Ernteausfälle in Brandenburg: Bauern in der Mark droht der Totalausfall
Die Dürre sorgt auch beim Mais für große Ernteausfälle. Das Landwirtschaftsministerium bereitet Hilfen für betroffene Bauern vor.
Potsdam - Mike Schmidt hat aufgehört, auf Regen zu hoffen. „Das ist vorbei, das bringt nichts mehr“, sagt der Vorsitzende des Landwirtschaftsbetriebs „agro Saarmund“ südlich von Potsdam. Wie so viele Landwirte in Brandenburg verzweifelt er an der anhaltenden Dürre. Bei Getreide und Raps musste er bereits ein Drittel Ernteausfälle verkraften, nun habe es auch den Mais erwischt, mit dem er und seine 60 Mitarbeiter eigentlich die Tiere im Winter füttern müssten. „Der Mais steht nur hüfthoch und wächst nicht mehr“, sagt Schmidt, der insgesamt 3600 Hektar Land bewirtschaftet. Normalerweise, so Schmidt, stehe sein Mais bei drei Metern. „Es ist nur noch zum Heulen.“
„Alle Bauern leiden derzeit“, sagt Thorsten Mohr, Referent für Acker- und Pflanzenbau in der brandenburgischen Landesgeschäftsstelle des Bauernverbands. „Allein beim Getreide erwarteten wir, vorsichtig gerechnet, 100 Millionen Euro Verlust“, sagt Mohr. Er rechnet damit, dass eine „zweistellige Zahl“ der 5000 Bauern im Land durch die Folgen der Trockenheit sogar vor dem Aus steht. „In Südbrandenburg erwägen viele Betriebe, ihre Schlacht- und Milchkühe zu verkaufen, weil sie sie nicht mehr füttern können“, sagt Mohr. Weil das die Fleischpreise aber in den Keller treibe und laufende Einnahmen der Milchproduktion wegfallen würden, müssten die Bauern weitere Verluste verkraften – ein Teufelskreis.
Ernteausfälle von bis zu 50 Prozent: Bauern schlagen Alarm
Angesichts von Ernteausfällen bis zu 50 Prozent hatte der Deutsche Bauernverband bereits in der vergangenen Woche von Bund und Ländern Finanzhilfen gefordert. Doch selbst die würden viele Landwirte nicht erreichen, befürchtet Mohr: „Der Verwaltungsaufwand für die Bauern ist so groß, dass sie es oft direkt lassen.“ Tatsächlich müssen Betriebe 30 Prozent Einkommenseinbuße nachweisen, um an die Hilfsgelder zu kommen. Im vergangenen Jahr hatte das Land nach Überflutungen 20 Millionen Euro für geschädigte Landwirte zur Verfügung gestellt. Dem Landwirtschaftsministerium zufolge wurden jedoch nur 15 Millionen Euro beantragt, die Auszahlung läuft noch. „Wenn es Geld gibt, dann kommt es zu spät“, sagt Mohr. Dass der Staat jedes Jahr die Bauern retten müsse, könne aber auch nicht sein, gibt er zu und fordert von der Politik bessere Rahmenbedingungen: „Es ist leichter, ein Kohlekraftwerk in der Lausitz zu bauen, als die Genehmigung für eine landwirtschaftliche Bewässerung zu erhalten“.
Langfristig bessere Rahmenbedingungen fordert derweil auch der agrarpolitische Sprecher der Brandenburger CDU, Andreas Gliese: „Damit wäre den Bauern mehr geholfen, als bei jedem Ernteausfall auf die finanzielle Gnade der Landesregierung hoffen zu müssen.“ Für die aktuelle Krise fordert Gliese schnelle und unbürokratische Hilfen vom Land. Auch Thomas Domres, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken im Brandenburger Landtag, setzt sich für „schnelle und wirksame“ Hilfen ein.
Thomas Domres (Linke) will dagegen, dass sich alle Beteiligten „an einen Tisch setzen und über mögliche Hilfsmaßnahmen beraten“. Möglich seien ein Aufschub der Steuerzahlungen und zinsgünstige Darlehen.
Schnelle Hilfe für Bauern? „Die Verwaltungsmaschinerie muss erst einmal laufen"
Tatsächlich bereitet man sich im Landwirtschaftsministerium in Potsdam bereits auf eigene Hilfen vor. Sollte der Bund die Dürre nicht als nationalen Notstand werten, würde man voraussichtlich einspringen, kündigt die zuständige Referatsleiterin im Ministerium, Birgit Korth, an. „Dafür müssen wir aber die Ernteermittlung abwarten und sehen, wie groß die Einbußen der Bauern wirklich sind“, sagt Korth den PNN. Belastbare Zahlen erwartet sie im August. Weil für Nothilfen noch keine Gelder bereitstehen, rechnet Korth, dass die Auszahlung wohl erst im Jahr 2019 erfolgen „Die Verwaltungsmaschinerie muss erst einmal laufen“, gibt sie zu. Dass die Lage für die Bauern indes ernst ist, habe man aber im Ministerium erkannt. „Wenn jetzt noch der Mais ausfällt, haben wir eine Katastrophe“, sagt Korth.
Zumindest bei Mike Schmidt in Saarmund ist dieses Szenario bereits eingetreten. Selbst wenn es, wie prognostiziert, in den kommenden Tagen regnen sollte, wird sein Mais nicht mehr wachsen. Bis zu zwei Drittel weniger Ertrag als im letzten Jahr befürchtet er. „Vielleicht lassen wir die Tiere im Herbst länger auf der Weide, denn wo soll ich denn da Futter aufkaufen?“, sagt er und klingt bedrückt. Er hofft auf finanzielle Hilfen – egal woher. „Letztes Jahr sind wir noch mit einem blauen Auge davongekommen. Dieses Mal hat es uns voll erwischt.“
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