Garnisonkirche in Potsdam: Baustart für die Garnisonkirche
Lautstarke Proteste überschatten feierlichen Gottesdienst. Die Polizei nimmt Personalien einiger Wiederaufbaugegner auf. Altbischof Huber hebt die Versöhnung als Ziel des Wiederaufbaus hervor.
Potsdam - Mit einem Gottesdienst ist am Sonntagnachmittag der Baustart für den Turm der Garnisonkirche gefeiert worden. Überschattet wurde die Veranstaltung mit rund 350 Teilnehmern, darunter prominente Gäste wie Brandenburgs früherer Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der ehemalige Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), von lautstarken Protesten durch bis zu 75 Gegner des Wiederaufbaus.
Zwar hatte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und frühere Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP) zum Auftakt an die Gegner die Bitte, den Gottesdienst in Ruhe beginnen zu können. Die lauten Proteste rissen aber nicht ab. Die Polizei musste mehrfach einschreiten und erteilte drei Personen Platzverweise wegen Störung der Religionsausübung. In der Nacht zu Sonntag hatten Unbekannte – nach Ansicht von Stiftungsvertretern offenbar aus dem Rechenzentrum – mehrere Stinkbomben gegen die Nagelkreuzkapelle geworfen.
Altbischof Wolfgang Huber, der auch Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Garnisonkirche ist, rief zum Dialog auf, sagte aber, Störrufe und Gebrüll seien keine Form der friedlichen Auseinandersetzung. „Durch Trillerpfeifen wird nicht argumentiert, durch Geschrei auch nicht“, sagte Huber in seiner Predigt auf der Baustelle. Er verteidigte zugleich das Projekt: „Der Turm soll etwas werden, was er noch nie war – ein weithin wahrnehmbarer Ort des Friedens und der Versöhnung soll hier entstehen.“ Der Turm solle wieder ein architektonisches Zeichen in der Stadtlandschaft werden, aber auch ein Ort sein, an dem Verantwortung für gelebte Vielfalt in einem demokratischen Gemeinwesen gelernt werde.
In dem knapp 90 Meter hohen Turm will die Nagelkreuzgemeinde ihre internationale Versöhnungsarbeit etablieren. Kritiker bezweifeln, dass im neuen Garnisonkirchturm ein Lernort entstehen könne. Der im Krieg schwer zerstörte Turm war 1968 auf Geheiß der DDR-Führung gesprengt worden. Die Kritik mehrerer Initiativen und Stiftungen auch von evangelischen Christen entzündet sich an der Geschichte des Baus als Stätte des preußischen Militarismus und am „Tag von Potsdam“. Im März 1933 hatte Reichspräsident Paul von Hindenburg dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler bei der Inszenierung der Reichstagseröffnung 1933 vor der Kirche die Hand gegeben. Der Tag gilt als Symbol dafür, wie den Nationalsozialisten bei der Machtergreifung der Weg geebnet worden war.
„Wir wissen, dass die Garnisonkirche in die unheilvolle Geschichte unseres Landes nicht nur an einem einzelnen Tag verwickelt war“, sagte Altbischof Huber. „Eben darum wollen wir an diesem Ort Geschichte kritisch erinnern.“ Die Kirche sei zu einem „symbolischen Ort für die Vorbereitung einer unvergleichlichen Gewaltherrschaft“ geworden. „Wo sollten wir die Notwendigkeit des Friedens erkennen, wenn nicht hier“, mahnte Huber.
Es sei „schwer erträglich, dass ein Gottesdienst gestört wird“, sagte der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) bei dem kleinen Bauauftakt-Fest im Anschluss. Das Bauprojekt sei „mehr als Stadtreparatur“, sagte Jakobs: „Die Stiftung will die Zukunft gestalten in einem friedlichen Europa, dafür baut sie die Potsdamer Garnisonkirche wieder auf.“
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