Neuer Staatssekretär im Gesundheitsministerium: Der Wechselwähler
Andreas Büttner ist wohl das Mitglied der Brandenburger Landesregierung mit dem ungewöhnlichsten Lebenslauf. Am Montag wurde er zum Staatssekretär ernannt.
Potsdam - Und gleich kommt der Papst. Aber, da wir im atheistischen Brandenburg sind, wohl eher nicht. Aber was Vergleichbares muss es sein, etwas ganz, ganz Großes. Ein Staatsgast, ein neuer Ministerpräsident, ein Messias für die Mark, etwas in der Preislage. Denn alle sind da, stehen Spalier, die von Heute und die von Gestern. Für die Linke: die zurückgetretene Gesundheitsministerin Diana Golze, daneben ihre Nachfolgerin Susanna Karawanskij. Anja Mayer, gemeinsam mit Golze Vorsitzende der Landeslinken, steht ebenso bereit wie Vize-Regierungschef und Finanzminister Christian Görke. Für die SPD da: der frühere Staatskanzleichef Thomas Kralinski und der amtierende Martin Gorholt. In mit Wasser gefüllten Kübeln lagern Blumensträuße. Und dann, endlich, kommt er: der neue Staatssekretär für das Gesundheitsministerium.
Am Montag wurde Andreas Büttner (Linke) zum Nachfolger von – der ebenfalls anwesenden – Parteikollegin Almuth Hartwig-Tiedt ernannt, die im Zuge des Pharmaskandals um gestohlene Krebsmedikamente wie ihre Chefin Diana Golze den Hut nehmen musste. Die Personalie ist also nicht unwichtig, weil Karawanskij und Büttner die Aufklärung im Fall Lunapharm vorantreiben müssen. Aber so ein Bohei, mehr Auftrieb als bei einer Ministerernennung? Wie kommt’s?
Die Landesregierung ist jetzt wieder komplett
Vielleicht liegt es daran, dass – wie Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bei der traditionellen Blumenstrauß-in-die Hand-Drückerei sagt – „die Landesregierung nun wieder komplett ist“. Weil die Ernennung als Zeichen verstanden werden soll: Seht her, alles geklärt, alle Personalien erledigt, Rot-Rot hat den Umfragewerten zum Trotz noch nicht abgewirtschaftet, sondern kann auch ein Jahr vor der Landtagswahl schweres Fahrwasser umschiffen, hat genügend Personal in der Hinterhand.
Denn nicht nur für das Gesundheitsministerium musste neues Führungspersonal gefunden werden. Nach dem überraschenden, familiär bedingten Rückzug von Albrecht Gerber (SPD) war zeitgleich auch ein neuer Wirtschaftsminister gesucht, der mit dem früheren Hochschulpräsidenten Jörg Steinbach gefunden ist. Das wäre eine Erklärung für das überbordende Empfangskomitee für den neuen Staatssekretär.
Büttner hat schon mehrmals das Parteibuch gewechselt
Eine andere Begründung, warum der graue Protokolltermin so großes Interesse weckt: Büttners bunte Vita. Die liest sich in etwa so, als wäre der Papst zum Protestantismus konvertiert. Der 45-Jährige ist bekannt in der Landespolitik. Er war früher Fraktionschef. Der FDP. 2014 holten die Liberalen mit Büttner als Spitzenkandidaten nur katastrophale 1,5 Prozent, flogen krachend aus dem Landtag.
Und noch viel früher war der Parteihopper aus der Uckermark auch mal bei der CDU. 2015 dann wurde unter großem Aufsehen aus dem Liberalen ein Linker: Büttner wechselte abermals das Parteibuch. Auf seiner Internetseite erklärt er, warum: „Ich habe gespürt, dass man die Ungerechtigkeit in diesem Land nur mit Solidarität statt Spaltung, nur mit mehr sozialer Gerechtigkeit und mehr Druck von links bekämpfen kann“, schreibt er. „Ich weiß, dass es ein ungewöhnlicher Weg ist und ich lange für diese Erkenntnis gebraucht habe.“
Büttner ist Mormone, Vater von vier Kindern und Polizist
Mindestens genauso ungewöhnlich ist sein Weg ins Gesundheitsministerium. Denn Büttner – Mormone, Vater von vier Kinder – ist nicht etwa gelernter Arzt, Pharmazeut oder was einem sonst so an beruflich naheliegender Vorerfarhung einfallen würde. Er ist Polizist. 1992 ging Büttner von Kassel nach Berlin, um seine Ausbildung zum Polizeibeamten zu beginnen, war als Streifenbeamter in Berlin-Wilmersdorf eingesetzt. Nach seiner verunglückten Landtagskarriere setzte er sich wieder in den Streifenwagen, kehrte in den Polizeidienst nach Spandau zurück. Immerhin: Beim Pharmaskandal geht es ja auch um kriminelle Machenschaften.
Wie er die Aufklärung beim Lunapharm-Skandal denn voranbringen wolle, wird der bei seiner Ernennung von der Presse gefragt. „Jetzt geben Sie mir doch die Chance, erst einmal anzukommen“, sagt er. Und angesprochen auf die mangelnde Führungserfahrung, zumindest für so ein großes Ministerium mit dem Abteilungen Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie, erklärt er: „Die beste Eigenschaft, die man haben kann, ist unterschätzt zu werden. Ich mag es, unterschätzt zu werden.“
"Ich drücke mal eben für einige Zeit die 6"
Auf Facebook hat er sich am Samstag von seinen Polizeikollegen verabschiedet. „Bütti mit Abmeldung ..ich drücke mal eben für einige Zeit die 6“, schreibt er. „Die 6 drücken“ bedeutet im Notruf-Sprech: eine Pause machen. Und dann schreibt er noch „Ich gehe zwar, aber ich bin nicht weg.“ Als er im September 2014 auf dem Fraktionsflur im Landtag seine Umzugskartons packte, lehnte an der Wand ein Schild. „Ich gehe zwar, aber ich verschwinde nicht“, stand da drauf. So ist das mit Andreas Büttner. Er wählt den Wechsel. Immer wieder taucht auf, an den ungewöhnlichsten Stellen.
Marion Kaufmann
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