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Dietmar Woidke (SPD/M.), Ursula Nonnemacher (Grüne) und Michael Stübgen (CDU) unterzeichnen den Kenia-Koalitionsvertrag.
© Soeren Stache/dpa

Rückblick auf die Landtagswahl: Erstmals Kenia-Bündnis in Brandenburg

Alles neu macht der September: Brandenburg wird erstmals von einem Kenia-Bündnis regiert, die Linke sitzt in der Opposition und der CDU-Chef dankt ab.

Da stehen sie, auf der Dachterrasse des Potsdamer Kongresshotels, und prosten sich zu mit Smoothies in den drei Parteifarben: Wir sind Kenia. Brandenburg soll erstmals von einer rot-schwarz-grünen Koalition regiert werden. Aber bis zu diesem für die Kameras farbschön inszenierten Ende der Koalitionsverhandlungen am 24. Oktober war es ein weiter Weg.

Das Jahr 2019 stand in Brandenburg ganz im Zeichen der Wahlen – und des Zitterns der selbsternannten „Brandenburg-Partei“ SPD um den Machterhalt 29 Jahre nach der Wiedervereinigung. Ein wichtiger Gradmesser für die Landtagswahl am 1. September waren die Kommunal- und Europawahlen im Mai. Drei Monate vor der Brandenburg-Wahl müssen die etablierten Parteien bei der Kommunalwahl starke Verluste einstecken. 

Die CDU bleibt zwar knapp vor der SPD stärkste Kraft, der große Gewinner allerdings ist die AfD, die 15,9 Prozent der Stimmen holt und damit auch in den Kommunalparlamenten ankommt. Bei der Europawahl in Brandenburg wird die AfD mit 19,9 Prozent der Stimmen sogar stärkste Kraft, während die SPD von Regierungschef Dietmar Woidke um fast zehn Prozentpunkte absackt und mit 17,2 Prozent nur noch auf den dritten Platz noch hinter der CDU mit 18 Prozent landet.

SPD siegt nach Endspurt

In Umfragen setzt sich dieser Trend fort: Zeitweise liegt die Brandenburger AfD unter Rechtsaußen Andreas Kalbitz vor der SPD, die vor der Landtagswahl gar nicht mehr groß versucht, mit Inhalten zu punkten, sondern einen regelrechten AfD-Abwehr-Wahlkampf führt. Die Strategie geht am Ende auf: Viele Wähler, so analysieren es Wahlexperten, die sonst nicht die SPD gewählt hätten, geben den Sozialdemokraten ihre Stimme, um zu verhindern, dass die Rechtspopulisten als stärkste Kraft aus der Brandenburg-Wahl hervorgeht. Die SPD siegt im Endspurt und kommt auf 26,2 Prozent der Zweitstimmen gefolgt von der AfD mit 23,5 Prozent. Auf Platz drei landet die CDU mit 15,6 Prozent, gefolgt von den Grünen mit 10,8 Prozent und den Linken mit 10,7 Prozent sowie BVB/Freie Wähler mit fünf Prozent. Die FDP verpasst erneut den Einzug in den Landtag.

Doch damit beginnt im politischen Potsdam die schwierige Arbeit erst: Da alle anderen Parteien eine Koalition mit der AfD kategorisch ausschließen, reichen die Mehrheiten nicht mehr für ein klassisches Zweierbündnis. Am 5. September beginnt die SPD mit den Sondierungen, redet zuerst mit der Union und dann mit den Linken, die seit zehn Jahren Juniorpartner in einer rot-roten Koalition waren – und am Ende auf die Oppositionsbank geschickt werden. Mitten in den Gesprächen verkündet CDU-Landeschef und Woidke-Herausforderer Ingo Senftleben seinen Rücktritt. Der 45-Jährige, angetreten, um Brandenburgs erster CDU-Ministerpräsident zu werden, zieht die Konsequenzen aus der Wahlniederlage und verlässt das CDU-Sondierungsteam. 

Ingo Senftleben, CDU Brandenburg. 
Ingo Senftleben, CDU Brandenburg. 
©  Foto: Christophe Gateau/dpa

Grüne übernehmen Regierungsverantwortung

Ihm folgt, als Chef-Unterhändler und später auch CDU-Parteichef, der bisherigen Bundestagsabgeordnete Michael Stübgen – der im neuen Kenia-Kabinett Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident wird. Die Grünen übernehmen nach zehn Jahren in der Opposition Regierungsverantwortung, stellen zwei Minister und mit Ursula Nonnemacher auch die Vize-Ministerpräsidentin. 

Insgesamt ist das Brandenburger Kabinett weiblich wie nie: Sechs von zehn Ministerämtern besetzt Woidke, der am 20. November im Landtag als Regierungschef wiedergewählt wird, mit Frauen. Im Landtag hingegen sinkt der Frauenanteil: Nur 28 der 88 Landtagsabgeordneten sind weiblich. Dafür startet das Parlament mit vielen neuen Gesichtern im September in die neue Legislatur: 50 Abgeordnete wurden erstmals in den Landtag gewählt.

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