Flyer zur Kreisreform in Brandenburg: Droht Innenminister Schröter eine Geldbuße?
Brandenburgs Innenminister Schröter räumt ein, dass die Regierungsreklame zur Kreisreform ein einmaliger Vorgang ist. Nach dem Presserecht können Oberbürgermeister und Landräte jetzt gegen ihn vorgehen - wegen Flyern ohne Impressum.
Potsdam - In der Affäre um die Werbekampagne der Landesregierung für die Kreisgebietsreform hat das Innenministerium den für Öffentlichkeitarbeit und Aufklärung vorgesehenen Etat weit überzogen. Das geht aus einer Antwort von Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) auf eine parlamentarische Anfrage der CDU-Landtagsfraktion hervor.
Demnach sah der Landeshaushalt von 2015 bis 2017 Ausgaben in Höhe von insgesamt 100 000 Euro für die Durchführung von „Dialogveranstaltungen zum Leitbildentwurf“ zur Verwaltungsreform vor. Doch inzwischen hat das Innenministerium bereits 329 000 Euro ausgeben, wie es einräumen musste. Die Mehrausgaben hat das Ministerium aus der Rücklage des Verwaltungsbudgets beglichen.
Flyer ohne Impressum könnte Folgen haben
In der Summe enthalten sind noch nicht alle Zahlungen. Am Ende könnten es nach den bisher von Schröter genannten Zahlen fast 400 000 Euro werden. Allein in diesem Jahr dürfte das Ministerium den Etatansatz fast um das Zehnfache überziehen. Statt der 20 000 Euro sollen es nach Auskunft von Schröter in diesem Jahr 190 000 Euro werden. Das ist die Summe, die der Minister im Juni für einen umstrittenen Radiospot und Flyer in einer Auflage von 900 000 Stück genannt hat.
Wie berichtet sind im Juni 300 000 Stück verteilt worden, dann musste das Ministerium den Versand stoppen. Der Grund: Es fehlte ein nach dem Brandenburgischen Pressegesetz vorgeschriebenes Impressum. Derzeit prüft das Ministerium noch, ob die Flyer nachträglich per Aufkleber mit Impressum versehen werden können.
Für Druckwerke ohne Impressum sind Geldbußen vorgesehen
Auch die bereits verteilten Flyer ohne Impressum könnten für das Innenministerium noch weitere Folgen haben, möglicherweise sogar zusätzliche Kosten verursachen. Nach dem Pressegesetz handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit, sollte bei solchen Druckwerken – egal ob vorsätzlich oder fahrlässig – das Impressum fehlen. Für solche Ordnungswidrigkeiten können nach dem Pressegesetz wiederum Geldbußen von bis zu 25 000 Euro fällig werden. Pikant: Verhängt werden sie von den Landräten und Oberbürgermeistern der kreisfreien Städte, also von jenen, die die Kreisreform ablehnen. Doch wo die Flyer verteilt wurden, darüber hat das Ministerium keine „belastbaren Erkenntnisse“.
Wer nun persönlich für das fehlende Impressum verantwortlich ist, wollte Schröter in seiner Antwort auf die parlamentarische Anfrage nicht nennen und auch nicht, wer die redaktionelle Freigabe erteilt hat. Vielmehr verweist Schröter allgemein auf das Ministerium selbst. Unterstützt worden sei es von einer Werbe- und PR-Agentur. In Großbeeren gingen die Flyer in den Druck. Die Gestaltung bis zur druckreifen Datei war sogar beschränkt ausgeschrieben worden, von elf angeschriebenen Agenturen machten fünf beim Vergabeverfahren mit.
Bei früheren Gesetzesvorhaben gab es keine teuren Werbeaktionen
Vorerst hat Schröter für dieses Jahr keine weiteren Werbemaßnahmen für die Kreisreform geplant, wie es in der Antwort an die CDU-Landtagsfraktion heißt. Allerdings räumt er ein, dass die Reklame für den Kreisreform ein einmaliger Vorgang ist. Die Landesregierung habe „über Mittel der aktuellen Presse- und Informationsarbeit hinaus keine öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen während früherer Gesetzgebungsverfahren im Landtag ergriffen“, erklärt Schröter.
Für CDU-Finanzexperte Steeven Bretz ist es ein Unding, dass die Landesregierung „für noch gar nicht beschlossene Gesetze Werbung macht“ – und das für eine „unsinnige Kreisreform mit ungedeckten Checks“. Das habe es nie zuvor in Brandenburg gegeben. „Die Verzweiflung bei SPD und Linke angesichts der vermurksten Kreisreform muss ganz schön groß sein“, sagte Bretz. Er wirft der Landesregierung vor, den Haushaltstitel zweckentfremdet und um ein Vielfaches überzogen zu haben. Der CDU-Politiker zeigte sich zudem unzufrieden mit den bisherigen Antworten des Ministeriums auf seine Anfrage. Deshalb verlangt er in einer weiteren Anfrage genaue Details zu den Posten für Flyer, zu den in Privatradios ausgestrahlten Spots, Regressforderungen und zur Internetseite des Ministeriums zur Kreisreform.
Verantwortet wurde der Flyer vom Leitungsbüro des Ministers
Dass Bretz von einem ungeahnten Ausmaß an Stümperei spricht, ist als Oppositionsvertreter nicht ungewöhnlich. Aber er will wegen der ungenauen Antworten des Ministeriums auch wissen, ob Schröter persönlich für die Freigabe der Flyer verantwortlich ist. Dafür gibt es zumindest Hinweise.
Denn inzwischen gibt es den Flyer auch als Download auf der Reformseite im Internet, diesmal mit Impressum. Herausgeber ist – wie bekannt – das Ministerium, konkret der Bereich „Öffentlichkeitsarbeit“. Ein Blick ins Organigramm des Ministeriums zeigt, wo die Öffentlichkeitsarbeit angesiedelt ist und wohin die Landräte und Oberbürgermeister die Bescheide über die Geldbuße für fehlende Impressen schicken müssen: Direkt an das Leitungsbüro, also an Schröter selbst.
Allerdings ist für die Geldbuße Eile geboten. Für die Ordnungswidrigkeit sieht das Pressegesetz eine Verjährungsfrist von drei Monaten vor. Erstmals erschienen sind die Flyer am 17. Juni. Bis Mitte September könnte Schröter also Post bekommen.
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