Erste Pressekonferenz nach der Wahl: AfD-Frau steigt in den Parlamentsring
Marianne Spring-Räumschüssel von der AfD eröffnet am Mittwoch als Alterspräsidentin die konstituierende Sitzung des Landtags. Auch Weiteres bereitet den anderen Fraktionen Unbehagen.
Potsdam - Die Boxhandschuhe hat sie zu Hause gelassen. Das Plakat aus dem Landtagswahlkampf von Marianne Spring-Räumschüssel, das die 73-Jährige mit gepolsterten Fäustlingen unter dem AfD-Slogan „Wende 2.0“ zeigt, hat es zu einiger Berühmtheit gebracht. Satiriker Jan Böhmermann zeigte das Bild der boxenden Politikerin, um dessen verunglimpfende Verwendung sie sich in Cottbus einen Rechtsstreit mit SPD und Grünen lieferte, in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“.
Nun, einen Tag vor ihrer wichtigen Rede im Landtag, gibt sich Spring-Räumschüssel friedfertig. „Ganz moderat“ werde sie auftreten und „schöne Themen spielen“, kündigt die gebürtige Gubenerin an, die am Mittwoch als Alterspräsidentin die konstituierende Sitzung des Brandenburger Landtags eröffnet. Sie werde vorab nichts verraten zum Inhalt ihrer Rede. „Lassen Sie sich überraschen“, sagt die Cottbuser AfD-Fraktionsvorsitzende am Dienstag bei ihrer Vorstellung vor Journalisten während der Fraktionspressekonferenz der AfD.
Sie trat wegen der Eurokrise in die AfD ein
Es ist die erste Pressekonferenz der AfD nach der Landtagswahl vor dreieinhalb Wochen, bei der die Rechtspopulisten um Partei- und Fraktionschef Andreas Kalbitz 23,5 Prozent holten und nur knapp von der Woidke-SPD überholt wurde. Marianne Spring-Räumschüssel, die auch bei Demos des fremdenfeindlichen Vereins „Zukunft Heimat“ als Rednerin auftrat und im Wahlkreis Cottbus 1 Kulturministerin Martina Münch (SPD) das Direktmandat abnahm, ist eine von 23 Abgeordneten der AfD im neuen Landtag.
Wegen der Eurokrise sei sie 2013 in die AfD eingetreten, erklärt die gelernte Industriekauffrau, die früher Mitglied bei FDP und CDU war. Bei ihrem ersten Auftritt in der Landespressekonferenz trägt sie passenderweise ein Outfit in Gelb und Schwarz zu signalrot lackierten, langen Fingernägeln, die den Blick fast so auf ihre Hände lenken als trüge sie die berühmten Boxhandschuhe. „Ich bin eine ganz echte Brandenburgerin, ein Kind der Lausitz“, sagt sie und wiegt ihren mahagonirot gefärbten Pagenkopf. „Ich bin eine sehr politische Frau, habe einen ordentlichen Beruf“, fährt sie fort. Und durch die Kommunalpolitik sei sie sehr geerdet.
Zahm bei der ersten Pressekonferenz nach der Wahl
Nur beruhigende Worte vor der Überraschungsrede heute? Nein, ein Eklat ist nicht zu erwarten, zu zahm gibt sich auch Fraktionschef Andreas Kalbitz bei dieser ersten Pressekonferenz nach der Wahl. „Konstruktiv und sachbezogen“ wolle die AfD auftreten, sagt der Rechtsaußen mit selbstzufriedenem Lächeln. Schließlich weiß er genau, dass er gar nichts weiter machen muss – die anderen Fraktionen befassen sich am Tag vor der Landtagskonstituierung auch ganz ohne sein Zutun mit ihm und den Seinen. Denn die Gretchenfrage „Wie hältst du’s mit der AfD?“ bestimmte am Dienstag die Sitzungen der anderen Fraktionen.
