Brandenburg: Nach 25 Jahren ausgezeichnet
Die 3000 Brandenburger Seen haben eine gute Wasserqualität. Der Stechlinsee ist so sauber, dass man elf Meter tief sehen kann
Am Stechlinsee, knapp 100 Kilometer nördlich von Berlin, herrscht Hochbetrieb. Über dichten Unterwasserwiesen gleiten bis zu anderthalb Meter lange Hechte hinweg. Armleuchteralgen wachsen hier, Seerosen, Tausendblatt und Wasserschläuche – eine fleischfressende Pflanze, die sich von Wasserflöhen ernährt. Flussbarsche mit roten Flossen richten die spitzen Stacheln am Rücken auf, wenn ein Raubfisch in ihre Nähe kommt. Messingfarbene Schleien, beige-weiße Graskarpfen, silberne Maränen und schwarz-gelb gepunktete Kammmolche verstecken sich zwischen den Blättern.
So zeigt die Dokumentation „Der Stechlin“ von Christoph Hauschild das Leben an einem der beliebtesten Badeseen in Brandenburg. Der Stechlinsee ist zweieinhalbmal so groß wie die Insel Helgoland und so klar, dass man unter Wasser bis zu elf Meter weit sehen kann.
Der Name kommt von „Steklo“: dem slawischen Wort für „Glas“. Weil das Licht so tief vordringt, wachsen noch in 16 Metern Tiefe Pflanzen. Der Stechlin ist der tiefste der etwa 3000 Brandenburger Seen: Zwischen Grund und Oberfläche liegen bis zu 70 Meter.
Die Wasserqualität der Brandenburger Gewässer ist hervorragend: Aufgrund von Daten aus dem Vorjahr verlieh die Europäische Umweltagentur dieses Jahr 241 Badestellen die Note „ausgezeichnet“ und zwei wurden mit „gut“ bewertet. Badeverbote aufgrund von Verschmutzung gab es gar nicht.
Vor 20 Jahren stand es um die Brandenburger Seen weniger gut. In den Stechlinsee beispielsweise wurde bis zur deutschen Wiedervereinigung das Kühlwasser des nahegelegenen Atomkraftwerks Rheinsberg geleitet. Es wärmte den See auf bis zu 18 Grad Celsius – in Kombination mit nährstoffreichen Abwässern aus einer Kläranlage war das verheerend. 1985 gelangte sogar radioaktives Kühlwasser in den See. Nach der Wende wurde das Kraftwerk abgeschaltet. Heute schützen dichte Buchenwälder den Stechlinsee vor Verschmutzung; insbesondere vor Dünger und Gülle aus der Landwirtschaft.
Auch der Helenesee, bei Frankfurt Oder, war früher alles andere als ein Erholungsgebiet: Die „Grube Helene“ war ein Braunkohletagebau, der stillgelegt und mit Grundwasser geflutet wurde. Heute ist der Helenesee der zweittiefste See in Brandenburg. Seine insgesamt etwa 1,4 Kilometer langen Badestrände haben ihm den Spitznamen „Kleine Ostsee“ eingebracht und 2013 kührten ihn RBB-Zuschauer zum beliebtesten See des Bundeslandes. Eine neue Titel-Chance gibt es dieses Jahr: Bis zum 31. August kann man sich auf der Internetseite Seen.de an der Wahl des beliebtesten Sees in Deutschland beteiligen.
Viele Seen in Brandenburg waren früher Tagebaulöcher wie der Helenesee, auch das Lausitzer Seenland. Die Seen werden aber auch genutzt, um Reste der Bergbau-Industrie zu entsorgen: Eisenockerschlamm. Wird er in den Gruben belassen, mischt er sich mit Grundwasser und gelangt in Flüsse, die sich daraufhin braun verfärben. Deshalb wird der Schlamm in Seen deponiert, wo er zu Boden sinkt und am Grund liegen bleibt.
Taucher finden am Grund der Seen mehr als nur Schlamm – oft zu ihrem eigenen Bedauern. Die PNN sprachen mit Thomas Vogel vom Deutschen Unterwasser-Club Berlin: „Sie glauben gar nicht, was da unten so alles liegt“, sagte er, „vom Marmeladenglas über Sonnenschirme, Skateboards, Kinderwagen, Puppen und Autorädern bis zu Flaschenkästen.“ Andere Taucher erzählten von Motorrädern. Für Schwimmer und Badende heißt das: Augen offen halten, um sich nicht zu stoßen oder zu schneiden.
Noch gefährlicher als der Müll wird Badenden aber etwas anderes: 2015 ertranken 19 Menschen in Brandenburger Seen – 2014 waren es 17, 2013 sogar 21. „Zu gefährlichen Situationen kommt es häufig, wenn Schwimmer ihre Kräfte überschätzen“, sagte Jens Serbser von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) der „Berliner Morgenpost“. Er rät davon ab, nach einem langen Sonnenbad mit dem Kopf voran ins Wasser zu springen. Lieber solle man sich langsam abkühlen, damit der Kreislauf nicht zusammenbreche.
Für aufmerksame Freiluftschwimmer sind die Brandenburger Seen nicht nur eine Abkühlung, sondern auch eine Möglichkeit, versunkene Schätze zu bergen. Im Werbellinsee, etwa 60 Kilometer nördlich von Berlin, soll um 1350 eine ganze Stadt versunken sein. Die Bürger des reichen Werbellows sollen einen Bettler abgewiesen haben, woraufhin die Stadt verschluckt worden sei: An ihrer Stelle erstrecke sich seitdem der Werbellinsee. Die beste Chance, Werbellow in den Tiefen des Sees zu finden, haben Hobbytaucher im späten Frühling. Dann entziehen Wasserpflanzen dem See so viele Nährstoffe, dass das Wasser noch klarer wird.
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