Panne bei der Impfkampagne: Corona-Impfstoff für Brandenburg nicht abgerufen
Die Kassenärztliche Vereinigung des Landes ist unter Druck: 34.000 Dosen für Brandenburg kamen wohl nicht an. Die Landesregierung fordert sofortige Abhilfe.
Potsdam/Berlin - Auch im Land Brandenburg warten Zehntausende weiter vergeblich auf eine Corona-Schutzimpfung. Doch nach PNN-Recherchen sind seit Mitte April 34.134 Impfdosen für das Land, die vom Bund bereitgestellt waren, von Arztpraxen bestellt und verimpft werden sollten, nicht abgerufen worden. Das geht aus dem aktuellen bundesweiten Länderreport des Paul-Ehrlich-Instituts vom 20. Mai hervor. Der untersucht, ob und wie die Impfstofflieferungen über den Apotheken-Großhandel „zur Verwendung in niedergelassen Arztpraxen“ in den Bundesländern tatsächlich entsprechend den Kontingents nach den Einwohnerzahlen erfolgen und abgerufen werden. Brandenburgs Landesregierung ist alarmiert und macht Druck.
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Verantwortlich für die Impfstoffverteilung über diesen sogenannten „Bundesstrang“, auf den die Regierung keinen Einfluss hat, ist die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburgs (KVBB). Die vertritt die niedergelassenen Ärzte und fordert derzeit mehr Impfungen in Arztpraxen und die Schließung der Impfzentren im Land.
Fast 35.000 Impfdosen nicht im Land angekommen
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist nach PNN-Informationen besorgt, da für Brandenburg über den Arztpraxen-Impfweg vorgesehene und nicht abgerufene Impfdosen verfallen und anderswo nach Deutschland gehen. Schon beim „Impfgipfel“ letzte Woche hatte Woidke Druck gemacht, dass die Arztpraxen mehr impfen müssen. Die für Brandenburg vorgesehen 34.134 Impfstoffdosen, die seit Mitte April im Land nicht ankamen, betrafen 16.838 Dosen Biontech und 17.295 Dosen Astrazeneca. Nach dem Länderreport sind aus Mecklenburg-Vorpommern zeitgleich 80.408 Impfdosen mehr abgerufen worden, als dem nördlichen Nachbarland entsprechend der Bevölkerung zustehen. In Berlin waren es 29.320 Impfdosen, in Bayern 67.075 Impfdosen und in Nordrhein-Westfalen sogar 129.000 Impfdosen über dem Kontingent.
Impf-Minister Stübgen fordert KVBB zum Handeln auf
Brandenburgs Innenminister und Vize-Ministerpräsident Michael Stübgen (CDU), für die Impflogistik zuständig, fordert die KVBB zum Handeln auf. Er habe zwar Verständnis, dass es beim Impfen in den Arztpraxen „Anlaufschwierigkeiten“ gebe, sagte Stübgen den PNN. „Aber die KVBB muss dafür sorgen, dass in kürzester Frist jeder Impfstoff, der für Brandenburg bereit steht, auch abgerufen und verimpft wird“. Er betonte: „Der Länderreport des Paul–Ehrlich-Institutes ist deutschlandweit die valide Datenbasis für Impfungen auf diesem Weg.“
Doch Brandenburgs KVBB bestreitet Defizite. „Die Brandenburger Vertragsarztpraxen haben den Impfstoff vollständig abgerufen“, erklärte Sprecher Christian Wehry dem PNN. „Die Statistiken des Paul-Ehrlich-Institutes zeigen Unschärfen, da sie nicht die Vertragsarztpraxen, sondern die Verteilung zwischen Großhandel und Apotheken darstellen und dies auch nicht immer trennscharf zwischen den Bundesländern.“ Die Statistik würde somit nicht das Verhalten der Praxen zeigen, so Wehry. „Bisher wurden alle Praxen aufgrund von Liefermangel regelmäßig quotiert.“ Der Vorwurf eines Nichtabrufens sei „nicht haltbar“. Nach einer Infratest-Umfrage im Auftrag des rbb bewegen die Impfdefizite die Brandenburger sehr. Sieben von zehn Brandenburgern wollen sich auf jeden Fall gegen Corona impfen lassen oder sind bereits mindestens einmal geimpft.
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