Daran, dass mit Spring-Räumschüssel wie fünf Jahre zuvor mit Alexander Gauland ein AfD-Mitglied die Landtagssitzung eröffnet, können die Abgeordneten der anderen Parteien nichts ändern, das gibt die Verfassung vor. Aber es gibt andere Posten, die es anders als den Alterspräsidenten zu wählen gilt. Die SPD hat Ulrike Liedtke für das Amt der Landtagspräsidentin vorgeschlagen, die CDU Barbara Richstein als Vizepräsidentin. Die Wahl der beiden gilt als sicher, beide erhalten Zustimmung aus allen Fraktionen.
Linke will Anti-AfD-Aktion starten
Aber: Als Vize-Landtagspräsident schlägt die AfD, was ihr als zweitstärkster Fraktion zusteht, ihren parlamentarischen Geschäftsführer Andreas Galau vor. Für die Linksfraktion, die Galau als einzige der anderen Fraktionen am Dienstag gar nicht erst zu einer Vorstellungsrunde einlud, steht fest: Keiner ihrer Abgeordneten wird Galau wählen. Unter anderem habe er seine frühere Mitgliedschaft bei den zeitweise vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Republikanern verheimlicht, erläutert Linke-Fraktionschef Sebastian Walter die Beweggründe. Damit nicht genug: Vor der konstituierenden Sitzung am Mittwochmorgen will die Linke gemeinsam mit Vereinen und Verbänden vor dem Landtag eine Anti-AfD-Aktion starten und ein Banner hissen – als Zeichen, dass es nicht jeder für eine Normalität halte, dass die AfD im Parlament sitze, so Walter.
Auch für die Freien Wähler – die nach der Aufnahme von Kenia-Koalitionsgesprächen neben AfD und Linke die neue Opposition bilden – steht fest: Eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten und Zustimmung für AfD-Anträge wird es nicht geben. „Das hat es nicht gegeben und das wird es nicht geben“, sagt Fraktionschef Péter Vida. Für Galau gebe es entsprechend keine Stimmempfehlung.
Kategorische Ablehnung auch bei der SPD
SPD-Fraktionschef Mike Bischoff lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD ebenfalls kategorisch ab und wirft ihr Rechtsradikalismus vor. „Das ist eine NPD in Blau“, sagte Bischoff am Dienstag. „Wir werden keinerlei Initiativen der AfD unterstützen.“ Seine Fraktion werde Galau wie auch andere AfD-Kandidaten für solche Posten nicht mit Ja-Stimmen unterstützen. Einige Abgeordnete seien noch unschlüssig, ob sie sich bei der geheimen Wahl enthielten oder ihn ablehnten.
Ein ähnliches Stimmungsbild gibt es bei den Grünen. Ja-Stimmen für Galau werde es nicht geben, möglicherweise aber Enthaltungen, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Axel Vogel und Ursula Nonnemacher. Sie vermisse von der Brandenburger AfD eine klare Abgrenzung zum Rechtsextremismus, so Nonnemacher. Bischoff liege mit seinem NPD-Vergleich „in der Sache nicht so falsch“.
CDU will Wahl von Andreas Galau nicht verhindern
Die CDU hingegen will im Umgang mit der AfD differenzierter vorgehen. Einen Kandidaten nur deshalb abzulehnen, weil er von der AfD komme, sei mit der Landesverfassung nicht vereinbar, so CDU-Fraktionschef Jan Redmann. Die CDU-Fraktion werde die Wahl Galaus deshalb nicht verhindern, der am Dienstag erklärte, als Vizepräsident strikte parteipolitische Neutralität walten lassen zu wollen. Anders verhalte es sich bei Daniel Freiherr von Lützow aus Blankenfelde-Mahlow, den die AfD neben Steffen Kubitzki für das Landtagspräsidium vorschlagen will. „Es steht für uns außer Frage, dass es sich bei Herrn von Lützow um einen Rechtsextremisten handelt“, so Redmann. Deswegen würden die CDU-Abgeordneten bei dieser Personalie mit Nein stimmen.
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