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Matthias Klipp steht wieder in der Kritik.
© M. Thomas

Ärger um privaten Hausbau von Potsdams Baudezernenten: Bauaufsicht prüft Klipps Akte

Das Haus in Potsdam von Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) ist größer als eigentlich vorgesehen. Es hagelte Kritik. Doch Klipp hat eine Erklärung parat.

Potsdam - Jetzt ist es offiziell: Die Oberste Bauaufsicht des Landes soll die Akte über den privaten Hausbau von Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) und die Umstände prüfen, unter denen die Baugenehmigung erteilt wurde. Am gestrigen Donnerstag wurden die Bauunterlagen aus dem Rathaus an die Landesbehörde übergeben, bestätigte Steffen Streu, Sprecher des Bauministeriums, den PNN.

Den offenen Fragen der Stadtverordneten im Hauptausschuss am Mittwochabend hatte sich Klipp nicht gestellt. Als es im nicht öffentlichen Teil um den Fall ging, zog er sich wegen Befangenheit zurück. Die Ausschussmitglieder bekamen Antworten der Bauverwaltung auf ihren Fragenkatalog zu Klipps Hausbau vorgelegt. Die Politiker wollten vor allem Vergleichsmöglichkeiten haben, also Fakten zu Bauanträgen, etwa wie oft und auf welcher Grundlage Bauherren von den Vorgaben eines Bebauungsplans befreit werden. Schließlich hatte die Baubehörde erklärt, dass in fünf bis neun Prozent der Bauanträge eine Befreiung erteilt wird. Offenbar hatte die Baubehörde nur geschätzt. Denn nun erklärte sie, dass die Daten nicht separat erfasst würden und nur aufwendig von Hand zusammengetragen werden könnten.

Klipp verbreitet eine Erklärung des Architekten

Grünen-Fraktionschef Peter Schüler nannte die Antworten der Verwaltung „nicht befriedigend“. „Die interessantesten Fragen wurden nicht beantwortet, nämlich wie viele mit Klipp vergleichbare Fälle im Einfamilienhausbau es pro Jahr gibt“, erklärte Schüler. „Nach meiner Meinung hätte es aber gar keine Befreiung von den B-Plan-Vorgaben geben dürfen, denn unter anderem ist nicht erkennbar, dass die Interessen der Nachbarn berücksichtigt wurden. Wir als Grüne beobachten den ganzen Fall mit großer Sorge.“ SPD-Fraktionsvize Pete Heuer nannte es verwunderlich, „wenn die Baubehörde einerseits sofort Zahlen nennen kann, wie häufig sie in etwa Befreiungen von B-Plan- Vorgaben erteilt und dann aber plötzlich erklärt, es gebe gar keine Erhebungen“.

Für zusätzliche Verwirrung sorgten am Donnerstag mehrere von Klipp verbreitete Erklärungen, darunter eine eidesstattliche Versicherung und eine Erklärung seines Architekten. Die darin enthaltenen Zahlen stehen allerdings zum Teil im Widerspruch zueinander.

Neun Quadratmeter zu groß

Zum Hintergrund: Klipps Privathaus ist 169 Quadratmeter groß. Nach den Vorgaben des B-Plans hätte es aber nur 160 Quadratmeter groß sein dürfen, wie auch die Bauverwaltung auf Basis der Grundbucheinträge einräumt. Sie hatte auch bestätigt, dass Klipps Haus damit neun Quadratmeter zu groß sei. Der Baudezernent hatte zuvor nur davon gesprochen, dass sein Haus fünf Quadratmeter zu groß sei. Er erklärte die Abweichung gestern gegenüber den PNN mit praxisgängigen Abrundungen bei der sogenannten Grundflächenzahl im B-Plan. Diese sieht vor, dass die Grundfläche des Hauses nur 15 Prozent des Grundstücks einnehmen darf. Weil Klipp – nach eigenen Angaben irrtümlich – mit 1102 Quadratmetern rechnete, hätte sein Haus nur 165 Quadratmeter groß sein dürfen. Ohne den Irrtum – ein Stück Straßenland von 37 Quadratmetern, das nicht hätte in die Berechnung einfließen dürfen – sind es nur 160 Quadratmeter. Der Fehler war der Bauaufsicht aufgefallen, sie stellte aber am 24. März 2014 – wie später auch erteilt – eine Befreiung von den B-Plan-Vorgaben in Aussicht und verlangte neue Unterlagen. Klipps Architekt reichte, wie er nun erklärte, eine „berichtigte“ Berechnung der GRZ ein. Demnach war Klipps Grundstück zu 15,9 Prozent bebaut, das Haus 5,7 Prozent zu groß. Per Baugenehmigung legalisierte die Bauaufsicht das am 1. April. Laut Architekt und Klipp wäre eine Änderung der Baupläne wegen der „geringfügigen Überschreitung“ unverhältnismäßig gewesen.

Recht, was jedem anderen Bauherrn zusteht

Jene Zahlen nennt auch Klipp in seiner eidesstattlichen Versicherung, ebenso die Grundstücksgrößen, mit denen bislang, auch von der Bauverwaltung, gerechnet wurde: erst 1102 Quadratmeter, dann nach Abzug des Straßenlandes 1065 Quadratmeter. Gestern brachten Klipp und sein Architekt ganz neue Flächengrößen ins Spiel, von denen bislang gar keine Rede war, auch nicht aus der Bauaufsicht. Demnach sei das Grundstück laut amtlichem Lageplan, der maßgeblich sei, 1119 Quadratmeter groß, also ein weitaus größerer Hausbau möglich gewesen. Mit dieser Grundstücksgröße sei der Hausbau beantragt worden. Tatsächlich aber beruht die von dem Architekten dann nachträglich, auf Anforderung der Bauaufsicht berichtigte GRZ – also 15,9 Prozent Bebauung – auf einer Grundstücksgröße von 1065 Quadratmetern, wie auch Klipp am Donnerstag bestätigte. Für das Bauamt galten demnach die Daten des Grundbuchs.

Zum Vorwurf, er habe von Beginn an zu groß geplant, sagte er: Hätte er dies tun wollen, hätte er die von der Bauaufsicht in der Regel bei Baugenehmigungen tolerierte Abweichung der Hausgröße von zehn Prozent voll ausgereizt. Er habe, unabhängig von seinem Amt, für sich das Recht in Anspruch genommen, das jedem anderen privaten Bauherrn in Potsdam auch zusteht. 

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