Corona in Brandenburg: Bedroht das Virus den Bau der Tesla-Fabrik?
Abgesagte Veranstaltungen, Betretungsverbote, überlastete Notrufe: Was man zur Corona-Ausbreitung in Brandenburg wissen muss.
Potsdam - Auch in Brandenburg breitet sich das Coronavirus weiter aus. Fast alle Landkreise und kreisfreien Städte haben inzwischen Infektionsfälle gemeldet. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur aktuellen Corona-Lage in der Region im Überblick.
Was unternimmt das Land, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen?
Am Freitag kommt das Kabinett in Potsdam zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Corona-Lage zu beraten. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) hat am Donnerstag wie angekündigt eine Allgemeinverfügung an die Landkreise und kreisfreien Städte erlassen, wonach Großveranstaltungen ab einer Teilnehmerzahl von 1000 Menschen bis auf weiteres untersagt werden müssen. Veranstaltungen mit mindestens 100 Teilnehmenden müssen den Kreisbehörden schriftlich angezeigt werden.
Außerdem gilt ab sofort für alle Reise-Rückkehrer: Personen, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet oder einem besonders betroffenen Gebiet wie dem Landkreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen aufgehalten haben, dürfen für einen Zeitraum von 14 Tagen beginnend ab der Rückkehr Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Hochschulen, Heime, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen nicht betreten. „In Krankenhäusern gilt dies natürlich nicht für behandlungsbedürftige Patienten“, erläuterte Nonnemacher am Donnerstag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBB) Brandenburg, Holger Rostek. Für medizinisches Personal, das sich in Risikogebieten aufgehalten hat, gelten Ausnahmen: Ohne Symptome darf es in medizinischen Einrichtungen zwar arbeiten, muss aber bei Kontakt mit Patienten Schutzausrüstung tragen. Außerdem wird kontinuierlich ein Corona-Test gemacht.
Sind flächendeckende Schließungen von Kitas und Schulen zu erwarten?
Momentan nicht. Unter den Veranstaltungsbegriff fallen Kindertageseinrichtungen, Horte, Schulen, Internate, Berufsschulen, Hochschulen sowie die Teilnahme am öffentlichen Personennahverkehr sowie der Aufenthalt an einer Arbeitsstätte ausdrücklich nicht. Darauf weist das Gesundheitsministerium in seiner Allgemeinverfügung hin. In Brandenburg müsse man auch die Sozialstruktur im Auge behalten, so Nonnemacher. Es gebe einen hohen Anteil berufstätiger Frauen, viele Alleinerziehende. Vor diesem Hintergrund müsse man gut abwägen, ob die reihenweise Schließung von Kitas und Schulen wirklich hilfreich ist. „Das ist ein schwieriger Abwägungsprozess.“
Sie glaube zudem nicht, dass mit Zentralismus die Qualität der Entscheidungen besser werde. Natürlich gelte es sich abzustimmen. „Ich sehe im Moment ein bisschen die Gefahr, unseren Staat in die Handlungsunfähigkeit zu treiben, wenn wir jede Veranstaltung unterbinden“, so Nonnemacher. Einzelnen Schulen, wie etwa die Marienschule in Potsdam, die Falkenseer Erich-Kästner-Grundschule, das Lise-Meitner-Gymnasium in Falkensee oder die Prinz-von-Homburg-Schule in Neustadt (Dosse) haben nach Verdachtsfällen aber vorübergehend geschlossen.
Welche Veranstaltungen in Brandenburg fallen nun aus?
Die Reihe der nun abgesagten Veranstaltungen wird immer länger, aus allen Landkreisen gibt es Meldungen. Nicht nur Kulturveranstaltungen wie Konzerte oder die Lübbenauer Ostereiermesse sind betroffen, sondern auch der Politikbetrieb. Die Unterbezirksparteitage der SPD in Dahme-Spreewald und Potsdam-Mittelmark, die dieses Wochenende geplant waren, sind vorsorglich abgesagt worden. Wie berichtet, schließt auch der Landtag für Besucher und sagt öffentliche Veranstaltungen ab, der Parlamentsbetrieb soll aber weiterlaufen.
Das Coronavirus macht auch dem Verein „Zukunft Heimat“ einen Strich durch die Rechnung. Eine am Samstag in Cottbus geplante Demonstration des Vereins, „Zukunft Heimat“, zu der auch Thüringens AfD-Chef Björn Höcke wartet wurde, sei jetzt wegen des Virus abgesagt worden, sagte der Sprecher von „Zukunft Heimat“, der AfD-Landtagsabgeordnete Christoph Berndt, dem Evangelischen Pressedienst am Donnerstag in Potsdam.
Noch unklar ist, ob die Luftfahrtmesse ILA im Mai stattfindet. Der zuständige Landkreis Dahme-Spreewald teilte am Donnerstag mit, es gebe hierzu noch keine Entscheidung. Die Verwaltung werde sich voraussichtlich am Freitag mit dem Thema befassen. Die ILA ist für den 13. bis 17. Mai geplant. Bei der alle zwei Jahre stattfindenden Messe waren zuletzt rund 180 000 Besucher gekommen.
