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Der Flyer des Anstoßes. 900 000 Stück ließ die Landesregierung drucken, nur 300 000 wurden verteilt im Land. Dann wurde bemerkt, dass das Impressum fehlt.
© A. Fröhlich

Brandenburg: Eine Karikatur von Brandenburg

An der Regierungsreklame für die Kreisreform entzündet sich immer mehr Kritik

Potsdam - Nach dem Protest aus den kreisfreien Städten und Kritik von Verfechtern der Volksgesetzgebung schalten sich jetzt auch der Städte- und Gemeindebund und der Bund der Steuerzahler in den Streit um die Werbekampagne von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) für die geplante Kreisreform ein. Ludwig Zimmermann, Vorstand beim Steuerzahlerbund in Brandenburg sagte den PNN, die knapp 200 000 Euro für Werbung für die Kreisreform seien rausgeworfenes Steuergeld. „Das Thema ist permanent in aller Munde, die Politiker werden ständig befragt“, sagte Zimmermann. „Die Landesregierung hat ausreichend Gelegenheit, ihren Standpunkt darzulegen.“

Zuvor hatte der Landesrechnungshof die Landesregierung zu Sparsamkeit ermahnt. Zwar hält die Behörde es für zulässig, dass die Landesregierung über angestrebte Entscheidungen, Gesetzentwürfe oder ihre Politikziele informiert. Jedoch „sollte der Informationsgehalt im Vordergrund stehen, reine Effekthascherei ist zu vermeiden“.

Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, Jan Redmann, erklärte, die Regierung dürfe nicht in den Meinungsbildungsprozess des Landtags auf Steuerzahlerkosten eingreifen. Der Landtag sei jetzt zuständig für das Gesetzgebungsverfahren. Dies müsse unbeeinflusst bleiben von Staatspropaganda. Die Kampagne werde nach hinten losgehen und die Brandenburger nicht überzeugen. „Es ist wie im Fußball“, sagte Redmann. „Geld schießt keine Tore.“

Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, sagte nach einer Präsidiumssitzung zu Wochenbeginn, die Regierungskampagne sei überaus peinlich, „wenn das Innenministerium einen Flyer herausgibt, der nur unzureichend rechtlich geprüft worden ist“.

Damit spielt Böttcher auf die landesweite, 120 000 Euro teure Verteilung von 900 000 Flyern an, die wegen eines fehlendes Impressums gestoppt werden musste. Dabei seien es die im Innenministerium für die Kreisreform Verantwortlichen, die „die Nase rümpfen über die Qualität der kommunalen Verwaltung“, sagte der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, dessen Präsident Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ist. „Wenn so etwas einem Amtsdirektor oder einem Bürgermeister passiert wäre, hätte der von seinen Gemeindevertretern oder Stadtverordneten ordentlich was auf die Nase bekommen“, sagte Böttcher.

Der Vorgang zeige, wie es um die Kreisreformpläne bestellt sei. Aus der Landesregierung heiße es immer ein bisschen herablassend, „nur eine große Verwaltung macht alles richtig“. Die Flyer-Panne offenbare das Gegenteil. „Das zeigt auch, dass die ganze Herangehensweise bei der Kreisreform von oben herab wohl nicht der richtige Weg ist“, sagte Böttcher.

Zwar sei das Vorgehen des Ministeriums bei den Flyern als Information über ein Reformvorhaben zulässig. Rechtlich bedenklich sei der Radiospot, sagte Böttcher. „Hier wird das Gebot der Sachlichkeit deutlich überschritten“, sagte er. „Denn hier wird suggeriert, Brandenburg müsse jetzt die Reform machen, weil in ein paar Jahren das Licht in den Verwaltungen ausgeht und das Telefon nicht mehr bedient werden kann.“

In dem Radiospot „Warteschleife“ versucht ein Mann, die Verwaltung anzurufen und bekommt zu hören: „Dieser Platz ist leider bis auf weiteres nicht besetzt.“ Weil so nicht die Zukunft der Brandenburger Verwaltung aussehen soll, brauche es eine Verwaltungsreform. Innenminister Schröter bemerkte sogar, dies sei bereits heute in einigen Verwaltungen im Land Realität. Der Städtebund-Geschäftsführer sagte zum Radiospot: „Mit diesen Methoden kann ein Karikaturist oder ein Kabarettist arbeiten. Aber eine Landesregierung sollte sich solch einen Radiospot als Merkmal der politischen Kultur nicht auf die Fahne schreiben.“

Die Gesetze zur Kreisreform sollen im November vom Landtag beschlossen werden, im August startet ein Volksbegehren. Ein von CDU, Freien Wählern und FDP getragener Verein hatte eine erfolgreiche Volksinitiative mit 130 000 Unterstützern angeschoben. Sie wollen die Reform per Volksentscheid 2018 kippen. Die Regierung will die Zahl der Landkreise von derzeit 14 auf 11 reduzieren, von den bislang noch vier kreisfreien Städten soll nur Potsdam diesen Status behalten. Kreiszuschnitt und Übertragung von Aufgaben würden im Kern nicht mehr geändert, sagte SPD-Fraktionschef Mike Bischoff.Alexander Fröhlich

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