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Mansour Ndiaye aus dem Senegal sieht seine Zukunft in Deutschland.
© Andreas Klaer/PNN

PNN-Serie: Was aus den Willkommensschülern wurde: Ansprechen, wer freundlich aussieht

Über die Willkommensklasse der Potsdamer DaVinci-Gesamtschule für Flüchtlinge haben die PNN schon oft berichtet. Nun wollten wir wissen, wie es für die Schüler danach weiterging. In einer neuen Serie stellen wir sie vor. Heute: Mansour Ndiaye.

Mansour Ndiaye ist da, wo er hinwollte: Er macht eine Ausbildung mit Perspektive, wohnt in einer eigenen Mietwohnung, hat Freunde. „Was ich mir gewünscht habe, ist eingetroffen“, sagt der 18-jährige Senegalese. Vor zweieinhalb Jahren flüchtete er als Jugendlicher alleine aus dem westafrikanischen Land bis nach Deutschland. „Das Leben dort war nicht einfach“, erzählt Mansour in flüssigem, fast akzent- und fehlerfreiem Deutsch. Aufgewachsen ist er in Tambacounda, einer Stadt im Landesinneren, mit seinen Eltern und vier Geschwistern, er hat mit seiner Familie aber auch in der Hauptstadt Dakar gelebt. Er besuchte eine Koranschule, durchaus verbreitet im muslimisch geprägten Senegal, aber das habe ihm keine Türen geöffnet. „Ich hatte keine Hoffnung mehr für die Zukunft“, sagt der junge Mann. Also machte er sich auf den Weg. Mit dem Boot nach Italien, von dort dann weiter Richtung Deutschland. „Hauptsache Europa“, sagt er.

Mansour ist ehrgeizig und fleißig, das wird im Gespräch mit ihm in seiner kleinen Wohnung in Drewitz schnell klar. „Ich wollte unbedingt in die Schule gehen“, sagt er entschlossen. Also wurde er von Berlin nach Potsdam verwiesen, weil hier ein Platz in der Willkommensklasse in der DaVinci-Gesamtschule frei war.

Die erste Zeit in Potsdam sei nicht einfach gewesen, erzählt Mansour. Vor allem die Sprache war es, die für Frust sorgte. „Du lebst hier, aber du sprichst nicht mit den Leuten. Und wenn du es tust, lachen sie über dich“, erinnert er sich bitter an die Zeit. Doch das motivierte ihn erst recht. In der Willkommensklasse sei das Niveau sehr unterschiedlich gewesen, nicht einfach für die Lehrer. „Aber sie haben uns sehr geholfen, weil sie wirklich versucht haben, uns zu verstehen“, erinnert sich Mansour.

Über einen Flyer seiner Lehrerin wurde er auf ein Schülerstipendium der Start-Stiftung aufmerksam, bewarb sich und wurde genommen. Mit dem Geld der Stiftung – 1000 Euro jährlich für Lernmaterialien oder Workshops – finanzierte er zusätzliche Deutschkurse.

Zunächst lebte Mansour in der Clearingstelle. Dort werden minderjährige unbegleitete Flüchtlinge aufgenommen. Recht schnell konnte er aber in eine Wohngruppe der Jugendhilfe am Stern umziehen, auch mit deutschen Jugendlichen. „Das hat mir dabei geholfen, schneller Deutsch zu lernen“, sagt Mansour. Nach einer Weile boten sie ihm die Wohnung an, in der er nun lebt. „Weil sie mir das zugetraut haben“, sagt er ein bisschen stolz.

Überhaupt fühle er sich recht gut akzeptiert. „Manchmal schaut mich jemand in der Tram böse an, wohl weil ich schwarz bin, aber das ist mir egal“, kommentiert er achselzuckend. Er wolle keine Probleme und suche keine Konflikte. „Ich falle eben auf, ich muss akzeptieren, dass ich anders aussehe.“

Mansour hat bei Turbine Potsdam Fußball gespielt, dort Freunde gefunden und auch sonst scheinbar kaum Probleme, Anschluss zu finden. Er hat eine deutsche Freundin, die in Werder (Havel) wohnt, kennt viele in seinem Viertel. Am Anfang sei ihm das schwergefallen. „Die Deutschen sind oft erst einmal verschlossen, aber wenn man sie kennenlernt, merkt man, dass sie ganz lieb sind“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Im Senegal sei es oft viel natürlicher, mit anderen ins Gespräch zu kommen, in der Nachbarschaft kenne sich jeder. „Aber ich habe auch hier Leute angesprochen, zum Beispiel wenn ich nach der Schule in der Bibliothek war“, sagt er. „Ich habe einfach geschaut, wer freundlich aussieht.“

In der Schule ackerte er, konnte nach der Willkommensklasse an der DaVinci-Schule bleiben und dort seinen Abschluss machen. „Potsdam ist dafür perfekt, hier kann ich in Ruhe lernen. Ich liebe die Stadt“, sagt er. Einen Ausbildungsplatz zu finden, fand er nicht schwierig. „Ich habe Bewerbungen geschrieben und hatte am Ende vier Angebote“, sagt er. Seit vergangenem Sommer macht er eine Ausbildung als Kaufmann für Groß- und Einzelhandel bei einer Firma für Pharmahandel in Rehbrücke. Er sei der einzige Ausländer im Unternehmen, aber die Kollegen seien nett, die Arbeit macht ihm Spaß. Während der Ausbildung wird Mansour in Deutschland geduldet, wie es danach weitergeht, ist noch unklar.

Ob ihm der Senegal fehlt? „Ja, meine Familie ist weit weg und auch das Essen fehlt mir“, sagt er. „Deine Heimat vermisst du immer.“ Auch an das Leben dort, wie er jeden Tag mit Freunden kicken gehen konnte, daran denkt er manchmal. Aber zurückkehren? „Auf keinen Fall!“ Seine Zukunft sieht er hier.

Die nächste Folge erscheint am Dienstag. Dann stellen wir Gregory Ohwerhi aus Nigeria vor

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