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Eine Harvester-Maschine fällt verbrannte Kiefern im Gebiet bei Treuenbrietzen, wo ein großes Feuer wütete. 
© Bernd Settnik/dpa

Nach Waldbrand in Treuenbrietzen: Im abgebrannten Wald beginnt schwierige Aufforstung

90 Prozent der Bäume sind nicht mehr zu retten: Nach den verheerenden Bränden bei Treuenbrietzen in Potsdam-Mittelmark beginnt nun die Aufforstung – unter Schwierigkeiten. 

Tiefenbrunnen - Nichts. Nur braune, umgepflügte Erde. Kurz hinter Tiefenbrunnen hält die Geländewagenkolonne ein zweites Mal an. Forsträtin Karin Heintz zeigt Jörg Vogelsänger das gelobte Land. Am 16. März soll Brandenburgs SPD-Agrarminister hier wieder auf dem Waldweg stehen und Hoffnung pflanzen. Der Termin ist schon eingetragen, versichert Vogelsängers Mitarbeiterin. 

Forsträtin Karin Heintz zeigt Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger auf einer Karte und in der Natur, wie die Aufforstung im Brandgebiet laufen soll.
Forsträtin Karin Heintz zeigt Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger auf einer Karte und in der Natur, wie die Aufforstung im Brandgebiet laufen soll.
© B. Settnik/dpa

Dort, wo der Minister jetzt steht und sich ein Bild machen will vom Stand der Aufforstung, ist nichts zu sehen außer viel Nichts. Hier loderten im August die Flammen beim größten Waldbrand in Brandenburg der vergangenen Jahre, bedrohten die Ortschaften Tiefenbrunnen, Frohnsdorf und Klausdorf. Insgesamt brannten rund 300 Hektar Kiefernwald, teils im Besitz der Stadt Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark), aber – wie auf dieser Seite der B 102, die der Minister visitiert – in der Hand einer Genossenschaft von Privatleuten. Rund 90 Prozent der Bäume sind nicht zu retten. 

Tausende Setzlinge aus Baumschulen sollen gepflanzt werden

Dort, wo die angekohlten Stämme bereits entfernt wurden, soll neues Grün wachsen. Tausende in Baumschulen herangezogene Setzlinge sollen in die Erde gebracht werden. Wenigstens der Termin dafür steht schon mal fest.

Wie der Wald nach dem Brand aussah.
Wie der Wald nach dem Brand aussah.
© Ralf Hirschberger/dpa

Denn ansonsten ist es nicht so einfach, den Wald wieder aufzuforsten – schon gar nicht binnen 36 Monaten, wie es das Brandenburger Waldgesetz eigentlich vorschreibt. Das hat mehrere Gründe. Die Umwelt spielt eine Rolle und dann auch das Geld, die Bürokratie. Die Sache mit der Natur ist relativ schnell erklärt. Michael Luthardt, Leiter des Landeskompetenzzentrums Forst in Eberswalde (Barnim), greift mit der Hand in die Erde, die im Frühjahr die Setzlinge aufnehmen soll: Darunter Sand. Staubiger, märkischer Sand – ohne dass Luthardt tief gegraben hätte. Es ist immer noch zu trocken. „Regen, Regen, Schnee, Schnee“ – das sei nun nötig, damit auf dem Brandboden etwas Neues wachsen könne. Wenn es überhaupt genug gibt zum Einsetzen. Denn auch die Baumschulen hatten unter dem heißen Sommer zu leiden, erklärt Karin Heintz, die Leiterin der Oberförsterei Bad Belzig. Der Verband der Baumschulen will in Treuenbrietzen helfen, erzählt sie. Auf der Grünen Woche in Berlin im Januar könne man sich am Stand des Verbands auf einem Ergometer für den märkischen Wald abstrampeln. Für einen zurückgelegten Kilometer auf dem Fitnessrad will der Verband einen Setzling spenden. Einer kostet zwischen 50 Cent und einem Euro. Wie viele gebraucht werden? Bei Kiefern etwa 10 000 pro Hektar.

Viel Kritik nach Großbrand

Aber mit Kiefern allein ist es nicht getan. Der „märkische Brotbaum“, wie ihn ein Forstmann auf der Besichtungstour nennt, lässt sich gut verkaufen und wächst auf dem kargen märkischen im Gegensatz zu anderen Baumarten gut. Der Waldboden um Treuenbrietzen sei aber „nicht das Ärmste, was wir in Brandenburg haben“, sagt Luthardt. Es gab viel Kritik nach dem Großbrand, auch von Forstleuten. Einen natürlichen Waldbrandriegel mit niedrigen Sträuchern und Laubbäumen, die mehr Wasser in sich tragen als Kiefern, hatten sie über Jahre angemahnt. Das Land habe das abgelehnt, hieß es – zu teuer.

Michael Luthardt sagt selbstkritisch: „Wir haben verlernt, dass wir Waldbrandriegel anlegen müssen, das haben wir vernachlässigt. Wir dachten, solche schlimmen Brände haben wir in Brandenburg nicht mehr.“ Nun überlegt die Forstverwaltung, wie sie den neuen Wald vor Katastrophen wie jener in diesem Sommer schützen kann. „Wenn wir nur Kiefer anpflanzen, ist der nächste Brand programmiert“, sagt auch Karin Heintz. Denn die heißen Sommer, die Trockenheit – sie werden zunehmen. Birke könnte zusätzlich gepflanzt werden, auch Roteichen oder Aspen kämen in Frage. Diese Bäume brennen nicht so schnell wie Kiefern.

Brandenburg übernimmt Großteil der Kosten für neue Bäume

Allerdings: Das sind Vorschläge an die rund 100 betroffenen privaten Waldbesitzer – die diese finanziell zu überfordern drohen. „Wir sind auf Fördermittel angewiesen“, sagt Wolfgang Seehaus, Vorstand der lokalen Waldgenossenschaft, der mit bei der Tour durch den Geisterwald ist. Es gibt Fördermittel – 80 Prozent der Kosten für neue Bäume können vom Land übernommen werden. Aber das wird wohl nicht reichen.

Wie zum Zeichen bewegt sich etwas, weiter entfernt von der Brache, dort, wo noch Bäume mit silbergrauen, schmalen Stämmen ohne Krone stehen. Ein lautes Knirschen, Knacken, Krachen. Kawumm! Ein Harvester, eine Holzerntemaschine, hat einen angesenkten Stamm zu Fall gebracht. Das Problem: Das verbrannte Holz kann so nicht mehr verkauft werden. Die Waldbesitzer müssen Verluste hinnehmen. Aber sie versuchen alles. Drei Firmen machen sich derzeit an die Baumreste, fällen, was da ist. Daraus können Holzschnitzel zum Heizen gemacht und verkauft werden – so kommt wenigstens etwas Geld in die Kasse der Waldbesitzer.

„Der Holzpreis ist im freien Fall“, sagt Minister Vogelsänger dazu, „aber das hat nichts mit uns zu tun.“ Aus dem Süden sei viel Holz auf den Markt gekommen, weil dort ein Fichtenschädling wütete, das Fällen vieler Bäume nötig machte. 

Dann streut Vogelsänger ein, dass er auf den Kanaren im Urlaub gewesen sei, wo es ebenfalls Waldbrände gegeben habe. Die umstehenden Forstleute, Anwohner und Waldbesitzer schauen etwas ratlos ob dieser Infos. Hier ist Treuenbrietzen, nicht Teneriffa. Aber immerhin: Der 16. März steht schon mal fest im Kalender.

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