Ärztemangel: Brandenburg braucht junge Mediziner
Bis 2025 müssen 762 Haus- und 1025 Fachärzte gefunden werden, um das derzeitige Versorgungsniveau zu halten. Schon jetzt stehen auf dem Land etliche Praxen leer.
Potsdam - Diagnosen stellen im Akkord: Nirgendwo in Deutschland muss ein Arzt so viele Patienten behandeln wie in Brandenburg. In der Mark kommen auf einen niedergelassenen Arzt im Durchschnitt 733 Einwohner. Im Bundesdurchschnitt sind es nur 677 Patienten. Das geht aus einer aktuellen Antwort des Gesundheitsministeriums auf eine Kleine Anfrage des fraktionslosen Landtagsabgeordneten Christoph Schulze hervor.
Das Ministerium beruft sich dabei auf Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) und liefert auch eine Erklärung für den Brandenburger Befund: Die mit durchschnittlich 47,8 Jahren deutlich ältere Bevölkerung Brandenburgs (Bundesschnitt 44,8 Jahre) gehe mit einem höheren Krankheitsrisiko und damit einem erhöhten Behandlungsbedarf einher. Im Vergleich erbringen die Brandenburger Vertragsärzte auch 16 Prozent mehr Behandlungsfälle als bundesweit üblich. Das Problem: Nicht nur die Patienten, sondern auch die Ärzte in Brandenburg werden älter. Landesweit sind 27,3 Prozent der Vertragsärzte, also der niedergelassenen Ärzte mit Kassenzulassung, älter als 60 Jahre. Regional gibt es deutliche Unterschiede: Am jüngsten sind die Vertragsärzte im Schnitt in Potsdam. Im Landkreis Oberspreewald-Lausitz liegt der Anteil der älteren Ärzte bei 34,9 Prozent. Bei den Hausärzten ist ebenfalls Oberspreewald-Lausitz der Kreis mit dem höchsten Anteil an Medizinern über 60. Fast 46 Prozent der Hausärzte in der Lausitz haben diese Altersgrenze bereits überschritten, in Potsdam sind es 23 Prozent. Der Landesschnitt liegt bei 30 Prozent.
Große Diskrepanz zwischen überversorgten Ballungszentren und ländlichen Regionen
In einigen Regionen drohe „eine Unterversorgung in bestimmten Fachgebieten“, heißt es in der Antwort von Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke). Diese existiert allerdings schon jetzt: Im Dezember 2017 waren 46 Arztsitze im Land nicht besetzt, davon mehr als 91 Prozent im hausärztlichen Bereich.
Die ärztliche Versorgung sei regional differenziert, „insbesondere hinsichtlich teils überversorgter Ballungszentren und im Gegensatz dazu ländlichen Regionen, in denen weniger Ärzte bereit sind, sich niederzulassen“, schreibt das Golze-Ministerium. Das von Martina Münch (SPD) geführte Wissenschaftsministerium habe mit der staatlichen Anerkennung der Medizinischen Hochschule Brandenburg „Theodor Fontane“ (MHB) mit Sitzen in Brandenburg/Havel und Neuruppin als Non-Metropol-Hochschule einen wesentlichen Schritt unternommen, um dieser Verteilungsproblematik entgegenzuwirken. Doch erst im Jahr 2021 wird der erste Jahrgang sein sechsjähriges Studium an der MHB beenden. Deswegen sei nicht abzusehen, wie viele Studierende langfristig tatsächlich für die Versorgung im ländlichen Raum zur Verfügung stehen, erklärt die Landesregierung.
Bis zum Jahr 2025 braucht Brandenburg 762 neue Hausärzte
Nach der derzeitigen Prognose sei davon auszugehen, dass bis zum Jahr 2025 für Brandenburg 762 Hausärzte neu gewonnen werden müssen, um das Versorgungsniveau von 2017 zu halten. Das ist eine hohe Zahl: 762 Mediziner entsprechen 46,5 Prozent der Hausärzte von 2017. Bei den Fachärzten ist die Lage noch dramatischer: Bis 2025 werden aller Voraussicht nach 1025 Fachärzte ersetzt werden müssen, die in den Ruhestand gehen. Davon werde allein bei Kinderärzten der Bedarf bei 22 Fachkräften liegen. Zudem werden 26 Frauen- und 19 HNO-Ärzte gefunden werden müssen. Bei diesen Prognosen wird davon ausgegangen, dass Ärzte im Schnitt mit 65 Jahren nicht mehr praktizieren. Die frühere Altersbeschränkung bei Kassenärzten von 68 Jahren wurde – auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung – 2009 bundesweit aufgehoben. Das heißt, Vertragsärzte können ihre Praxis so lange betreiben, wie sie sich dazu in der Lage fühlen. Derzeit liegt das Durchschnittsalter der Kassenärzte im Land bei 54,2 Jahren.
Zur Verjüngung der Ärzteschaft in Brandenburg trägt das genauso wenig bei wie das gestiegene Einstiegsalter der Ärzte: Im Schnitt sind Mediziner im Land inzwischen 44,7 Jahre alt, wenn sie eine Praxis übernehmen.
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