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Vor allem Grundschulen müssen mit Corona-Infektionen kämpfen
© Peter Kneffel/dpa

Corona in Schulen: Milde Maßnahmen trotz hoher Inzidenzen

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) will Schulschließungen vermeiden und dafür die Testpflicht ausweiten.

Potsdam - Sie verstehe sich als „Lobbyistin der Schülerinnen und Schüler“, sagt Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD), die auch Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) ist. Sie sei deshalb in der Pandemie für „milde Maßnahmen“ in den Schulen, die möglichst wenig Einschränkungen für Schüler bedeuten. Ein Überblick über Ernsts aktuelle Positionen in der Corona-Politik. 

Britta Ernst (SPD)
Britta Ernst (SPD)
© Ottmar Winter

PRÄSENZUNTERRICHT

Brandenburgs Bildungsministerin hält Schulschließungen weiter für keine gute Maßnahme – auch wenn das Bundesverfassungsgericht am Dienstag festgestellt hat, dass die Schulschließungen im Rahmen der Bundesnotbremse 2020 rechtens waren. „Wir verfolgen nach wie vor das Ziel, dass in Präsenz unterrichtet werden kann“, sagte Ernst am Dienstagabend vor Pressevertretern. Sie gehe davon aus, dass die Schulen bis zu den Weihnachtsferien im Regelbetrieb bleiben. Am Dienstag hatten die Landtagsfraktionschefs Daniel Keller (SPD) und Jan Redmann (CDU) Wechselunterricht ins Spiel gebracht.  Seit Montag ist in Brandenburg die Präsenzpflicht aufgehoben. Eltern können ihre Kinder zu Hause lassen. Stichproben hätten laut Ernst ergeben, dass diese Möglichkeit bislang wenig in Anspruch genommen werde. Anfang der Woche soll ein Lernaufgabenpaket für zu Hause lernende Kinder bereitgestellt werden. Unter anderem Schülervertreter kritisieren, dass Brandenburg auf Homeschooling weiter nicht gut vorbereitet sei, weil die Digitalisierung nach dem ersten Lockdown nicht genügend forciert worden sei. Die geschäftsführende Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat dazu aufgerufen, Vorkehrungen für den Fernunterricht zu verstärken – auch wenn alles versucht werden müsse, Präsenzlernen aufrecht zu erhalten. 

CORONA-FOLGEN 

Ernst wird von Kritikern vorgeworfen, angesichts extrem hoher Inzidenzen bei Schülern nicht ausreichend zu reagieren. Die bildungspolitische Sprecherin der Linken im Landtag, Kathrin Dannenberg, sagte, Ernst unterschätze die Infektionslage. Die Inzidenzen bei Kindern seinen „brutal“, räumte Ernst am Dienstag ein. Aber das sei nicht überraschend gekommen, zudem sei die Inzidenz für sie „keine ausreichende Information“ für Entscheidungen. Man müsse auch die Hospitalisierung anschauen. Es sei glücklicherweise so, dass nur wenige Kinder wegen Covid im Krankenhaus behandelt werden müssten, und dann in der Regel nur kurz und nicht intensivmedizinisch. Bei früheren Schulschließungen sei es auch darum gegangen, das Infektionsgeschehen bei Erwachsenen zu minimieren. Dafür könnten Kinder nicht länger herangezogen werden, schließlich habe inzwischen jeder Erwachsene die Möglichkeit, sich impfen zu lassen. Vielmehr müsse man die negativen Lockdown-Folgen betrachten – und die seien enorm, sagte Ernst auch unter Berufung auf eine aktuelle Studie des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Laut der Analyse hatten „die Schulschließungen in Deutschland etliche negative Konsequenzen für die Schüler:innen“. Sie „vergrößerten die Bildungsungleichheit und verursachten gravierende psychische Folgen“. Hinzu kämen laut Ernst gesundheitliche Probleme durch Bewegungsmangel. Das Programm „Aufholen nach Corona“ des Ministeriums soll beim Abbau von Lerndefiziten helfen und soziales Miteinander fördern. Dafür stehen für zwei Jahre 68,7 Millionen Euro zur Verfügung, davon kommen 38,7 Millionen vom Bund.  

