Gastronomie in Potsdam: Außer-Haus-Verkauf im Teil-Lockdown
Gastronomen und Hoteliers in Potsdam bereiten sich auf den Teil-Lockdown ab Montag vor. Manche wollen wieder Außer-Haus-Verkauf anbieten, andere schließen für vier Wochen.
Potsdam - Mittwoch war ein Tag, an dem Mario Kade, was selten vorkommt, einen Schnaps brauchte, um sich zu beruhigen. Er saß am Abend daheim vor dem Fernsehschirm und hörte, wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die am Montag beginnende Schließung der Restaurants und Hotels verkündete: „Ich habe mir einen Wodka eingeschenkt, um das alles zu ertragen“, sagt der Chef des Restaurants Kade am Pfingstberg.
Die Wirtschaft, so Kade, dürfe weitermachen wie bisher, die Restaurants aber würden zum zweiten Mal in einen Lockdown gezwungen – mit der Erlaubnis von Außer-Haus-Verkauf und Übernachtungen bei Geschäftsreisen: „Ich habe daraus gelernt, dass wir nicht zur Wirtschaft gehören“, so Kade.
Seine kurz aufkommende Existenzangst zu Beginn des achtwöchigen Lockdowns im März überwand er mit einem erfolgreichen Außer-Haus-Service – den bietet er auch jetzt an. Ihn treibt allerdings die Furcht um, „dass der Lockdown im Dezember verlängert wird, wenn die Infektionszahlen nicht gut sind.“ In den Jahren vor Corona hat Kade im November rund 750 Gänse serviert, weil die Zahl der Plätze reduziert werden musste, wären es jetzt 350 gewesen, alle schon fest gebucht. Außer Haus, sagt der Chef, würde „vielleicht ein Drittel abgeholt werden“.
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Misstrauen gegenüber den Hilfsangeboten des Bundes
Der Bund hatte angekündigt, Hoteliers und Restaurantbesitzern einen Zuschuss von 75 Prozent des Umsatzes vom November 2019 zu zahlen, insgesamt rund zehn Milliarden Euro. Das Misstrauen darüber, wie viel davon in den Betrieben ankommt, ist groß. „Man muss erstmal sehen, was abgezogen wird“, sagt Daniel Zander, Chefkoch des Restaurants Otto Hiemke in Babelsberg. Den Lockdown nennt er „Mutti Merkels Ferien“. Seinen Steuerberater rechnen lassen will auch Ivo Walter vom Restaurant „Zur Linde“. Der soll herausfinden, ob es sich lohnt, etwa freitags, samstags und sonntags am Abend Außer-Haus-Verkauf anzubieten.
„Abwarten, welche Bedingungen an den Zuschuss geknüpft werden“ ist ebenso die Devise von Alexander Stüver, Betreiber des „Quendel“ in der Brandenburger Vorstadt. Auch Jörn Rohde, Chef im „Hafthorn“ an der Friedrich-Ebert-Straße, ist noch unentschieden, ob er Take-away anbieten will.
Die Allianz "Potsdam liefert" steht
Reanimiert worden ist schon jetzt die im Frühjahr von Marian Menzel gegründete Allianz „Potsdam liefert“, mehr als 50 Restaurants lieferten Speisen an die jeweilige Haustür. Ein Gag zur Vorweihnachtszeit: Das „Enten-Taxi“ der Bornstedterin Karsta Semmler bringt samstags und sonntags und zu Weihnachten eine Portion Entenkeule mit Frischkäsesauce und Grün-oder Rotkohl zum Preis von 20 Euro an die Tür.
Weil das Land noch keine neue Eindämmungsverordnung erlassen hat, weiß Lena Mauer noch nicht, ob sie ihre „Theaterklause“ als Betriebskantine sowie das Foyercafé „Treffpunkt Freizeit“ weiterführen kann. „Mindestens“ werde sie einen Außer-Haus-Verkauf mit frischem Brot, Kuchen und Mittagstisch zum Mitnehmen von 10 bis 16 Uhr anbieten.
René Dost, Chef des Café Heider, des Wiener Cafés am Luisenplatz und weiterer 18 gastronomischer Betriebe, hält nichts von Take-aways: „Das Essen kommt doch nicht warm beim Kunden an.“ Er schickt seine 75 Mitarbeiter in Urlaub. Auch das „Alex“ in der Wilhelm-Galerie bleibt für vier Wochen geschlossen.
Ob das Mercure schließt, ist noch nicht entschieden
Die Hotels stehen vor harten Zeiten, sie dürfen Geschäftsreisende zwar beherbergen, aber nicht bewirten. Ob das Hotel Mercure geschlossen wird, hat die Firmenzentrale in Köln noch nicht entschieden. Für Geschäftsführer Daniel Schmidt ist klar: „Wir haben 210 Zimmer. Zehn Geschäftsreisende pro Tag wären zu wenig.“
Im Inselhotel auf Hermannswerder ist die Entscheidung gefallen: „Wir schließen bis Anfang Dezember“, sagt Inhaber Burkhard Scholz. Auch er ist hinsichtlich der versprochenen Zuschüsse der Bundesregierung skeptisch: „Bisher wurden alle Hilfsangebote sehr schnell sehr klein.“
Luxus-Boxen vom Sterne-Koch
Auf höchstem Niveau speisen können die Potsdamer allerdings auch während des Lockdowns. Das Sterne-Restaurant „Kochzimmer“ hat die Idee seiner „Sterne-Boxen“ weiterentwickelt. Ein fertiggegartes Vier-Gänge-Menü wird vor die Tür gebracht, es beginnt im November mit einem Landbrot mit Gänserilettes, Maronen-Sellerie-Suppe mit Orangen, Gänsekeulen mit Rotkraut und Kartoffelkuchen – es muss nur erwärmt werden. Als Dessert liegt eine weiße Nougatmousse mit Gewürzfeige in der Box, im Preis von 110 Euro für zwei Personen ist eine Flasche Wein enthalten.
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