Pilzsaison in Brandenburg: Experte: "Es gibt schlichtweg keine Pilze"
Für sonnenhungrige Brandenburger war das Wetter im Spätsommer ideal - nicht so für die Pilzsammler. Tagelange Temperaturen über 30 Grad und fehlender Regen haben das Wachstum der Pilze gebremst. Nach den vergangenen regnerischen Tagen gibt es regional leise Hoffnungen.
Potsdam - Zu viel Sonne, zu warm, zu trocken - in Brandenburg wird die Pilzsaison in diesem Jahr wohl ausfallen. "Man kann kilometerweit durch den Wald laufen und findet nichts", sagt Pilzexperte Wolfgang Bivour. Von Kindesbeinen an sammle er Pilze, doch eine Saison wie diese habe er noch nie erlebt, betont der Chef des Brandenburger Landesverbands der Pilzsachverständigen. Erstmals seit der Wende habe sein Verband die im Herbst angebotenen Pilzberatungen auf dem Wochenmarkt am Potsdamer Bassinplatz ausfallen lassen. "Es gibt schlichtweg keine Pilze", lautet die nüchterne Begründung des 67-Jährigen.
Nach dem Regen in den vergangenen Tagen gebe es aber ganz vorsichtige Hoffungen, sagt Bivour. "Die Frage ist aber, hat die lange Trockenheit nicht schon zuviele Schäden am Bestand angerichtet", sagt er am Montag auf Anfrage. Auf jeden Fall könne nicht sofort landesweit mit vollen Pilzkörben gerechnet werden. "Ich warte immer noch auf eine Meldung über einen Pilzfund aus dem Fläming. Dort hat es vor zwei Wochen etwas geregnet", sagt Bivour, der sei 40 Jahren Pilzsammler betreut.
"Die Leute sind doch enttäuscht, wenn sie nach Stunden nichts finden"
Auch aus Sicht der Pilzexpertin Dörte Wernick verläuft die diesjährige Saison enttäuschend. Am vergangenen Mittwoch habe sie die für Oktober geplanten Pilzwanderungen in der Lieberoser Heide (Dahme-Spree), im Wald bei Fürstenwalde und in Sauen bei Rietz-Neuendorf (beide Oder-Spree) abgesagt. "Die Leute sind doch enttäuscht, wenn sie nach Stunden nichts finden", sagt sie. Schon die erste Wanderung, die sie für den 20. September mit der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg in der Lieberoser Heide angekündigt hatte, musste ausfallen.
Derzeit benötigten die Böden nicht mehr viel Regen, um Pilze hervorzubringen. "Da die Nächte kühl sind und sich morgens Tau bildet, reicht schon ein Niederschlag von zehn Millimetern", sagt Bivour und fügt hinzu: "Pilze bieten immer mal wieder Überraschungen." So habe er schon an Weihnachten Pilze entdeckt, etwa Stockschwämmchen.
Auch die Wetterexperten können wenig Hoffnung machen
Nach seinen Erfahrungen sind Butterpilze bis weit in den November hinein, manchmal bis Ende Dezember, auf den sandigen Böden der Mark noch zu finden - wenn der Frost ausbleibt. Auch der Hallimasch und der Rötelritterling wüchsen sehr spät. Bei etwas Regen könnten Pilzsammler auch noch Maronen und Edelreizker entdecken; Pfifferlinge seien dagegen schon im Oktober kaum noch zu finden.
Auch die Wetterexperten können den Pilzsammlern wenig Hoffnung machen. Nach den geringen Niederschlägen in den vergangenen Tagen komme es in dieser Woche wieder zu einen Hochdruckeinfluss, sagte Stefan Hahn, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Potsdam, am vergangenen Freitag.
Der September in Brandenburg sei außergewöhnlich gewesen
Bodo Wichura von der DWD-Klima- und Umweltberatung in Potsdam kann die Beobachtung der Pilzexperten nur bestätigen. "Im aktuellen Beobachtungszeitraum seit 1981 nimmt der diesjährige September einen Spitzenplatz als wärmster Monat ein", sagt er. Auch mit Blick auf die Niederschläge sei der diesjährige September "außergewöhnlich" gewesen.
Pilze wurden wegen ihres Wachstums an einem festen Standort lange Zeit den Pflanzen zugeordnet. Heute gelten sie als eigenständige Gruppe, sind Tieren wegen ihres Stoffwechsels und ihrer genetischen Eigenschaften aber näher verwandt als Pflanzen. In Brandenburg kommen etwa 4000 Pilzarten vor, rund 40 davon sind essbar, etwa 60 giftig. (dpa)
Manfred Rey
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