VORGEZOGENE WEIHNACHTSFERIEN 

In Brandenburg werden die Weihnachtsferien um drei Tage auf den 20. Dezember vorgezogen. Damit hätten Lehrer, Eltern und Schüler volle 14 Tage Erholung und die Kontakte vor Weihnachten könnten mit ausreichendem Vorlauf reduziert werden. Auch Sachsen-Anhalt wählt diesen Weg, für den sich anschließend die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina aussprach. Die zusätzlichen Ferientage würden nicht an anderer Stelle abgezogen. „Eltern müssen sich keine Sorgen machen, die Kinder werden betreut“, sicherte Ernst denjenigen zu, die nicht früher Urlaub nehmen können. Details würden derzeit mit den Trägern geklärt.  Die AfD-Fraktion warf der Ministerin nach der Aufhebung der Präsenzpflicht und dem Vorziehen des Ferienbeginns Chaos an Schulen vor. Der Parlamentarische Geschäftsführer Dennis Hohloch forderte ihren Rücktritt. 

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CORONA-TESTS 

Schüler und Schulmitarbeiter müssen mittlerweile drei- statt zweimal pro Woche einen negativen Corona-Test vorlegen, sofern sie nicht geimpft oder genesen sind. Dafür seien genügend Tests – eine gute Million pro Woche – vorhanden. „Wir wollen aber auf fünf Tests pro Woche gehen“, so Ernst. Dann soll auch die Präsenzpflicht wieder gelten. Dafür seien knapp 1,7 Millionen Tests wöchentlich nötig. Das lasse sich nicht so leicht umsetzen, weil dafür eine europaweite Ausschreibung notwendig sei. Bis 10. Dezember können Anbieter Angebote vorlegen, bis Ende Dezember soll der Zuschlag erteilt werden. Sie gehe davon aus, dass nach Klärung der Lieferketten spätestens bis Mitte Februar tägliche Tests möglich sind. Kinder sollen sich weiter zu Hause unter Aufsicht der Eltern testen. Das habe den Vorteil, dass kein infiziertes Kind die Schule betrete. Dass „einige schummeln“ könne natürlich nicht ausgeschlossen werden. Neben Brandenburg verfahren auch Niedersachsen und Bremen so.  Sogenannte Lolli-Tests sollen an drei Schulen im Berliner Umland ausprobiert werden. Dabei werden mehrere Abstriche gemeinsam getestet, eine Einzeltestung erfolgt nur, wenn das Ergebnis des „Pools“ positiv ist. Diese Methode sei bei hoher Inzidenz aber zu langsam, so Ernst. Zudem gebe es in Brandenburg nicht ausreichend Laborkapazitäten. 

IMPFEN 

Unter dem Motto „Impfen macht Schule“ sollen ab dieser Woche 125 000 Flyer mit Impfinformationen an alle Zwölf- bis 17-Jährigen verteilt werden. An einigen Oberstufenzentren hatte es Impfangebote für Schüler ab 16 Jahren gegeben, die unterschiedlich angenommen worden seien. Teils habe es Protest von Eltern gegeben. „Bei unter 16-Jährigen ist die Familie gefragt“, so Ernst. Sie hoffe, dass die Ständige Impfkommission bald eine klare Empfehlung für das Impfen von Kindern ab fünf Jahren ausspreche. Bundesweit seien mittlerweile etwa 50 Prozent der Schüler geimpft. Für diejenigen Lehrer, die als erste geimpft wurden, stünden im Land gut 2000 Booster-Termine bereit. Rund 800 seien schon gebucht worden. 

LUFTFILTER

Den flächendeckenden Einsatz mobiler Luftfilter halte sie nach wie vor „nicht für den Hebel“ zur Pandemiebekämpfung, so Ernst. Schulen und Kitas ohne Lüftungsmöglichkeiten haben wie berichtet die Möglichkeit, Mittel für Geräte oder den Umbau von Fenstern abzurufen. Bis zur Frist 24. November hätten 28 Schulen, davon 19 öffentliche, Mittel in Höhe von gut einer Million Euro beantragt. Im Kitabereich seien in einem Umfang von 249 000 Euro elf Anträge für 44 Einrichtungen eingegangen. Damit sind die Mittel nicht komplett abgerufen worden. 12,8 Millionen Euro von Bund und Land standen insgesamt zur Verfügung.

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