zum Hauptinhalt

Schiffshebewerk in Niederfinow: Fast so viel Stahl wie im Eiffelturm

Schon jetzt eine Sehenswürdigkeit: Die Baustelle des neuen Schiffshebewerk in Niederfinow. Bis 2014 soll alles fertig sein.

Niederfinow - Vergleiche mit dem bekanntesten Pariser Wahrzeichen machen sich immer gut. Da wird eine begehbare Förderbrücke in der sich langsam bildenden Lausitzer Seenkette kühn als „Liegender Eiffelturm“ beworben und selbst in der Riesenhalle von Tropical Islands hätte der 325 Meter hohe Koloss bequem Platz – wenn man ihn umkippen würde. Da lag es nur auf der Hand, dass auch die Erbauer des neuen Schiffshebewerks im 70 Kilometer nordöstlich Berlins gelegenen Niederfinow die Fakten des berühmten Turms etwas genauer ansahen. „Wir wurden sogar fündig“, sagt Projektleiter Peter Huth während eines Baustellenrundgangs. „Im Eiffelturm stecken 10 000 Tonnen Stahl, wir bleiben nur knapp darunter, während für das alte Hebewerk immerhin 18 000 Tonnen Stahl gebraucht wurden.“

Im Moment ist von dem neuen Giganten am Oder-Havel-Kanal allerdings noch nicht viel zu sehen. Der Blick fällt in eine riesige Baugrube, die einmal die Betonwanne für den großen Trog aufnehmen soll. Dieser wird die Schiffe genau beim benachbarten alten Fahrstuhl nach oben oder nach unten befördern. Exakt 36 Meter beträgt der Höhenunterschied an dieser Stelle kurz vor dem Oderbruch. Die letzte Eiszeit hat hier eine Menge Geröll zu einem Höhenzug zusammengeschoben. Der ärgerte schon die Erbauer des 1914 von Kaiser Wilhelm II. eröffneten Großschifffahrtsweges von Berlin nach Stettin, die gleich vier Schleusen an dieser Stelle errichteten. Erst die Eröffnung des Schiffshebewerks im Jahr 1934 verkürzte die aufwendige Prozedur von mehreren Stunden auf 20 Minuten. Nach der Fertigstellung des neuen Hebewerks im Sommer 2014 wird eine Schleusung nur noch knapp 17 Minuten dauern.

„Aber diese Zeitersparnis allein rechtfertigt natürlich nicht die Baukosten in Höhe von 280 Millionen Euro“, sagt Projektleiter Huth und verweist auf die Dimensionen der Baugrube: 140 Meter lang, zwischen 45 und 60 Meter breit und zwölf Meter tief. Dadurch könne hier ein Trog montiert werden, der selbst 115 Meter lange Schiffe aufnehmen kann. Im alten Hebewerk ist bei 82,50 Meter Schluss, so dass längere Schubverbände vor der Passage erst auseinandergekoppelt werden müssen. Von größeren Schiffen aber hängt die Konkurrenzfähigkeit der Binnenschifffahrt gegenüber dem Straßen- und Schienenverkehr ab.

Schon jetzt können die zahlreichen Neugierigen von der Plattform des bestehenden Hebewerks die Fortschritte im nur 100 Meter entfernten Neubau genau beobachten. Seit März 2009 wird gearbeitet. Vier Kräne markieren die Eckpunkte des neuen Bauwerks, das nach dem gleichen Prinzip wie sein Vorgänger funktioniert. Elektromotoren ziehen den an 224 Seilen hängenden Trog samt Schiff nach oben oder lassen ihn herab, wobei mächtige Ausgleichsgewichte die Schwerkraft ausnutzen. Während heute noch pro Schicht sechs Arbeiter für den Betrieb gebraucht werden, genügt im neuen Fahrstuhl ein einziger.

Oberhalb der Baugrube ist bereits der Abzweig vom alten Kanal zum neuen Hebewerk auszumachen. Dennoch wird der Veteran von 1934 zumindest in der Anfangszeit nicht sofort trockengelegt. Er bleibt als Reserve und darf wegen des Denkmalschutzes ohnehin nicht abgerissen werden. Projektleiter Peter Huth rechnet schon in den nächsten Wochen mit einem regen Betrieb auf der Baustelle. „Wir liegen voll im Plan und beginnen in Kürze mit dem Gießen der Betonwanne. Mitte nächsten Jahres wächst dann der Stahlbau in die Höhe.“

Das Informationszentrum am alten Schiffshebewerk ist täglich von 9 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt zur Besichtigung des Riesenfahrstuhls kostet einen Euro. Auskünfte sind im Internet unter der Adresse www.schiffshebewerk-niederfinow.info zu finden.

Claus-Dieter Steyer

Zur Startseite