Brandenburg hebt weitere Corona-Einschränkungen auf: Lockerungen für Kitas, Fitnessstudios und Bäder
Brandenburgs Kommunen dürfen selbst entscheiden, wie sie Kitas öffnen. Nun droht ein Gefälle zwischen dem Umland und den ländlichen Regionen. Zudem könnte in der Schule ein Tabu fallen.
Potsdam - Brandenburgs Kenia-Regierung lässt den Kommunen und Kreisen freie Hand, Kindertagesstätten wieder weitgehend zu öffnen, wenn es die Infektionslage vor Ort und die Räumlichkeiten zulassen. Das von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geführte Kabinett machte am Dienstag nun den Weg für eine „eingeschränkte Regelbetreuung“ frei, was über die bisher für alle Kinder angekündigte garantierte Kitabetreuung von einem Tag pro Woche bis August hinausgeht. Die Neuregelung läuft darauf hinaus, dass es in ländlichen Kreisen Brandenburgs einen Normalbetrieb geben wird, während im Berliner Umland der jetzige Notbetrieb in den Kitas wegen mit Abstandsauflagen kollidierenden Raumgrenzen nach Angaben des Städte- und Gemeindebund kaum ausgeweitet werden kann.
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Das Kabinett beschloss weitere Lockerungen: Ab 28. Mai dürfen Freibäder im Land und Fitnessstudios wieder öffnen, ab 13. Juni selbst Schwimmhallen, Thermen und Tropical Island sowie Trockensaunen. Woidke sagte, dass im nächsten Schritt eine Perspektive für Kultureinrichtungen, Vereine, Freizeitparks und private Feiern folgen soll.
Etwas Entspannung
Im Land hat sich die Infektionslage weiter entspannt. Brandenburg hatte am Dienstag 3208 bestätigte Covid-19-Fälle, nur drei mehr als am Vortag. 88 Prozent dieser Patienten davon sind genesen, „haben die Erkrankung überstanden“, sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne). „Das ermöglicht uns, weitere Lockerungen zuzulassen.“ Und dabei nimmt der Druck auf die Politik in Brandenburg wie im Bund zu, nun Restriktionen für Kinder fallen zu lassen. Vier medizinische Fachgesellschaften fordern, Kindergärten und Schulen trotz der Corona-Pandemie wieder vollständig zu öffnen. „Zahlreiche Erkenntnisse sprechen gegen ein erhöhtes Ansteckungsrisiko durch Kinder“, heißt es in der 13-seitigen Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene, der Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, der Deutschen Akademie für Kinder und Jugendmedizin und des Berufsverbands der Kinder und Jugendärzte. Bei Kindern unter zehn Jahren sprächen die Daten auch für eine geringere Infektionsrate.
Mehr Regionalität wagen
Nach Angaben von Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) werden aktuell 34 Prozent der Kinder, die sonst in den Einrichtungen sind, in der erweiterten Notbetreuung versorgt: „Das ist bundesweit ein Spitzenplatz“, sagte Ernst. Mit der neuen Entscheidung würden Spielräume geschaffen, dass mehr Kinder in den Kitas betreut werden können. „Das entscheidende Stichwort heißt Regionalität, Entscheidung vor Ort.“ Ziel sei es, dass vor allem fünfjährige Vorschulkinder davon profitierten.
In Brandenburg hatte bereits vor der Kabinettssitzung der Kreis Märkisch-Oderland angekündigt, dass die Kitas ab 25. Mai wieder für alle Kinder geöffnet haben. Es wird erwartet, das weitere Landkreise folgen, zumal es in der Uckermark, der Prignitz oder auch der Stadt Cottbus kaum Infizierte gibt. Wie die Landeshauptstadt Potsdam, in der es fast ausschließlich freie Träger gibt, damit umgeht, ist noch unklar. Man habe erst am Dienstag von der Änderung erfahren, hieß es. Auch in Potsdam-Mittelmark sehen die Kommunen die ermöglichte Freiheit eher kritisch. Schon jetzt reichten die Kapazitäten kaum, um die Notbetreuung gewährleisten zu können.
Kita-Plätze werden eng
Brandenburgs Städte- und Gemeindebund warnte am Dienstag vor zu großen Erwartungen an die vom Kabinett verkündete Kita-Ausweitung. Nach einer Blitz-Umfrage unter den Kommunen könnten 62 Prozent der Krippen und 53 Prozent der Kitas über den bisherigen Rahmen hinaus – bei Wahrung von Abstands- und Hygieneregeln – keine weiteren Plätze zur Verfügung stellen. Trotz der Erweiterungen sind jetzt die Kapazitätsgrenzen im Bereich der Krippen und Kitas vielerorts erschöpft, hieß es in einer Erklärung. „Die angekündigten weiteren Ausweitungen werden vor diesem Hintergrund nur in einem begrenzten Teil der Kommunen zum Tragen kommen“, erklärte Jens Graf, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg. Die Abwägung zwischen Ausweitung der Kinderbetreuung und Infektionsschutz müsse aber auf Landesebene getroffen werden. Ministerin Ernst sprach sich dafür aus, nach weiteren Räumen für Kitas zu suchen.
Schule am Samstag nicht ausgeschlossen
Auch für die Schulen, wo Grundschüler bis zu den Sommerferien in fünf Wochen nur noch sieben bis acht Tage direkten Unterricht erhalten, spitzen sich die Probleme zu. Derzeit werden laut Ernst Szenarien analysiert, wie das neue Schuljahr starten kann. Sie schloss nicht aus, „dass wir Wochenenden und Ferienblöcke brauchen, um ausgefallenen Unterricht nachzuholen.“ Zu einem diskutierten Samstagsunterricht im neuen Schuljahr sagte Ernst: „Wir denken über alles nach.“ Aber man müsse auch genau überlegen, was vernünftig sei. „Ich habe eine emotionale Hemmung, den Familien den Samstag wegzunehmen“, sagte Ernst. Sie könne sich persönlich noch gut an die Debatten in der alten Bundesrepublik erinnern, die unter dem Slogan liefen: „Samstag gehört der Papi mir!“ Die Betreuung in den Sommerferien sieht Ernst nicht als Problem: „Brandenburg hat ein gut eingespieltes System der Ferienhorte.“