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Raimund Engel, Waldschutzbeauftragter Brandenburg
© Promo/Andreas Neumann

Millionenauftrag an "Firewatch": Interessenskonflikt? Forstdirektor setzte sich für Firma ein

Der Waldbrandschutzbeauftragte des Landes Brandenburg soll sich für die Firma "Firewatch" eingesetzt haben. Transparency International findet das "grenzwertig".

Potsdam - Der Vergabestreit um die Modernisierung des Frühwarnsystems für Waldbrände in Brandenburg geht weit über Wettbewerbsfragen hinaus. Der Waldbrandschutzbeauftragte des Landesbetriebes Forst, Raimund Engel, hat sich offenbar besonders für den Hersteller des Systems „Firewatch“ eingesetzt, an den das Land einen millionenschweren Auftrag vergeben hat.

Brandenburg will das Überwachungssystem mit Kameras, die seit 2002 Rauchentwicklung in den Wäldern melden, modernsieren. Eine Ausschreibung wurde im September nach einer Beschwerde wegen schwerer rechtlicher Fehler aufgehoben. Im November erteilte der Landesforstbetrieb – in persona Engel – den Zuschlag direkt an das Unternehmen IQ Wireless aus Berlin-Adlershof. Die Begründung: „Firewatch“ sei patentrechtlich geschützt, die Modernisierung auf das bestehende System ausgerichtet. Das wird von einem Konkurrenzunternehmen bezweifelt, es hat deshalb erneut Beschwerde eingelegt – wegen fehlender Produktneutralität und Vorfestlegung auf eine Firma. Nur in extremen Ausnahmefällen darf der Staat bei Aufträge im Wert von mehr als 210 000 Euro von Ausschreibungen absehen. So will es das Wettbewerbsrecht. Der Fall liegt nun vor der Vergabekammer.

Liegt ein Interessenskonflikt vor?

Engel – im Rang eines Forstdirektors – ist nicht nur für den Waldbrandschutz zuständig. Er ist auch Chef der Innenrevision, die direkt dem Direktor des Landesforstbetriebs unterstellt ist. Und er war zuständig für die Ausschreibung zur Modernisierung des Warnsystems und für die Vergabeentscheidung an das Unternehmen IQ Wireless im Wert von mehr als vier Millionen Euro. Jenes Unternehmen, das für das Gesamtpaket mit Wartung und Installation seit 2011 vom Land mehr als sechs Millionen Euro bekam. Dennoch lässt sich Engel häufig bei den Vertretern des Firewatch-Herstellers sehen. Und IQ Wireless schmückt sich gern mit Engel. Besteht also ein Interessenkonflikt?

Auf der Internetseite der Firma wird das Warnsystem vom Staatsbediensteten beworben. Samt Foto steht dort ein Statement von Engel: Mit dem „Waldbranderkennungssystem FireWatch trägt die brandenburgische Forstverwaltung wesentlich zum Waldschutz bei“, heißt es. Die frühe Waldbranderkennung mit FireWatc“Firewatch“ sei „ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung unserer Umwelt und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Gleich zwei Mal erwähnt Engel den Markennamen.

„Ich halte das für grenzwertig“, sagt Gisela Rüß, Vorstandsmitglied bei Transparency International. Es könnte der Eindruck entstehen, als wollte eine Behörde und ein Bediensteter Werbung für eine Firma machen.

Warum reiste Engel nach Portugal? 

Engel war auch bei einer Fachkonferenz im portugisischen Coimbra im November, wo er „Firewatch“ präsentiert hat. Dort ließ sich Engel mit dem Verkaufsleiter vor dem Firmenstand ablichten. Die Firma verbreitete das Foto, pries das „beste“ Frühwarnsystem und freute sich, 2019 mit der einzigartigen Technologie zur Verbesserung der Lage in Portugal beizutragen. Die Firma war nach eigenen Angaben Sponsor der einwöchigen Konferenz, Engel habe als besonderer Gast einen Überblick über die Arbeit mit „Firewatch“ präsentiert.

Pikant: Im Oktober 2017 war sogar Portugals Botschafter in Berlin zu Besuch bei dem Unternehmen, wie es auf seiner Internetseite samt Foto berichtet. Dabei war auch Raimund Engel. „Er kennt die Firewatch-Technologie besonders gut“, heißt es in dem Bericht zum Besuch des Botschafters.

Auf Anfrage, in welcher Funktion Engel bei den Konferenzen unterwegs war oder ob eine Nebentätigkeit vorliegt, erklärte das Agrarministerium: Engel vertrete den Landesbetrieb beim Thema Waldbrand „regelmäßig national und international auf Veranstaltungen und Exkursionen“. Dabei stelle er das Verfahren des Landes zur Waldbrandvorbeugung vor – „sowohl inhaltliche und organisatorische Aspekte als auch eingesetzte Systeme“ wie die Waldbrandfrüherkennung. „Er führt dieses im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeiten durch. Eine Nebentätigkeit liegt nicht vor.“ A. Fröhlich

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