Deutsche Meisterschaft der Fußball-Schiedsrichter: Aus anderer Perspektive
In Beelitz spielten rund 200 Schiedsrichter Fußball – und um die deutsche Meisterschaft ihrer Zunft. Diskussionen und Besserwisserei inklusive. Der Rollentausch ist aber nicht nur eine spaßige Abwechslung, sondern hat auch großen Wert für die eigene Referee-Tätigkeit.
Wenn Fußballschiedsrichter sich über Foul oder nicht Foul streiten, eine Entscheidung nicht wahrhaben wollen oder sich über ein Tor ärgern – dann spielen sie selbst Fußball. In Beelitz gab es am vergangenen Samstag ein kollektives Großaufgebot deutscher Referees: 20 Mannschaften liefen um die deutsche Schiedsrichtermeisterschaft auf.
Zum zweiten Mal nach 2008 in Kienbaum wurde das Kleinfeld-Turnier im Land Brandenburg ausgerichtet. Der Fußballkreis Havelland stellte als Gastgeber zwei Teams, 18 weitere Mannschaften von Lübeck bis aus dem Taunus reisten nach Beelitz an, um die besten Kicker unter den 200 Schiedsrichtern zu ermitteln. Die Ambitionen der Mannschaft Havelland I um Brandenburgs Fifa-Schiedsrichter-Assistenten Jan Seidel fanden bereits im Viertelfinale ihr frühes Ende. Nach nahezu makelloser Vorrunde mit drei Siegen und einem Remis ging das erste K.o.-Spiel gegen die Titelverteidiger aus Segeberg knapp mit 0:1 verloren. Hingegen kam das zweite Havelland-Team bis ins Halbfinale, verlor dieses aber genauso wie das Spiel um Platz drei. „Aber hätte mir jemand vorher gesagt, dass wir so weit kommen, hätte ich es nicht geglaubt“, meinte Stefan Hübner, Vorsitzender des havelländischen Schiedsrichterausschusses, nach Ende des Turniers. Deutscher Meister wurden die Berliner Referees, die sich im Finale gegen Segeberg durchsetzten.
„Wenn Schiris gegeneinander spielen, kann es schon mal hitzig werden“
Der Rollentausch hat nicht nur einen sportlichen Wert. „Es ist wichtig, dass man als Schiedsrichter selbst hin und wieder spielt“, sagte Jan Seidel, der als Bundesliga- und seit diesem Jahr auch als Fifa-Assistent Brandenburgs höchst eingestufter Referee ist. Es helfe, den Spielgedanken aus der Perspektive eines kickenden Akteurs wahrzunehmen, „um nachzuvollziehen, was Spieler bei einem Foul oder einer Entscheidung womöglich denken“, erklärte der 31-Jährige. Und um selbst den Ehrgeiz zu spüren, den Fußballer in einem Match entwickeln – vor allem wenn es um einen Turniersieg wie in Beelitz geht. „Wenn Schiris gegeneinander spielen, kann es schon mal hitzig werden“, bestätigte Stefan Hübner, der Partien in der Landesliga pfeift und Obmann der 275 Referees des havelländischen Fußballkreises ist. „Da wird auch mal über einen Pfiff diskutiert“, sagte er.
„Ja, einige Besserwisser sind dabei“, bestätigte Niklas Augustat mit einem Schmunzeln. Der 18-Jährige aus Bad Schwartau war einer der sechs Unparteiischen des Turniers – der jüngste war der 13 Jahre alte Steen Mühlenbeck vom SV Grün-Weiß Brieselang. „Ich habe eine klare Linie beim Pfeifen“, meinte er selbstbewusst. Davon habe er sich am Samstag nicht von den Kollegen seiner Gilde abbringen lassen, „auch wenn einige meckern, wie es sonst die Fußballer tun“, sagte er. Doch finde er, dass es einen Unterschied macht, wenn Schiedsrichter Fußball spielen: „Die kennen die Regeln und wissen, was sie sagen dürfen. Und sie klären untereinander ganz ruhig, wenn es unterschiedliche Meinungen gibt“, erzählte der Nachwuchs-Referee, dessen Unparteilichkeit geprüft wurde, als er das Viertelfinale der Havelländer gegen Segeberg pfeifen musste. Was er souverän erledigt hat.
Havelländer Referees treffen sich wöchentlich zum Trainingskick
Dass viele Schiedsrichter in ihren Kinder- und Jugendjahren in ihren Vereinen selbst Fußball gespielt haben, war auf der Anlage in der Beelitzer Bergstraße unschwer zu erkennen. Sie wissen mit dem Ball umzugehen. Die Havelländer Schiris treffen sich zudem einmal in der Woche zum Trainingskick. „Nicht wenige werden Schiedsrichter, wenn das fußballerische Geschick nicht mehr ausreicht“, sagte Nico Dreschkowski, der einst für die SG Michendorf dem runden Leder nachjagte, ehe ihn ein Kreuzbandriss vor vier Jahren zwang, das Fußballspielen sein zu lassen und – bis auf ein paar Ausnahmen – nur noch Spiele zu pfeifen.
Die deutsche Meisterschaft der Schiedsrichter wurde in Beelitz bereits zum insgesamt 16. Mal ausgetragen. „Die Vorbereitungen haben bereits vor einem Jahr begonnen“, berichtete Jan Seidel, der mit seinem Organisationsteam nicht nur das Turnier mit 20 Teams vorbereitete, sondern auch Hotels und Rahmenprogramm organisierte. Bereits am vergangenen Freitag trafen sich nach der Anreise etwa 200 Gäste beim EM-Public-Viewing auf dem Gelände des RSV Eintracht 1949 in Stahnsdorf. Die Siegerehrung und Players-Party gab es dann am Samstagabend in der Mensa der Sportschule am Luftschiffhafen. Der späte Abpfiff erfolgte gegen 2 Uhr nachts.
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