Von Jan Kixmüller: Aus für die Kunst
Der humanwissenschaftliche Fakultätsrat an der Uni Potsdam hat gegen die Kunsterziehung entschieden
Der Studiengang Kunsterziehung an der Universität Potsdam wird eingestellt. Der Fakultätsrat der Humanwissenschaftlichen Fakultät hat gestern nach Informationen der PNN ein Paket aus fünf Professuren zur Profilierung der Lehrerbildung abgesegnet. Da eine dieser Professuren die Grundschul-Professur ist, die derzeit hinter dem Studiengang Kunsterziehung steht, wird dieser damit de facto abgeschafft.
Nach zwei Jahren Hin und Her wurde nun eine Entscheidung getroffen, die auf scharfe Kritik stößt. Der AStA der Uni Potsdam hat die Abwicklung einen „unwiederbringlichen Verlust für die gesamte Universität“ genannt. Gerade die letzten beiden Jahre hätten mit zahlreichen Ausstellungen gezeigt, welches Potenzial in den Kunststudenten stecke. Der Uni wurde vorgeworfen, das kleine Fach Kunst zugunsten des neuen Leuchtturms „Bildungsforschung“ abzusägen. „Das ist unverantwortlich und gleichzeitig charakteristisch für die hochschulpolitischen Entscheidungen unter Uni-Präsidentin Sabine Kunst“, so Tamás Blénessy vom AStA.
Der Fachschaftsrat des Studiengangs kritisierte, dass nun die letzte Ausbildungsstätte für Kunstlehrer im Land Brandenburg wegfalle, obwohl für die nächsten Jahre für Brandenburg ein stark steigender Bedarf an Lehrkräften prognostiziert werde. Die Behauptung, die Universität der Künste in Berlin (UdK) könne zukünftig den entstehenden Bedarf decken, sei schlichtweg nicht haltbar. Der Bereich Kunst habe schließlich ein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie mit den bisherigen Mitteln und hochschulinternen Kooperationen das Kunststudium langfristig erhalten werden könne.
Die Universität hatte sich im Vorfeld an die Presse gewandt, um ihre Position zu erläutern. Der Entschluss sei im Präsidium „unter Schmerzen aber mit guten Gründen“ getroffen worden, sagte der Vizepräsident für Lehre und Studium Thomas Grünewald. Die Hochschule habe nach dem Expertengutachten von 2008 vor dem Dilemma gestanden, entweder den Studiengang Kunst, der derzeit mit nur einer Professur bei rund 240 Studierenden läuft, umfassend auszubauen – oder die Professur für Grundschulpädagogik/Ästhetische Erziehung zur Profilierung der Lehrerbildung zu nutzen. „Hier haben wir Prioritäten setzen müssen und uns für die quantitative und qualitative Aufwertung der Bildungswissenschaften entschieden“, so Grünewald. Da die Universität seit Jahren keinen Aufwuchs bei den Professorenstellen habe, hätte ein Beibehalten der Kunsterziehung keine Zukunft gehabt. „Wir wollten keine halben Sachen machen“, so Grünewald. Letztlich sei es um die Bündelung aller Kräfte gegangen.
Der im vergangenen Jahr zur Profilierung der Uni beschlossene Hochschulentwicklungsplan sehe den Profilbereich empirische Bildungswissenschaften vor. Dafür habe die Uni-Leitung der Fakultät einen Professoren-Pool vorgeschlagen. Dazu müsse man alle fünf Professuren der Humanwissenschaftlichen Fakultät – eben auch die, mit der derzeit Kunsterziehung betrieben wird – heranziehen. „Die Bildungswissenschaften sind das Nadelöhr für die Lehrerbildung“, erklärte Grünewald. In diesem Bereich werden beispielsweise Lehrveranstaltungen zur Psychodiagnostik angeboten, die grundlegend für den Lehrerberuf seien. Hier müsse die Uni eine erhebliche Verstärkung schaffen, um den zukünftigen Lehrern ein ordentliches Fundament mit auf den Weg zu geben.
Das vom Fachschaftsrat ins Feld geführte Uni-Institut für Kunst und Medien komme laut Grünewald für eine Unterstützung des Kunst-Studiums nur rudimentär infrage. Allein die Professur für Kunstgeschichte könne hier helfen, und das auch nur insofern noch Plätze in den Lehrveranstaltungen frei wären – bei dem überlaufenen Studiengang Medienwissenschaft sei das nicht zu erwarten. „Das Kunststudium wird derzeit in acht Modulen studiert, das Institut für Kunst und Medien könnte aber nur für drei Module einen Beitrag leisten“, rechnet Grünewald vor.
Dem Vorwurf, dass es keinen offenen Diskussionsprozess gegeben habe, trat Grünewald entgegen und verwies auf eine Diskussionsveranstaltung einen Tag vor dem Fakultätsratsbeschluss. Der Fachschaftsrat wertete dies als den Versuch „der Debatte in letzter Minute noch einen demokratischen Anstrich“ zu geben. „Nachdem über zwei Jahre lang unsere Argumente für einen Erhalt der Kunstlehrerausbildung ignoriert wurden, unsere Proteste stoisch hingenommen wurden und eine ernsthafte Diskussion vermieden wurde.“
Das Präsidium der Uni ist nun zuversichtlich, dass in Zukunft das Kunststudium für Potsdamer Lehramtsstudenten über die Berliner Universität der Künste (UdK) angeboten werden könne. Dazu würden derzeit Gespräche laufen. Wenn hier eine Kooperation zustande komme, würde ein Potsdamer Lehramtsstudent das Fach Kunst in Berlin und sein zweites Fach in Potsdam belegen. Die Uni geht davon aus, dass nach den Doppel-Abitur-Jahrgängen nach 2013 die Zahlen der Abiturienten in Brandenburg stark zurück gehe. „Daher reicht die Kapazität der UdK aus, um für Brandenburg und Berlin Kunstlehrer auszubilden“, so Grünewald. Ohnehin sei es keine Voraussetzung, dass die hiesigen Kunstlehrer auch hier ausgebildet würden.
Grünewalds Fazit: Die Uni würde gerne Kunst anbieten, doch unter den begrenzten knappen Ressourcen und bei einer Auslastung von derzeit 130 Prozent müsse die Hochschule Prioritäten setzen. Die derzeit in Potsdam studierenden Kunsterzieher erhielten von der Uni eine Garantie, ihr Studium hier beenden zu können. „Das wird mindestens noch sieben Jahre beanspruchen.“
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