Trockenheit und Dürre: Brandenburg bereitet sich auf extreme Waldbrände vor
Nirgendwo in Deutschland ist die Gefahr so groß. Brandenburg bereitet sich auf extreme Waldbrände vor. Ein Überblick.
Potsdam - Es waren Bilder, die man bisher aus Griechenland, Spanien oder anderen Teilen der Welt kannte. Die großen, langwierigen und schweren Waldbrände im Land Brandenburg bewegten im vorigen Jahr Deutschland – insbesondere der Brand bei Treuenbrietzen und der bei Brück. Jetzt herrscht im Land erneut höchste Waldbrandgefahr wegen anhaltender Trockenheit. Wie gut ist Brandenburg diesmal vorbereitet? Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) und Umweltstaatssekretärin Carolin Schilde informierten darüber am Freitag auf einer Pressekonferenz in Potsdam. Ein Überblick zu der aktuellen Lage:
Dürre-Prognosen und Warnstufe 5
Eine Zigarettenkippe kann reichen, um einen Flächenbrand in Brandenburg auszulösen. Fast im gesamten Land – in elf von vierzehn Kreisen sowie in Frankfurt (Oder) und Cottbus – gilt die höchste Waldbrandwarnstufe 5, bei der Wälder nicht mit Autos oder Motorrädern befahren werden dürfen. Für Potsdam und Potsdam-Mittelmark, aber auch für Brandenburg an der Havel, Oberhavel, und die Uckermark, galt am Freitag die zweithöchste Warnstufe 4. Experten prophezeien einen ähnlichen Dürresommer wie 2018, was mit extremer Waldbrandgefahr verbunden wäre. Aktuell ist sie in Brandenburg so hoch wie in keinem anderen deutschen Bundesland, wie aus der Gefährdungskarte des Deutschen Wetterdienstes von Freitag hervorgeht. Allerdings ist für heute für das Land Brandenburg Regen angekündigt, was die Lage zumindest erst einmal entschärfen könnte.
Wer zahlt für die Einsätze?
Noch heute hat das Land mit Folgen der dramatischen Waldbrände im Vorjahr zu kämpfen, bei denen allein beim Dauergroßbrand nahe Treuenbrietzen über 300 Hektar Wald vernichtet wurden. Insgesamt gab es 512 Waldbrände, betroffen waren 1674 Hektar. Bei den Löscharbeiten waren Feuerwehren aus ganz Brandenburg, aus anderen Bundesländern, Kräfte von Bundeswehr, Bundespolizei, Technischem Hilfswerk und viele freiwillige Helfer beteiligt. Innenminister Schröter teilte mit, dass am Gründonnerstag die Bescheide verschickt wurden, mit denen das Land 80 Prozent der Kosten der 2018er Einsätze übernimmt. Laut Schröter ist das der zulässige Höchstsatz. Überwiesen werden insgesamt 1,7 Millionen Euro. Mit 1,3 Millionen Euro fließt der Großteil davon nach Potsdam-Mittelmark, 340 000 Euro gehen nach Dahme-Spreewald, wo die Lieberoser Heide brannte. Die Wiederaufforstung, die innerhalb von drei Jahren vorgeschrieben ist, steht aber erst am Anfang.
