Brandenburg: Flüchtlingsstopp für Cottbus
SPD-Innenminister Schröter verfügt, dass nach Konflikten keine Asylbewerber mehr in der Stadt untergebracht werden. Polizei wird zusätzlich aufgestockt
Cottbus - Es brodelt seit Monaten in Cottbus, die Lage ist angespannt, nicht wenige in der Stadt sagen, sie kippt. Es gab Prügeleien zwischen deutschen und syrischen Jugendgruppen. Hinzu kommt eine selbstbewusste rechtsextreme Szene, eine Mischung aus Neonazis, Kampfsportlern, Hooligans und Rockern. Dann die Demonstrationen von rechten Bürgerinitiativen mit der AfD gegen angebliche Überfremdung. Nirgends sonst in Brandenburg gab es mehr Teilnehmer. Bei den Demonstrationen wurden auch Neonazis geduldet. Dann bekam die AfD als stärkste Kraft bei der Bundestagswahl mit 24 Prozent mehr Zweitstimmen als die CDU. Deren Landeschef Ingo Senftleben warnte jüngst vor einem Flächenbrand in Cottbus, ausgelöst von der AfD. Silvester machten Rechte Jagd auf Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft. Der Wachdienst schritt erst spät ein. Später wurde bekannt, dass bei dem Wachdienst offenbar auch Rechtsextreme arbeiten.
In dieser Situation hat sich nun die Landesregierung eingeschaltet – nach zwei Attacken von jugendlichen Syrern binnen weniger Tage. Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) verfügte am Freitag nach einem Krisentreffen, dass keine Asylbewerber mehr aus der Zentralen Aufnahmestelle des Landes in Cottbus untergebracht werden. Andere Kommunen könnten folgen. Zugleich äußerte er Bedenken gegen den Familiennachzug. Wenn der eine Chance haben wolle, müsse der Bund dafür sorgen, dass in den Städten und Gemeinden für die Familien auch die Voraussetzungen stimmen.
Auseinandersetzungen zwischen deutschen Jugendlichen und jungen Migranten gab es schon häufiger, vor allem im Zentrum rund um den Vorplatz der Stadthalle. Dort trafen sich Trinker, das Drogenmilieu, die rechte Szene, Jugendliche und eben auch Flüchtlinge. Eine explosive Mischung. Die Stadt hatte deshalb bereits ein Alkoholverbot für die Gegend erlassen, die Polizei setzte auf Videoüberwachung.
Konkret waren es zwei Vorfälle, die Schröter zum Anlass nahm. Am Mittwoch waren zwei 15 und 16 Jahre alte Syrer mit deutschen Jugendlichen in Streit geraten, einer wurde mit einem Messer im Gesicht, an der Hand und am Bein verletzt. Die beiden Syrer wurden gefasst und kamen in Untersuchungshaft. Der Syrer bereitet auch an der Schule Probleme, er soll sich gegenüber Lehrerinnen aggressiv verhalten haben. Einer der beiden stand sogar schon vor einem Jugendrichter, der Auflagen anordnete. Das Jugendamt wollte den jungen Syrer auf einer Jugendstation unterbringen, das Familiengericht lehnte ab.
Einer der beiden soll zudem ein paar Tage zuvor an einer Attacke auf ein Ehepaar beteiligt gewesen sein. Die 14, 15 und 17 Jahre alten Syrer hatten an einem Einkaufszentrum von einem Ehepaar den Vortritt und von der 43 Jahre alten Frau Respekt gefordert. Sie lehnte ab, dann griffen die Jugendlichen den Mann an, einer zückte ein Messer. Ein Passant schritt ein. Teils waren die Täter der Polizei bereits wegen andere Gewaltdelikte aufgefallen.
Innenminister Schröter sprach von beschämenden Vorfällen, die Konsequenzen haben müssten. „Hier findet bei mir jede Toleranz ein Ende. Alles andere kann und werde ich keinem Bürger in Cottbus erklären“, sagte Schröter. Selbst wenn es Einzelfälle sind – die Stimmung in der Stadt ist vergiftet. Die „Lausitzer Rundschau“ veröffentliche am Freitag eine Reihe von Leserbriefen. „So kann es nicht weitergehen“, stand da. Oder „Recht auf eine sichere Heimat“, „Problemasylant“. Mehr als 3000 Flüchtlinge gibt es in Cottbus – bei etwas mehr als 100 000 Einwohnern. Zu der Stimmung passt ein anderer Fall. Die Messerattacke vom Mittwoch ist durch ein Bild bei Facebook öffentlich geworden. Eine Polizist postete interne Daten. Das ist Geheimnisverrat. Nun läuft gegen ihn ein Disziplinarverfahren.
Innenminister Schröter hat nun die Polizei in Cottbus aufgestockt. Es soll mehr Streifen und Zivilfahnder geben. Das Rathaus schickt Ordnungsamtmitarbeiter hinaus, mehr Sozialarbeiter an die Schulen. Die CDU im Landtag forderte, die Landesregierung müsse die Wohnsitzauflage für Asylbewerber wieder einführen und Städte wie Cottbus finanziell besser ausstatten. Der Landtagsabgeordnete Michael Schierack sagte: „Cottbus ist durch die überproportionale Aufnahme von Flüchtlingen längst an seine Grenzen gestoßen. Gebraucht werden Wohnungen, Sozialarbeiter und Betreuer.“
Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg vermisst vom Innenminister klare Worte zur rechten Gewalt. Cottbus sei in den vergangenen Jahren ein Hotspot rechter Strukturen und Angriffe auf Geflüchtete gewesen. Der Verein Opferperspektive spricht sogar von enthemmter rassistischer Gewalt. Schröter blende dies völlig aus und fische am rechten Rand, sagte Domazet. Auch Flüchtlinge seien Bürger in Cottbus, „deren Sicherheit dort immer wieder gefährdet“ sei.
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