Kabinett bestätigt Personalie: Andreas Behm neuer Generalstaatsanwalt
Nun ist es offiziell vom Kabinett bestätigt: Andreas Behm wird neuer Generalstaatsanwalt in Brandenburg. Aber nicht nur diese Justizpersonalie sorgt im Landtag für Debatten.
Potsdam - Zwei Justizpersonalien sorgen in Brandenburg für politischen Zündstoff. Sowohl die Ernennung des SPD-nahen, früheren Berliner Leitenden Oberstaatsanwalts Andreas Behm zum neuen Generalstaatsanwalt in Brandenburg als auch der Vorschlag von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), den früheren Präsidenten des Landesverfassungsgerichts, den Sozialdemokraten Jes Möller, zum Richter am Bundesverfassungsgericht zu berufen, haben bei der Opposition heftige Kritik hervorgerufen. Wenn auch aus unterschiedlichen Lagern und Beweggründen.
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Wie die PNN am Sonntag berichteten, wird der 61-jährige Andreas Behm zum 1. Juni neuer Chefankläger in der Mark. Am Dienstag segnete das Kabinett in Potsdam den Personalvorschlag von Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) ab – die vor ihrer Ernennung zur Ministerin im Woidke-Kabinett vergangenen November für wenige Monate Generalstaatsanwältin war. Die als versierte Juristin geltende Hoffmann hatte sich noch unter Rot-Rot gegen den Widerstand der SPD mit ihrer Bewerbung für das Chefanklägeramt durchgesetzt und war die erste Frau in Brandenburg in dieser Position. Der unterlegene Bewerber war seinerzeit Andreas Behm. Nun, in der neuen rot-schwarz-grünen Kenia-Koalition, stellt sich auch die CDU hinter den aus Schleswig-Holstein stammenden Behm und verteidigt ihn gegen Kritik, die aus seiner Zeit in Berlin resultiert. „Als ehemaliger Leiter der Staatsanwaltschaft Berlin und damit der größten Anklagebehörde in Deutschland verfügt Andreas Behm über große Fachkunde und Expertise für das Amt des Generalstaatsanwalts des Landes Brandenburg“, so Hoffmann.
Pannen in Berlin
Behm werden wie berichtet eine Reihe von Justizpannen zur Last gelegt, etwa bei der Razzia im Großbordell Artemis 2016. Kurz danach sprach Behm von Vorwürfen zu organisierter Kriminalität, Ausbeutung und Gewaltanwendung. Das Berliner Landgericht entschied später, ein Hauptverfahren gar nicht erst zu eröffnen – zu dünn sei die Anklageschrift. Nachdem die Staatsanwaltschaft bei Ermittlungen zu Schrottimmobilien 2014 die Kanzlei des CDU-Abgeordneten Michael Braun durchsuchen ließ, musste Behm einräumen, die Aufhebung der Immunität nicht beantragt zu haben. Ebenfalls 2014 ließ Behm den Rapper Bushido wegen Beleidigung des damaligen Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) im Hass-Song „Stress ohne Grund“ gegen den Rat der Fachleute anklagen. Das Landgericht wies die Anklage ab: Der Songtext sei von der Kunstfreiheit gedeckt.
