Neuer Wirtschaftsminister in Brandenburg: Lausitz setzt auf Steinbach
Der Cottbuser Hochschulpräsident Jörg Steinbach wird neuer Wirtschafts- und Energieminister in Brandenburg. Wirtschaftsvertreter begrüßen die Personalie, Umweltverbände sind skeptisch.
Potsdam - Die überraschende Nominierung des parteilosen Cottbuser Hochschulpräsidenten Jörg Steinbach zum neuen Brandenburger Wirtschaftsminister hat gemischte Reaktionen ausgelöst. Während Wirtschaftsvertreter in der Personalie ein wichtiges Signal für die Lausitz sehen, befürchten Grüne und Umweltverbände ein „Weiter so“ in der Brandenburger Braunkohlepolitik.
IHK lobt Steinbachs Expertise
Steinbach sei ein exzellenter Kenner der Region und des Strukturwandels, sagte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Cottbus, Wolfgang Krüger, am Donnerstag. Auch werde mit der Personalentscheidung ein starkes Zeichen für die Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft gesetzt. Der Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) betonte, er setze auf Steinbach in seiner neuen Funktion als Fürsprecher für Cottbus und die Lausitz. Zudem hoffe er, dass sehr schnell ein Nachfolger für die Brandenburgische Technische Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg gefunden wird. Die Hochschule sei ein Pfund im Strukturwandel. Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) kündigte an, dass das Verfahren zur Auswahl eines neuen Präsidenten „schnellstmöglich“ auf den Weg gebracht werden soll.
Woidke: Steinbach Mann mit internationalem Renommee
Steinbach war seit 2014 Präsident der BTU. Am gestrigen Donnerstag hatte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) Steinbach als designierten Nachfolger für Albrecht Gerber (SPD) präsentiert, der vergangene Woche überraschend seinen Rückzug vom Ministeramt aus familiären Gründen bekannt gab. Der 62-jährige Steinbach, der einen baldigen Eintritt in die SPD nicht ausschloss, soll am 19. September im Landtag vereidigt werden. „Er genießt als Wissenschaftler ein nationales und internationales Renommee und ist in der Wirtschaft im Land und in Berlin bestens vernetzt“, sagte Woidke bei der Vorstellung des gebürtigen Berliners in der Staatskanzlei. Zugleich sei Steinbach ein Experte bei dem Bemühen, Wissenschaft und Wirtschaft zur Schaffung neuer ökonomischer Perspektiven zusammenzuführen.
Klare Haltung zu gesellschaftlichen Fragen
„Jörg Steinbach ist eine ausgezeichnete Wahl für dieses wichtige Ministeramt. Er vereint in sich viele Qualitäten: Erfahrung in öffentlicher Verwaltung und Management, gute Brandenburg-Kenntnisse und eine klare Haltung zu gesellschaftlichen Fragen“, erklärte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff, der selbst als möglicher Nachfolger gehandelt worden war.
Kohlepolitik: Grüne erwarten keinen Wandel
Die oppositionellen Grünen erwarten von Steinbach ein Jahr vor der Landtagswahl keine neuen Impulse. „Diese Personalie ist zwar eine Überraschung, deutet aber zunächst keinen grundlegenden Wandel in der Wirtschafts- und Energiepolitik der Brandenburger SPD an“, erklärte Fraktionschef Axel Vogel. Dass Steinbach Quereinsteiger in der Politik ist, sei Chance und Risiko zugleich. Die Landtagsabgeordnete der Grünen, Heide Schinowsky, sagte: Steinbach bringe für die zügige Gestaltung des Strukturwandels in der Lausitz fundierte Kenntnisse über die Region mit. Seine Erfahrung beim Aufbau der BTU und sein Knowhow beim Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft könnten ihm dabei zugutekommen.
Kritik an Aufsichtsratsfunktion bei der LEAG
Gleichzeitig forderte die Abgeordnete Steinbach auf, vor seiner Wahl das Aufsichtsratsmandat und seine weiteren Funktionen beim Braunkohlekonzern LEAG niederzulegen. Auch der Umweltverband Grüne Liga kritisierte, dass mit Steinbach ein Mitglied des LEAG-Aufsichtsrates Minister für Wirtschaft und Energie werden soll. „Wir erwarten nicht nur, dass Jörg Steinbach umgehend seinen Aufsichtsratsposten aufgibt, sondern auch, dass künftige BTU-Präsidenten diesen Interessenkonflikt konsequent vermeiden“, sagte Liga-Vertreter René Schuster.
Strukturwandel als wichtigste Aufgabe
Den Strukturwandel in der Lausitz zu gestalten, betrachte er als seine wichtigste Aufgabe, erklärte Steinbach. „Wenn wir den Prozess in den Revieren nicht so gestaltet haben, dass die Bevölkerung dies akzeptiert, kann einem vor den kommenden Wahlen nur angst und bange werden“, so Steinbach.
Marion Kaufmann
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