Hat die Verbreitung des Virus Auswirkungen auf die Nato-Übung Defender?
Am Dienstag hatte das Landeskommando Brandenburg am Rande des „Defender Rock“-Konzerts in Potsdam noch etwas anderes gesagt, aber nun wird das Manöver „Defender Europe 20“, bei dem eine Vielzahl der Konvois Station auf dem Truppenübungsplatz Lehnin (Potsdam-Mittelmark) macht, doch kleiner ausfallen: Nach aktuellen Angaben des US-Hauptquartiers USAREUR in Wiesbaden soll der Umfang der beteiligten US-Streitkräfte reduziert werden.
„Die Bundeswehr unterstützt die Entscheidung zur Reduzierung des Übungsumfangs aus Fürsorge um die Gesundheit der eigenen Soldaten, der beteiligten NATO-Bündnispartner und der Bürgerinnen und Bürger“, heißt es in einer Mitteilung der Bundeswehr. Zahlen zur Truppenreduzierung werden nicht genannt. Insgesamt sollten sich 37 000 Soldaten aus 18 Nationen beteiligen, von denen 20 000 US-Soldaten sind, die nach Europa verlegt werden.
Ist der Zeitplan für den geplanten Bau der Tesla-Fabrik gefährdet?
Angeblich nicht. Der US-Automobilhersteller Tesla hat am Donnerstag angesichts eines Berichts über den Abzug amerikanischer Mitarbeiter aus Deutschland wegen der Coronavirus-Krise betont, dass der Zeitplan für den Bau des Werks in Grünheide (Oder-Spree) bislang nicht gefährdet sei. Bei Tesla gebe es einen regelmäßigen Austausch globaler Teams, teilte der Elektroauto-Hersteller am Donnerstag mit. Zuvor hatte die Branchenzeitung „Automobilwoche“ berichtet, rund 30 Amerikaner, die für Tesla in Berlin arbeiteten, seien auf dem Rückweg in die USA.
Wie gehen die Landkreise vor, um die Corona-Tests zu machen?
Das ist unterschiedlich. Die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder) plant eine Spezialsprechstunde, wie Oberbürgermeister René Wilke (Linke) am Donnerstag mitteilte. Um das Klinikum Markendorf und die Arztpraxen in der Stadt zu entlasten, werde derzeit die Einrichtung eines zentralen Anlaufpunktes geplant, wo Bürger mit COVID-19-Sympomatik ärztliche Beratung und Diagnostik erhalten können. Unterstützt werde diese Initiative durch die Verantwortlichen des Klinikums Markendorf sowie eine hohe Zahl niedergelassener Ärztinnen und Ärzte in Frankfurt (Oder). Eine entsprechende Vereinbarung mit der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg werde derzeit angestrebt. KVBB-Vorstand Holger Rostek wies am Donnerstag bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit der Gesundheitsministerin aber darauf hin, dass diese Anlaufstellen nicht dafür gedacht wären, dass sich jeder, der einen Test machen möchte, dorthin begebene soll. Die Corona-Tests müsse zuvor ein Hausarzt bei begründetem Verdacht empfehlen, dann werde ein Termin koordiniert. „Es ist natürlich nicht Sinn und Zweck der Sache, dass sich viele Menschen gleichzeitig zu diesen zentralen Teststellen begeben“, so Rostek. Auch das Klinikum Niederlausitz in Senftenberg hat eine Außenstelle für Corona-Tests eingerichtet, um zu verhindern, dass die Notaufnahme übermäßig belastet wird. Das medizinische Fachpersonal testet die Verdachtspersonen in der Außenstelle nach Möglichkeit direkt im Auto durch einen Abstrich, wie der Landkreis Oberspreewald-Lausitz mitteilt. Damit solle vermieden werden, dass ein Träger des Virus gesunde Personen im Wartebereich ansteckt.
Kann bei Ansteckungsverdacht der Notruf gewählt werden?
Nein, Gesundheitsministerin Nonnemacher und die KVBB appellieren mit Nachdruck an die Brandenburger, nicht die Notrufnummern 110 und 112 wegen Corona-Fragen zu blockieren. „Nicht jeder Husten ist gleich ein medizinischer Ernstfall“, so Nonnemacher. Die Notrufnummern seien für Menschen mit lebensbedrohlichen Erkrankungen gedacht. Bei Fragen rund um das Coronavirus empfehle es sich, zunächst im Internet, etwa auf der Seite des Robert Koch-Instituts www.rki.de Informationen einzuholen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben unter www.116117.de Erklärvideos und die wichtigsten Fragen und Antworten zum Virus zusammengestellt. Die KVBB bietet zudem bei begründeten Verdachtsfällen Auskunft unter der Nummer 116117, wenn der Hausarzt nicht zu erreichen ist. Auch das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit hat unter 0331 8683-777 ein Bürgertelefon eingerichtet.
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