Kreisreform-Kampagne: Auch Potsdam prüft Geldbuße gegen Schröter
Flyer-Affäre des Innenministers: Jakobs kündigt Verfahren an, wenn Beschwerden vorliegen. Auch der Rechnungshof äußert Bedenken.
Potsdam - In der Flyer-Affäre des brandenburgischen Innenministeriums schließt der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam, Jann Jakobs (SPD), ein Verfahren samt Geldbuße gegen das von seinem Parteigenossen Karl-Heinz Schröter geführte Innenministerium nicht aus. Das Ministerium hatte Mitte Juni Hochglanzflyer zur Kreisreform in einer Auflage von 300 000 Stück im Land verteilen lassen. Nach wenigen Tagen war die Aktion gestoppt, 600 000 Stück liegen auf Eis, weil das Impressum fehlt. Das verstößt gegen das brandenburgische Pressegesetz. Demnach ist ein fehlendes Impressum bei Druckwerken eine Ordnungswidrigkeit, zuständig für die Ahndung sind die Oberbürgermeister der vier kreisfreien Städte und die Landräte in den Landkreisen. Das Gesetz sieht Geldbußen von bis zu 25 000 Euro vor.
„Uns liegen Hinweise vor, dass diese Flyer auch in Potsdam verteilt worden sind“, sagte Jakobs, der auch Präsident des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg ist, am Donnerstag den PNN. „Wir werden tätig, wenn uns dazu Beschwerden oder Anzeigen vorliegen. Dann werden wir als Stadt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eröffnen.“ Bislang lägen aber noch keine Beschwerden oder Anzeigen vor. Potsdam ist als einzige der vier kreisfreien Städte nicht von der Reform betroffen und soll eigenständig bleiben.
Rathaus in Frankfurt (Oder) setzt auf die inhaltliche Auseinandersetzung „mit der Reformwut der Landesregierung“
Wie berichtet prüft auch das Rathaus in Cottbus, ob es gegen Brandenburgs Innenministerium eine Geldbuße verhängt. Die Stadtspitze setzt aber eher auf politische Einsicht beim Innenminister und fordert den Rückzug der Reformpläne. Das Rathaus in Frankfurt (Oder) setzt auf die inhaltliche Auseinandersetzung „mit der Reformwut der Landesregierung“.
Insgesamt hatte das Innenministerium in diesem Jahr für die Regierungsreklame zur Kreisreform statt im Haushalt vorgesehener 20 000 Euro nun 190 000 Euro für die Flyer und einen umstrittenen Radiospot ausgegeben. Ein Ministeriumssprecher erklärte auf PNN-Anfrage: Die „erhöhten Aufwendungen für zusätzlich gewünschte Maßnahmen der Bürgerinformation“ waren beim Beschließen des Landeshaushalts – also im Dezember 2016 – „noch nicht absehbar“. Daher sei der Haushaltsposten aus eigenen Mitteln des Innenministeriums im Haushaltsvollzug verstärkt worden.
Bedenken wegen steigender Kosten der Kreisreform-Kampagne
Für die Öffentlichkeitsarbeit zu den Reformplänen waren im Landeshaushalt für die Jahre 2015 bis 2017 Ausgaben in Höhe von 100 000 Euro vorgesehen. Insgesamt liegt das Innenministerium bereits bei 329 000 Euro, nach kompletter Abrechnung läuft die Summe auf 400 000 Euro hinaus. Schon 2015 wurden statt geplanter 60 000 dann 108 000 Euro ausgegeben. Eine solche öffentlichkeitswirksame Maßnahme habe die Landesregierung während früherer Gesetzgebungsverfahren im Landtag nicht ergriffen, hieß es.
Der Landtag muss zwar erst informiert werden, wenn die Landesregierung einen Haushaltsposten um fünf Millionen Euro überschreitet. Und das Innenministerium darf innerhalb des Verwaltungsbudgets, in dem sich der Posten zur Kreisreform-Kampagne findet, rangieren und auf die Rücklage zugreifen. Dennoch äußerte der Landesrechnungshof auf PNN-Anfrage wegen der steigenden Ausgaben für die Kreisreform-Kampagne am Donnerstag grundsätzliche Bedenken. „Durch die Einrichtung des Verwaltungsbudgets und durch die vielfältigen gegenseitigen Deckungsmöglichkeiten wird die Steuerungs- und Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Landesregierung allerdings zwangsläufig eingeschränkt“, erklärte der Landesrechnungshof. „Die haushaltsrechtliche Entscheidungsbefugnis verlagert sich damit zunehmend auf die Exekutive.“ Bereits Anfang Juli hatte der Rechnungshof gemahnt, die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gelten auch für die Ausgaben der Öffentlichkeitsarbeit, sie müssten angemessen sein. Zudem „sollte der Informationsgehalt im Vordergrund stehen, reine Effekthascherei ist zu vermeiden“. Genau die aber war dem Innenminister von Opposition sowie Städte- und Gemeindebund vorgeworfen worden.
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