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Jetzt im Duell. Ministerpräsident Dietmar Woidke (r.) und CDU-Landeschef Ingo Senftleben (M.) am Rande eines Termins in Potsdam. Senftleben hat am Dienstag erstmals gesagt, dass er Woidke als Regierungschef in Brandenburg ablösen will.
© Sebastian Gabsch

CDU-Oppositionschef Ingo Senftleben: Der Woidke-Herausforderer

CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben will Neuwahlen und Ministerpräsident Brandenburgs werden. Aber wie? Das rot-rote Kabinett unter Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) beschloss nun formal den Stopp der Kreisreform. Und nun?

Potsdam - Nach seiner Neuwahl-Forderung wegen des Kreisreform-Stopps wittert CDU-Oppositionsführer Ingo Senftleben die Chance, SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und die rot-rote Regierung zu stürzen. Und er will selbst Regierungschef in Brandenburg werden, wie der 43-jährige Lausitzer am Dienstag vor Journalisten sagte: „Ja, das möchte ich!“ In Brandenburg sei ein Neuanfang nötig. Woidke werde in den 500 Tagen bis zur regulären Landtagswahl nicht all das schaffen, was in den letzten 1500 Tagen auch wegen der vermurksten Reform liegen geblieben sei. Brandenburg brauche „endlich eine Regierung, die Freude auf das Morgen macht, die das Land nicht teilt, sich um Stadt und Land kümmert“. Zugleich kündigte er an, dass die CDU den Wortlaut der Volksinitiative „Kreisreform stoppen“ nach dem Reform-Fiasko im Landtag erneut zur Abstimmung stellen will. Woidke ließ offen, wie die Koalition damit umgehe. Im Gegensatz zu früheren SPD-Regierungen mit der CDU schließe Rot-Rot ein Ja zu Oppositionsanträgen nicht aus.

Auf Fragen, welche Regierung und Koalition Brandenburg eigentlich regieren soll, antwortete Senftleben allerdings ausweichend. Er schloss ein Bündnis der CDU mit „dieser AfD“ aus. Und in Bezug auf die Linke sagte er: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt in Brandenburg von den Beschlüssen der Bundespartei abrücken.“ Danach sind Koalitionen und Kooperationen von CDU und Linken ausgeschlossen. Nach dem Wahlergebnis der Bundestagswahl im September, bei der die CDU mit 26,7 Prozent stärkste Kraft wurde, würde es allerdings nicht einmal für eine Regierung mit der SPD (17,6 Prozent) als Juniorpartner reichen.

Abgesehen von der Brandenburger CDU will nur die AfD Neuwahlen

Zudem ist der für die Sitzung des Landtages ab 15. November von der CDU beantragte Antrag auf Auflösung des Landtages, für den eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig wäre, zum Scheitern verurteilt. Lediglich die AfD fordert ebenfalls Neuwahlen wie die CDU. AfD-Fraktionschef Andreas Kalbitz bedauerte, dass es in informellen Gesprächen keine Bereitschaft zu einem gemeinsamen Antrag bei der CDU gegeben habe. Die Grünen wollen keine Neuwahlen. „Wir reihen uns nicht ein, um in einer Front mit AfD und CDU Neuwahlen zu fordern“, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Neuwahlen seien dann angesagt, „wenn eine Regierung ihre Mehrheit verliert“. 

So reagierte dann Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Dietmar Woidke (SPD) auch gelassen auf die Kampfansage von Senftleben. „Es würde mich enttäuschen, wenn er das nicht sagen würde.  Er steht da in einer langen Reihe von CDU-Vorsitzenden. Ich glaube, er ist der Dreizehnte“, so Woidke. „Ich glaube, Dreizehn haben gesagt, sie wollen Ministerpräsident werden.“

Woidke: Die schwerste Entscheidung seiner politischen Laufbahn

Das rot-rote Kabinett beschloss am Dienstag nun formal die Rücknahme der Kreisreformgesetze und verständigte sich auf das weitere Vorgehen. Es sei die schwerste Entscheidung seiner politischen Laufbahn gewesen, sagte Ministerpräsident Woidke. Nun trete man in eine neue Phase ein, er erwarte Vorschläge der Kommunen, wie die Verwaltung über freiwillige Kooperationen verbessert werden könne. Er will sich, wie er sagte, noch vor seiner für den 15. November angekündigten Regierungserklärung mit den Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände treffen.

Bei den im Zuge der Kreisreform angekündigten Beschlüssen, ehrenamtliche Arbeit etwa von Kreistagen zu erleichtern, Theater- und Orchester in den großen Städten besser zu finanzieren, will die Regierung aber bleiben. Nach Aussagen von Woidke und Finanzminister Christian Görke ist die Landesregierung ist bereit, sich an der Entschuldung der großen Städte Brandenburg/Havel, Cottbus und Frankfurt (Oder) zu beteiligen, denen das Wasser – also die Kassenkredite – bildlich bis zum Hals steht. Der Anspruch an die Teilentschuldung, die aus allgemeinen Steuermitteln finanziert würde, müsse sein, dass die Städte nicht in einigen Jahren wieder in die gleichen Schieflagen geraten.

Grüne fordern nach dem Stopp der Kreisreform in Brandenburg ein klares Programm

Die Grünen forderten nach der Absage der Kreisreform einen „politischen Kassensturz“ und ein klares Programm, wie die Regierung bis 2019 das Land voranbringen wolle. Nötig sei auch ein Umdenken in der Kohlepolitik, wo inzwischen selbst Konzerne und Energieunternehmen einen Ausstieg aus der Braunkohle fordern würden, so Vogel. Der Reformbedarf bei den Verwaltungen im Land sei da, betonte Ursula Nonnemacher, parlamentarische Geschäftsführerin und Innenexpertin der Grünen. Zwar habe sich die Kreisgebietsreform nun erledigt, nicht aber nötige Digitalisierung, mehr Bürgernähe und die Entschuldung der kreisfreien Städte.

Die Sozialdemokraten schließen nach den Erschütterungen und der Neuwahl-Forderung der CDU ihre Reihen, nachdem vorher Woidke in die Kritik geraten war, in Telefonschaltkonferenzen mit Fraktion und Landesvorstand auch direkt angegriffen worden war. Nach der Sitzung der Landtagsfraktion sagte Fraktionschef Mike Bischoff: „Es gab keine Kritik am Ministerpräsidenten.“ Auch keine Personaldebatten.

Zunächst einmal aber kassiert die Union den nächsten Erfolg: SPD und Linke wollen einem CDU-Antrag zustimmen, der für 2018 wieder die Direktwahl der Landräte ermöglichen soll, die wegen der Kreisreform ausgesetzt worden war. Weder SPD und Linke, noch das von Minister Karl-Heinz Schröter geführte Innenministerium hatten es geschafft, für die nötige Rücknahme des Amtszeitengesetzes fristgemäß einen eigenen Entwurf vorzulegen. Selbst SPD-Fraktionschef Bischoff sagte dazu: „Das ist nicht gut gelaufen. Punkt.“

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