zur Synagoge geworden, 2008 im Bistum Speyer, teilt die Deutsche Bischofskonferenz mit.
Dem Zentralrat der Juden in Deutschland zufolge gibt es bundesweit 99 Synagogen. Die offizielle Eröffnung des Gotteshauses in Cottbus ist laut Solomonik für nächstes Jahr zum internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar geplant. Ud Joffe, Vorsitzender der Synagogengemeinde Potsdam, sagt mit Blick auf das Cottbuser Vorhaben neidlos: „Generell freuen sich alle Schwester-Gemeinden, dass eine erste Lösung für einen erhabenen Gebetsort gelungen ist.“ In Cottbus fügte es sich, dass es eine Kirche ohne Gemeinde und eine Gemeinde ohne Synagoge gab. Doch wie geht es in Potsdam weiter? Die Synagogengemeinde habe Eigeninitiative ergriffen, sagt Joffe. „Wir suchen eine Gesprächsebene mit den anderen Gemeinden, wollen das aber nicht erzwingen.“ Hans-Georg Moek, Sprecher des Kulturministeriums, teilt mit, dass die Landesregierung nach dem Koalitionsvertrag daran festhalte, „den Bau einer Synagoge in Potsdam zu ermöglichen“. Leticia Witte
Leticia Witte
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