Seesportclub kämpft um seine Zukunft: Aussitzen am Tiefen See
Der Konflikt um die Zukunft des Seesportclubs spitzt sich zu. Eine Ersatzstätte für den Verein hat die Stadt nicht gefunden. Und keine andere Lösung für die Zukunft des Clubs parat.
Babelsberg - Im Ringen um die Zukunft des Potsdamer Seesportclubs verhärten sich die Fronten zwischen Verein, Schlösserstiftung und Stadtverwaltung zusehends, drohen sogar juristische Auseinandersetzungen. Denn die Stiftung besteht darauf, dass der Club das Gelände am Park Babelsberg zum Ende des Jahres verlässt – weil dann der Pachtvertrag endet. Doch eine Alternative für den Verein ist nicht in Sicht, daher versucht dieser sich nun zu wehren. Und im Rathaus, das den Streit befrieden könnte, hebt man die Hände, verweist auf fehlendes Geld.
Die Gemengelage ist komplex: Die Stiftung will einen Flächentausch mit der Stadt. Dabei soll das benachbarte Strandbad Babelsberg auf das dann leer stehende Club-Areal am Tiefen See ziehen. Auf dem jetzt noch kommunalen Bad-Gelände soll wieder ein historischer Rundweg für den Welterbepark Babelsberg angelegt werden. Auf diesen Grundstückstausch hatten sich beide Seiten schon vor mehr als zehn Jahren geeinigt.
Streit um den Seesportclub: 20 Jahre haben nicht genügt
Die Schlösserstiftung hatte das Areal des Segelsportvereins vertragsgemäß 20 Jahre lang kostenfrei zur Verfügung gestellt – ohne Verlängerungsoption. Daher sieht man sich nun nicht in der Pflicht, noch länger zu warten, wie Stiftungssprecher Frank Kallensee auf PNN-Anfrage deutlich machte: „Man hatte 20 Jahre Zeit, sich auf diese Situation einzustellen.“ Die Stiftung habe ihren Teil des Vertrags erfüllt – man gehe davon aus, dass der Seesportclub dies ebenfalls tue. Intern wird nach PNN-Informationen in der Stiftung sogar eine Räumung erwogen, sollte der Verein nicht umziehen wollen.
Doch im Seesportclub sieht man kaum eine Chance, überhaupt umzuziehen. „Eine vorsichtige Schätzung der Räumungskosten – allein der Sportgeräte – ergibt bereits einen mittleren fünfstelligen Betrag“, sagte Vereinschef Detlef von Jagow den PNN. Eine Lagerungsmöglichkeit sei ebenso bisher nicht bekannt. Aus Sicht des Vereins stehen nun vor allem die Stadt und das Land in der Pflicht, gemäß Sportfördergesetz eine Ersatzanlage zu schaffen – oder den Standort, gegebenenfalls mit anderem Zuschnitt, doch noch zu erhalten. „Doch hier müssten Gespräche von der Stadt geführt werden, das braucht Zeit“, sagte von Jagow. Daher appelliere man an die Stiftung, zu warten und „unseren Club nicht als Druckmittel zu missbrauchen, um den von ihr favorisierten Flächentausch kurzfristig herbeizuführen“, so von Jagow. Jedenfalls wäre eine Räumung des Clubs zum jetzigen Zeitpunkt und ohne eine Gesamtlösung für den Bereich „sinnlos und in hohem Maße willkürlich“. Für öffentliche Körperschaften wie die Stiftung gelte ein Willkürverbot, erklärte von Jagow: „Wir hoffen nun auf die Einsicht aller Beteiligten.“ Der Verein hat derzeit 140 Mitglieder; 40 davon sind Kinder und Jugendliche. „Auf einer kürzlich abgehaltenen Mitgliederversammlung haben viele Eltern dieser Kinder teilgenommen und ihr Unverständnis am Verhalten der Stiftung und der Stadt deutlich gemacht“, sagte von Jagow.
Keine geeigneten Ersatzgrundstücke - und keine weiteren Lösungsansätze seitens der Stadt
Doch die Stadt winkt ab, sieht auch keine schnelle Lösung. Einmal sei man – entgegen der Auffassung des Vereins – juristisch nicht verpflichtet, für Ersatz zu sorgen, teilte das Sportdezernat der neuen Beigeordneten Noosha Aubel (parteilos) jetzt auf Anfrage des CDU-Stadtverordneten Clemens Viehrig mit. Dies und auch der von der Stiftung gewollte Umzug des Strandbads erforderten Investitionsmittel, die angesichts der Haushaltslage „kurzfristig nicht zur Verfügung stehen“. So würde allein eine Zusammenlegung von Strandbad und Seesportclub grob geschätzt mindestens 1,6 Millionen Euro kosten, das sei „finanziell nicht darstellbar“. Daher sei die Situation durchaus konflikthaft, so das Rathaus. Alternativgrundstücke für den Club hätten sich jedenfalls allesamt als nicht geeignet erwiesen. Weitere Lösungsansätze liefert die Stadt nicht. Auf Nachfrage sagte ein Stadtsprecher, das Rathaus sehe „keine zwingende Notwendigkeit“ für die von der Stiftung begehrte Räumung des Geländes, die Stiftung habe die Situation selbst herbeigeführt. Und ohnehin müssten auch noch die Stadtwerke als Badbetreiber mit in die Gespräche eingebunden werden, teilte das Dezernat mit.
In Verhandlungen waren die Stadtwerke übrigens schon: Vor sechs Jahren habe man bereits einmal über besagten Flächentausch gesprochen, erinnerte Stiftungssprecher Kallensee an die bis jetzt erfolglosen Gespräche: „Beabsichtigt war damals, das Strandbad Babelsberg näher an den westlichen Parkrand zu verlegen, um eine direkte Wege- und Medienanbindung von der Straße Am Babelsberger Park zu erreichen.“ Das Bad könnte so einfacher erreicht werden und wäre unabhängig von den Schließzeiten des Parks – die Stiftung wiederum könnte den Rundweg anlegen. Diese für alle Seiten vorteilhafteste Lösung habe auch eine 2012 im Auftrag der Stadt Potsdam erstellte Studie der Kommunalberater von Complan ergeben. „Wir wünschen daher, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden“, sagte Kallensee. Ein Moratorium, wie es der Seesportclub fordert, lehnt man ab: „Das ist nicht erforderlich.“
„Armutszeugnis, dass bis heute noch keine Lösung gefunden wurde“
Und die Politik? Die gibt sich empört. „Es ist es ein Armutszeugnis, dass bis heute noch keine Lösung gefunden wurde“, sagte der Potsdamer Linke-Bundestagsabgeordnete Norbert Müller. Es gehe um einen Verein, in dem Jugendliche für einen Euro pro Kind trainieren können. Auch CDU-Mann Viehrig, zugleich der Vorsitzende des Sportausschusses der Stadtverordneten, drängt auf weitere Verhandlungen: „Alle Beteiligten sollten sich schnellstmöglich an einen Tisch setzen und eine Lösung finden, die jedem hilft.“ Durch das Aussitzen gewönnen weder der Sport noch die Stadt noch die Stiftung.
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Kommentar: Die harten Fronten und der Stillstand in der Debatte um den Seesportclub sind ein Trauerspiel. Die Stadt sollte sich des Problems annehmen - ehe in Potsdam der Oberbürgermeisterwahlkampf beginnt, meint PNN-Autor Henri Kramer in seinem Kommentar.
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