Zehn-Punkte-Plan für den Forst
Das für den Forst im waldreichen Brandenburg zuständige Agrar- und Umweltministerium hatte nach den Bränden einen Zehn-Punkte-Plan aufgelegt, der allerdings erst teilweise umgesetzt ist. Es wurden zwar einhundert neue Warnschilder im Land aufgestellt, anderes dauert noch – wie nötige neue Löschwasserentnahmestellen, die laut Analysen fehlen. Verantwortlich für deren Einrichtung sind die Waldbesitzer – immerhin 100 000 gibt es in Brandenburg. „Eigentum verpflichtet“, sagte Schilde. Die Forst-Förderrichtlinien, um dafür Geld beantragen zu können, wurden inzwischen angepasst. Neu ist auch, dass nötige Waldbrandschutzschneisen gefördert werden können. Jetzt hänge es von den Anträgen ab, sagte Schilde. Man habe aber 36 zusätzliche Stellen geschaffen, um Waldbesitzer zu beraten und um mehr Streifen schicken zu können. Brandenburg ist zudem dabei, das Frühwarnsystem „Fire Watch“ zu modernisieren. Gesteuert werden soll alles künftig von zwei Waldbrandzentralen aus – eine in Eberswalde für den Norden Brandenburgs, die ab 2020 ihre Arbeit beginnen soll, und eine in Wünsdorf für den Süden des Landes, die bereits in Betrieb genommen wurde.
Drohnen, Feuerwehr, Hubschrauber
Ohne neue Technik wird es nicht gehen. Die Förderrichtlinien des Innenministeriums wurden so angepasst, dass künftig auch die Anschaffung von Drohnen gefördert werden kann, ebenso wie der Kauf des für Waldbrände geeigneten Speziallöschfahrzeuges TLF 5000 „Typ Brandenburg“, das besonders geländegängig für den Einsatz in extremer Hitze ausgelegt ist und viel Wasser im Löschtank hat. Es kostet rund eine halbe Million Euro pro Fahrzeug. Bislang sind trotz des Waldreichtums im Land erst zehn bis zwanzig dieser Fahrzeuge im Einsatz, was nach Analysen des Innenministeriums nicht ausreicht. Da viele der in den 1990er-Jahren und um die Jahrtausendwende angeschafften Feuerwehrfahrzeuge in den nächsten Jahren schrittweise erneuert werden müssen, könne man da, wo es nötig ist, statt einer herkömmlichen Feuerwehr dieses Waldbrand-Löschfahrzeug anschaffen. Auch über Hubschrauber müsse man nachdenken, so Schröter. Er hielte es für sinnvoll, wenn die Bundeswehr das Land bei Einsätzen stärker unterstützen könnte – das ist aber rechtlich begrenzt zum Beispiel auf Naturkatastrophen oder besonders schwere Unglücksfälle. „Das Beste wäre es, wenn da, wo die Kompetenz bereits vorhanden ist, nämlich bei der Bundeswehr, einfach etwas mehr vorgehalten würde, um auch für die Inlandseinsätze in Brandfällen die entsprechende Technik vorzuhalten“, sagte Schröter. Damit spielt er auf Hubschrauber an. Das Thema Waldbrandbekämpfung aus der Luft will er mit seinen Länderkollegen aus den übrigen ostdeutschen Ländern im Mai besprechen.
Und die Feuerwehrleute?
Das bleibt das größte Problem. Denn die Freiwilligen Feuerwehren leiden unter Nachwuchsmangel. Aktuell haben sie 39 000 Mitglieder, wegen der demografischen Entwicklung werden es jedes Jahr rund 900 weniger, sagte Schröter. Um das Ehrenamt zu stärken, habe Brandenburg als erstes Bundesland eine jährliche Helferprämie von 200 Euro aufgelegt. Ob das wirkt, werde man allerdings erst in einigen Jahren wissen. Außerdem werde man die Feuerwehren von Aufgaben entlasten, die sie stellvertretend für andere wahrnehmen, also Tragehilfen, Türöffnungen oder das Beseitigen von Ölspuren, so Schröter. Brandenburg geht neue Wege, um junge Leute für die Feuerwehr zu erreichen. Wie Schröter publik machte, wird vom Bildungsministerium für die Klassen 7 bis 10, gerade ein freiwilliges Wahlpflichtfach Brandschutz vorbereitet, das 2020 starten soll. Dann verlassen junge Leute die Oberschule nach zehn Jahren, so Schröter, „nicht allein mit dem Zeugnis, sondern vielleicht auch dem Feuerwehr-Befähigungsnachweis als Truppmann 1 oder Truppmann 2.“
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