KZ-Tattoo im Schwimmbad Oranienburg: Ins Braune gestochen
UPDATE. Ein Tattoo mit Bild und Spruch vom KZ sorgte deutschlandweit für Aufsehen und in den sozialen Medien für Entrüstung. Doch wer ist der Träger, wer hat sich das stechen lassen? Die Spur führt zu einem NPD-Mann in Brandenburg. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen eine "namentlich bekannte Person".
Oranienburg/Potsdam - Dieses Tattoo machte deutschlandweit, aber auch schon international Schlagzeilen. Über dem Hosenbund die Silhouette eines Konzentrationslagers, dazu in altdeutscher Schrift der Spruch „Jedem das Seine“. So wie es auch auf dem Haupttor des KZ Buchenwald steht. Nur wer war das? Dieser Mann Ende 20, der da im Oranienburger Spaßbad Turm Erlebniscity von hinten fotografiert wurde? Und dessen Rückansicht als „Brauner Speck“ durch die Medien und die sozialen Netzwerke ging.
Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln bisher gegen unbekannt
Die Polizei und die Staatsanwaltschaft wussten es bis Freitag jedenfalls nicht. Denn die Personalien des Mannes waren nicht aufgenommen worden, als er nach dem Hinweis eines Journalisten vom Sicherheitspersonal des Spaßbades rausgeschmissen wurde. Auch deshalb nicht, weil die zwischenzeitlich eingeschaltete Polizei in Oranienburg keinen Straftatbestand in dem Tattoo sehen wollte – jedenfalls keine Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisation. Nun hat das Strafgesetzbuch noch weitere Paragrafen, die bei politischen Straftaten zum Tragen kommen. Das sahen auch der Staatsschutz und die Staatsanwaltschaft ein paar Tage später so. Die Staatsanwaltschaft wertet das Tattoo als Volksverhetzung. Die Ermittlungen laufen nun gegen eine „namentliche bekannte Person“, wie es am Montag offiziell von der Behörde in Neuruppin hieß.
Mit KZ-Tattoo beim Baden am See
Die PNN haben ihn nun ausfindig gemacht. Es war auch nicht das erste Mal, dass der Mann mit dem KZ-Tattoo beim Baden aufgefallen ist. Er war sogar schon einmal Thema beim rbb-Radiosender Radioeins. In der Kolumne von Lea Streisand etwa wurde im Sommer ein Mann beim Baden an einem See im Brandenburgischen mit eben diesem Tattoo beschrieben. Auch durch die sozialen Medien geisterte das Tattoo schon einmal, ohne Foto, die Resonanz war gering.
Auf dem Bauch der Reichsadler, am Arm die Schwarze Sonne
Jener Mann also soll nach PNN-Recherchen Marcel Zech sein, Jahrgang 1988, gelernter Glas- und Gebäudereiniger. Er sitzt für die rechtsextremistische NPD im Kreistag Barnim und ist Gemeindevertreter in Panketal. Jedenfalls heißt es aus Panketal, dass er besagtes KZ-Tattoo tragen soll. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin wollte weder bestätigen noch dementieren, dass sie gegen Zech ermittelt.
Auf seinem Bauch hat er zudem den Reichsadler tätowiert, an der Stelle des üblichen Hakenkreuzes aber ist sein Bauchnabel. Auch darin stimmen die Angaben von Augenzeugen überein. Und auf seinem linken Arm prangt eine schwarze Sonne, noch so ein typisches Erkennungssymbol in der Neonazi-Szene.
Der Sprecher der NPD Brandenburg, Florian Stein, sagte den PNN auf die Frage, ob er ausschließen könne, dass Zech das KZ-Tattoo trägt: Er könne sich das nicht vorstellen. Die Kreischefin der NPD Uckermark-Barnim, Aileen Rokohl, wollte Fragen gar nicht erst beantworten und verwies auf Stein. Zech reagierte auf eine Anfrage vom Freitag an seine E-Mail-Adresse bei der NPD bis Sonntag nicht.
Mitglied in einer neonationalsozialistischen Bruderschaft
Der NPD-Mann ist auch sonst kein unbeschriebenes Blatt in der Neonazi-Szene. Er ist Mitglied der vom Verfassungsschutz als „neonationalsozialistisch“ eingestuften braunen Bruderschaft „Barnimer Freundschaft“. Die Sicherheitsbehörden sprechen von Möchtegern- Rockern, die sich wie Rockerklubs geben, samt Lederkutte, eigenen Klubabzeichen und hierarchischen Strukturen – nur eben ohne Motorräder. „Hier ahmen Neonationalsozialisten den klassischen Rocker- Lifestyle nach“, heißt es dazu im jüngsten Bericht des Verfassungsschutzes. Darin ist von einem „Nazi-Rocker-ohne-Motorrad-Symptom“ die Rede. Auch an anderer Stelle taucht Zech in dem Bericht auf, nämlich als Beispiel für die engen Bande zwischen Neonazi-Bruderschaft und der NPD. „Zur Kommunalwahl am 25. Mai 2014 kandidierten zwei Mitglieder der ,Barnimer Freundschaft’ für die NPD. Ein Mitglied sitzt seitdem sowohl im Kreistag Barnim als auch in der Gemeindevertretung Panketal“, stellte der Verfassungsschutz fest.
Aktiv im Umfeld des Neonazi-Duos "A3stus"
Zech zählt auch zum engeren Umfeld des rechtsextremen Hip-Hop-Duos „A3stus“ des Berliner Neonazi-Rappers Patrick Killat und des rechten Liedermachers R.A.W. („Recht auf Wahrheit“), der Mitglied der Neonazi-Kameradschaft ist. Im Januar 2014 war Zech dabei, als das Neonazi-Duo vor einem Flüchtlingsheim in Berlin-Hellersdorf ein Musik-Propaganda-Video drehte, das für erhebliches Aufsehen sorgte. Denn es war eine bewusste Provokation gegen Flüchtlinge.
Schwarzes Holzkreuz vor KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen
Und Zech war dabei, als Killat mit mehreren Neonazis aus dem Kreis Barnim im Juli 2014 bei einer Propagandaaktion in Brandenburg und anderen Bundesländern schwarze Holzkreuze mit Zetteln aufstellte, die an mehrere Tausend Deutsche erinnern sollen, die angeblich von Ausländern getötet worden sein sollen. An dem Abend attackierten die Neonazis um die Barnimer NPD-Kreischefin Rokohl und den Nazi-Rapper Killat das linke Jugendwohnprojekt „Mittendrin“ in Neuruppin. Für ihre Holzkreuz-Aktion am Morgen hatten sich die Neonazis übrigens auch einen symbolträchtigen Ort ausgesucht. In Oranienburg rammten sie ein schwarzes Kreuz in die Erde und posierten dahinter für ein Foto. Das war direkt vor der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen.
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