Potsdamer bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2015: Auf gemeinsamer Mission in Peking
Mit Christopher Linke, Hagen Pohle und Nils Brembach starten gleich drei Geher aus Potsdam bei der Leichtathletik-WM in Peking. Das ist kein Zufall.
Potsdam/Peking - Vor ein paar Monaten war Christopher Linke bei einem Lehrgang der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Die teilnehmenden Athleten sollten ihre Disziplin vorstellen, die anderen sollten sie nachmachen. Danach hatte sich Linke den Respekt der anderen verdient.
Der 26 Jahre alte Werderaner ist Geher. Er weiß, dass seine Sportart oft belächelt wird. „Sieht von außen ja auch komisch aus“, meint sein Trainingsgefährte Hagen Pohle. Aber die Kombination aus Ausdauer und Technik macht sie zu einer anspruchsvollen Disziplin, sodass sich den Kameraden der Sportfördergruppe jeglicher Kommentar verbot.
Perfekte Vorbereitung für WM in Peking
Am liebsten würden Linke, Pohle und Nils Brembach auch am kommenden Sonntag die Konkurrenz sprachlos machen. Doch so einfach wird das nicht – bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Peking. Dort geht das Trio vom SC Potsdam über die 20 Kilometer an den Start – gegen 63 Athleten aus 35 Ländern. Linke gilt dabei als der international erfahrenste der drei Potsdamer – er starte 2012 bei den Olympischen Spielen, wurde Neunter bei den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau und im Vorjahr Fünfter bei den Europameisterschaften. Der Sportsoldat ist nah dran an der Weltspitze, die in diesem Jahr unter anderem von japanischen Gehern mitbestimmt wird – im März markierte Yusuke Suzuki mit 1:16:36 Stunden einen neuen Weltrekord. „Natürlich ist es mein Ziel, mich gegenüber Moskau zu verbessern“, sagt Linke, der im April mit seinem Sieg beim international stark besetzen Meeting im tschechischen Podebrady der Konkurrenz ein Achtungszeichen setzte. Seine Vorbereitung nennt er perfekt. „Seit anderthalb Jahren konnte ich relativ gut durchtrainieren. Ich fühle mich sehr stabil“, sagt er.
Neben seinen Trainingskilometern in Potsdam hat Linke in diesem Jahr sein Pensum in Flagstaff (USA), Südafrika, in Oberhof und zuletzt auf dem Belmeken in Bulgarien abgespult. Nicht immer war die Trainingsgruppe von Ronald Weigel, zu der auch Talente wie Nils Gloger gehören, komplett. Aber einen Großteil des Jahres hat das Peking-Trio schon miteinander verbracht. „An sich funktioniert das ganz gut“, meint Pohle, „nur beim Kochen gibt es manchmal Reibungspunkte.“ Dass die letzten Tage eines dreiwöchigen Trainingscamps auch mal gereizter sein können, sei normal. „Schließlich haben wir uns ja nicht vor der Disko kennengelernt und gesagt: Los, wir fahren mal nach Südafrika“, meint Nils Brembach, mit 22 Jahren der Jüngste des Trios.
Mehr Konkurrenz
Zusammengefunden haben sie sich vielmehr in Potsdam. „Das ist kein Zufall“, sagt Brembach. Schließlich seien die Strukturen bewusst so angelegt, dass am Luftschiffhafen die Wege talentierter Geher zusammenführen. Unter der Regie von Bundestrainer Ronald Weigel, einst selbst ein Weltklasse-Geher und olympischer Medaillengewinner, ist es in den vergangenen Jahren gelungen, leistungsstarke Trainingsgruppen zu formen. Zum Vorteil für die Athleten: „Vor drei Jahren gewann ich eine Deutsche Meisterschaft nahezu konkurrenzlos. Inzwischen ist ein Sieg hart erkämpft“, sagt Linke, der in jedem Training den Atem seiner Gefährten spürt und deren Motivation nutzt: „Bei Nils habe ich den Eindruck, dass er jeden Tag heiß ist und hart trainieren kann“, urteilt Linke über Brembach. Dessen Peking-Reise war zunächst gar nicht geplant. Eher überraschend gewann er im April vor Hagen Pohle den Deutschen Meistertitel über die 20 Kilometer – in Abwesenheit von Linke – und unterbot in diesem Rennen gleichzeitig die WM-Norm. „Es lief seit vergangenem November richtig gut bei mir“, erklärt sich Brembach den Leistungssprung, auch wenn bei der U 23-EM in Tallin im Juli die Form nicht ganz stimmte und er Fünfter wurde.
Die vergangenen vier Tage gewöhnten sich die drei Potsdamer im Vorbereitungscamp mit dem deutschen Nationalteam auf der südkoreanischen Insel Jeju an Zeit- und Klimazone. Gestern reisten sie nach Peking weiter, wo bei hoher Luftfeuchtigkeit und in der Nacht zum Sonntag nach deutscher Zeit der Wettkampf startet. Eine Taktik, vielleicht als Team zu arbeiten, gibt es nicht. „So stark sind wir als Gruppe noch nicht, als dass wir das Rennen bestimmen könnten“, sagt Brembach. Für ihn und Pohle gehe es darum, in ihrem ersten großen internationalen Wettkampf Erfahrung zu sammeln. „Ein Platz unter den Top 14 wäre super“, sagen die beiden unisono. Das würde die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio bedeuten. Für Linke klingt die Marschroute etwas anders: „So lange wie möglich in der Spitzengruppe mitgehen.“
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