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Potsdam: Applaus für die Wasserratten

Potsdam hat den Kanal geflutet: Beim 10. Kanalsprint wurde zu Volksfeststimmung gepaddelt

Nein, Kanufahren ist eigentlich keine Massenveranstaltung wie etwa Fußball, die die Menschen zusammenführt. Aber in Potsdam scheint das anders zu sein: Am Sonntagnachmittag wurde der Stadtkanal zum zehnten Mal geflutet als der Kanu Club Potsdam (KCP) zum nunmehr zehnten Potsdamer Kanalsprint aufrief. Mitten in der Stadt stachen im normalerweise staubtrockenen Kanal die Kanus und Canadier in See – ein Wettkampf der Weltbesten.

Gerade erst fand in Moskau die Weltmeisterschaft statt, die für die erfolgsverwöhnten Kanuten Licht und Schatten bereithielt. Die großen Medaillenträume wollten sich diese WM einfach nicht erfüllen, eher Schiffbruch statt Gold. Aber nicht alle gingen mit ihren Hoffnungen baden: Der Potsdamer Sebastian Brendel im Einer-Canadier wollte nicht medaillenlos nach Hause – in einem furiosen Schlussspurt holte Brendel nicht nur die Goldmedaille bei der WM, sondern auch noch Weltbestzeit über die 1000 Meter: Exakt 3:44,578 Minuten brauchte er für die Strecke. Das macht ihm keiner nach.

Kaum zurück im heimischen Potsdam, ging es für Sebastian Brendel am Sonntag gleich weiter. Und auch die anderen Potsdamer wagten sich aufs Wasser: Ronald Rauhe, Felix König und Marius Radow im Kajak der Männer, bei den Frauen starteten Franziska Weber und Conny Waßmuth. Und im Canadier saßen gleich vier erfolgsverwöhnte Potsdamer: Neben Brendel Stefan Kiraj, Kurt Kuschela – der Samstagnacht Vater wurde – und Ronald Verch.

Heißt es nun Rudern oder Paddeln? Hier wird natürlich gepaddelt, alles andere wäre Urlaub im Spreewald. Auf 150 Metern wurde pure Muskelkraft eingesetzt, rund eine halbe Minute braucht man im Schnitt für die Distanz – ein Normalsterblicher natürlich länger. Aber die standen auch nur am Rand, und zwar zahlreich: Ein bisschen Stehvermögen und Mut zum Drängeln brauchte man schon, wenn man einen Blick in das raue Wasser des Stadtkanals werfen wollte. Der Applaus war den Wasserratten jedoch gewiss: Dafür bekam man den einen oder anderen Wasserspritzer ab, wenn die exakt zwölf Kilogramm leichten Boote durchs Wasser pflügten. Das hatte natürlich so etwas wie einen Volksfestcharakter – Tausende Besucher, es gab Bratwurst und Bier, den Soundtrack von Popmusik bis AC/DC und die AOK Nordost als Hauptsponsor verloste Tickets für ein Konzert von Helene Fischer.

Währenddessen machte Potsdam seinem Ruf als Sportstadt alle Ehre: Die Wasserballer vom OSC waren da, die Handballer vom VfL, die Fechter vom OSC, Judo, Volleyball, Fußball. Das hatte natürlich etwas Familiäres, und ein bisschen Starkult war auch dabei: Wer Geduld mitbrachte, konnte für ein Foto mit seinem Paddel-Liebling posieren. Wenn die nicht gerade mit den Wellen auf dem Stadtkanal zu kämpfen hatten – dort schaukelte es nämlich ordentlich.

Die Rennen nach dem K.o.-System fanden im Kajak statt, also mit einem Doppelpaddel, und im Canadier, auf dem kniend mit einem Paddel gekämpft wurde. Und Sebastian Brendel, der in Moskau über 1000 Meter paddelte, musste sich im Finale bei 150 Metern dem Leipziger Stefan Holtz geschlagen geben: Der war mit 28,838 Sekunden einfach schneller als Brendel (29,953), der auch kein Sprinter ist. Bei den Finals der Frauen im Kajak setzte sich Sabine Volz knapp gegen Tina Dietze durch, im Zweier siegten Weber/Dietze gegen Waßmuth/Volz – und bei den Herren Brendel und Kiraj gegen Oeltze und Verch, während im Zweier-Kajak Rauhe und Liebscher gewannen.

Oliver Dietrich

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