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Linke hält Behm für ungeeignet
„Brandenburg wäre gut beraten, wenn wir einen anderen Kandidaten finden“, sagte der Fraktionschef der Linken, Sebastian Walter, am Dienstag vor der offiziellen Absegnung der Personalie durch das Kabinett. Er habe – aufgrund der ihm vorgeworfenen Berliner Pannen – Zweifel, ob Behm für den Posten geeignet sei. Der frühere Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg – der 2018 verstarb und über Brandenburg hinaus einen sehr guten Ruf genoss – habe sich trotz SPD-Parteibuchs dafür eingesetzt, dass die Stelle des Generalstaatsanwalts nicht politisch besetzt werden dürfe. Bei der Ernennung Behms sehe er nun aber „politische Verstrickungen“, so Walter. Die Linke hatte sich damals gegenüber dem Koalitionspartner SPD ungeachtet deren Parteibuchs für Susanne Hoffmann als Generalstaatsanwältin eingesetzt. Allerdings war es ebenfalls die Linke, die ab 2009 zehn Jahre lang das Justizministerium innehatte, die den nun kritisierten Behm 2016 nach Brandenburg holte: 2016, mit 57 Jahren, wurde Behm im Brandenburger Justizministerium Abteilungsleiter für den Strafvollzug, inzwischen auch für Strafrecht und soziale Dienste. „Eine Ausschreibung hat stattgefunden und das Ergebnis gilt es zu akzeptieren und nicht zu kritisieren“, sagte der Chef der CDU-Landtagsfraktion Jan Redmann, der selbst Jurist ist. Er sei sich sicher, dass die Berliner Pannen intern ausgewertet worden seien und man „aus solchen Sachen lernen“ könne.
Behm leitete Deutschlands größtes Gefängnis
SPD-Fraktionschef Erik Stohn, ebenfalls Jurist, hatte Behm bereits am Sonntag gelobt. Er genießt hohes Ansehen in der Brandenburger Justiz und sei ein Experte mit gutem Ruf, so Stohn. „In Brandenburg hat er gute Arbeit geleistet.“ Vor seinem Wechsel nach Brandenburg war Behm von 2006 bis 2016 Chef der Berliner Staatsanwaltschaft. Zuvor leitete er das größte Gefängnis Deutschlands, die als „Santa Fu“ bekannte“ Justizvollzugsanstalt Hamburg Fuhlsbüttel.
Keine Frau bewarb sich
Die Grünen, kleinster Partner im Kenia-Bündnis, kommentieren die Personalie Behm mit Schweigen. Auf Anfrage will sich die Fraktionsspitze nicht zu der Ernennung des Berliners äußern – zu der es gar keine Alternative gab. Einen anderen geeigneten Bewerber gab es nicht. Die Ausschreibung musste laut Gleichstellungsgesetz sogar wiederholt werden, weil sich im ersten Anlauf keine Frau beworben hatte. Doch auch in der zweiten Runde hatte nach PNN-Informationen keine weibliche Kandidatin ihre Bewerbung eingereicht. Die AfD-Fraktion kündigte an, Nachfragen im Rechtsausschuss des Landtags zu der Ernennung Behms stellen zu wollen.
Freie Wähler kritisieren Jes Möller
Ebenfalls für Debatten im Landtag sorgt eine weitere Justizpersonalie: Wie berichtet könnte Jes Möller als erster Ostdeutscher Richter am Bundesverfassungsgericht werden. Daran reiben sich die Freien Wähler in Brandenburg. Aus folgendem Grund: Möller hatte als Chef des Landesverfassungsgerichts 2012 das rückwirkende Abkassieren für zu DDR-Zeiten erstelle Wasseranschlüsse für rechtens erklärt hatte. Die Altanschließerproblematik ist ein Dauerstreitthema in Brandenburg. Die Freien Wähler hatten sich für die Altanschließer eingesetzt.
Das Bundesverfassungsgericht – ausgerechnet jene Kammer, die Möller nun übernehmen könnte, hatte das Potsdamer Urteil seinerzeit kassiert. Mit seinen Äußerungen nach diesem Entscheid habe sich Möller disqualifiziert, sagte der Fraktionsvorsitzende von BVB/Freie Wähler, der Jurist Péter Vida, am Dienstag. Möllers Worte seien „ein Schlag ins Gesicht vieler Ostdeutscher gewesen“. Möller hatte seinerzeit gegenüber dieser Zeitung erklärt, dass er die Entscheidung zu den Altanschließern noch einmal genau so fällen würde. „Es gibt keinen Grundsatz, dass Karlsruhe immer Recht hat. Im Bundesverfassungsgerichtsgesetz steht nicht: Das Bundesverfassungsgericht ist nie zu hinterfragen und hat immer das letzte Wort“, sagte der SPD-Kandidat für Karlsruhe.