Tipps gegen Einbrüche: „An den Koffer gehört kein Adressschild“
Der Potsdamer Polizei-Experte Alexander Gehl gibt Tipps, wie man sich in der Urlaubszeit am besten vor Einbrüchen schützt.
Herr Gehl, wie finden Einbrecher heraus, dass ich im Urlaub bin?
Die Einbrecher spähen die Wohngegenden nach Häusern aus, die nicht bewohnt aussehen. Konkret sind die Signale: Die Rollos sind unten, abends ist kein Licht an, der Briefkasten ist voll, die Garage ist zu oder es steht kein Auto vor der Tür. Jetzt im Sommer können auch nicht gegossene Blumen ein Signal sein. Das alles halten die Einbrecher im Rahmen ihres Ausspähens für sich fest.
Darf ich bedenkenlos Fotos auf Instagram posten, wenn ich im Urlaub bin?
Das empfehle ich absolut nicht. Selbstverständlich geht das, wenn das Profil geschützt und auf privat gestellt ist. Wenn man aber einen öffentlichen Account hat, sollte man das unterlassen. Vorsicht gilt auch am Flughafen, wo es ja mitunter zu langen Wartezeiten kommt: An den Koffer gehört kein Namensschild mit Adresse! Die Telefonnummer reicht vollkommen. Es ist schon vorgekommen, dass Einbrecher am Flughafen nach genau diesen Adressen gespäht haben, um anschließend in die Häuser einsteigen zu können.
Sollte ich meinen Nachbarn sagen, dass ich im Urlaub bin?
Unbedingt, das empfehle ich sogar. Der größte Feind des Ganoven ist der wachsame Nachbar. Ein Nachbar, der weiß, dass ich im Urlaub bin, kriegt mit, was sich bei mir bewegt. Und sei es, dass er nur täglich den Briefkasten leert oder die Blumen gießt. Und die Einbrecher bekommen auch mit: In dieser Wohnung bewegt sich was. Sie können nicht einordnen, ob es sich dabei um den Eigentümer selbst oder einen Nachbarn handelt. Das ist wirklich ein Pluspunkt.
Wie kann ich eine Mietwohnung vor Einbrechern schützen?
Immer wenn ich in die Wohnung komme, drehe ich mich um, schließe die Tür und drehe den Schlüssel zweimal um – von innen. Sollte man noch eine Vorhängekette haben, sollte man auch die zumachen. Auch tagsüber! Dafür werde ich immer wieder belächelt und komisch angeguckt. Aber wenn ich in der Wohnstube sitze und Kaffee trinke, merke ich nicht, wenn jemand nur über den Schließkeil der Tür in die Wohnung eindringt. Und aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Viele Wertsachen liegen im Flur. Denken Sie an die Handtasche oder den Autoschlüssel. Und auch wichtig: Achten Sie darauf, dass die Haupteingangstür verschlossen ist. Frische Luft kommt durch die sowieso nicht hinein. Hier in Potsdam gehen die Täter dann in den Keller und Sie bekommen nicht mit, was die dort unten veranstalten.
Gibt es denn Schutzmöglichkeiten für den Keller?
Ja, ein Sichtschutz am eigenen Verschlag empfiehlt sich. Leider haben die meisten einen solchen nicht. Die Ganoven können dann ganz einfach sehen, wo zum Beispiel ein wertvolles Rennrad steht.
Hilft bei der Sicherung der Wohnung auch Technologie?
Ja, es gibt zum Beispiel Geräte, die senden Ihnen eine Benachrichtigung aufs Handy, sobald die Tür aufgeht. Wahlweise lösen diese dann noch einen Alarm aus oder aktivieren eine Kamera. Wir aber wollen ja schon verhindern, dass überhaupt jemand in die Wohnung reinkommt. Und mit zeitgesteuertem Licht kann man vorspiegeln, dass man zu Hause ist. Wichtig ist aber, dass das zeitversetzt geschieht. Denn: Die Ganoven haben Zeit. Wenn die erkennen, dass jeden Tag dasselbe passiert, ist es nicht zielführend.
Was sagt die Statistik: Ist Urlaubszeit gleich Einbruchszeit?
Die Tendenz zeigt, dass die Urlaubszeit nicht die Haupteinbruchszeit ist. In den Sommermonaten bekommen wir nur sehr wenige Einbrüche gemeldet. Aber klar, das ist nur die Statistik. Einbruchsopfer im Sommer sind genauso betroffen wie alle anderen auch. Und ich sage es ganz deutlich: Jeder Einbruch ist ein Einbruch zu viel.
Viele sagen, sie hätten ja eh nichts Wertvolles zu Hause und blicken Einbrüchen eher gelassen entgegen.
Ich habe erlebt: Jeder Eingriff ist für die Opfer ein starker Eingriff in die Intimsphäre, in ihren privatesten Bereich. Den Menschen tut das richtig weh – und teilweise geht es sogar so weit, dass die Leute sagen: Wir verkaufen sofort das Haus. Es ist ein sehr, sehr unangenehmes Gefühl, wenn man nach Hause kommt und feststellt, dass ein Fremder im Haus gewesen ist. Die Einbrecher interessiert es auch nicht, ob es ein schickes Haus ist. Sie wissen nicht, was sie drinnen erwartet. Die Täter fragen sich schlicht, wo sie am einfachsten reinkommen und wo sie am schnellsten wieder durch sind.
Steigen Einbrecher lieber in Wohnungen in den oberen Etagen oder im Erdgeschoss ein?
Zwar wird in Potsdam nur selten in Wohnungen eingebrochen. Wenn, dann sind aber meistens die unteren Etagen betroffen. Die oberen Wohnungen werden eher gemieden. Bei dem Fluchtweg müsste man nämlich erst mal an mehreren Wohnungen vorbei, das steigert für die Einbrecher das Risiko.
Wie steht es diesbezüglich um Einfamilienhäuser: Sind sie der Lieblingsort für Einbrecher?
Ja, das muss man so sagen. Vor allem frei stehende Häuser mit hohem Bewuchs werden von den Einbrechern bevorzugt. Wunderschöne Pflanzen können auch wunderschön für die Einbrecher sein. Die nutzen sie als Sichtschutz.
Sie sind schon seit 39 Jahren im Polizeidienst, haben von vielen Einbrüchen mitbekommen: Ist Ihr Wohnraum gesichert wie Fort Knox?
Nein, auf keinen Fall. Es ist tatsächlich so: Potsdam ist in dieser Hinsicht eine sehr sichere Stadt. Sogar die sicherste Landeshauptstadt der fünf neuen Bundesländer, bezogen auf 100 000 Einwohner. Ich habe meine Wohnungstür nur mit einer Vorhängekette gesichert und schließe sie wie geschildert immer auch von innen doppelt zu. Aber meine Anschrift verrate ich jetzt nicht (lacht). Aber im Ernst: Es gibt hier keinen Grund, sich wie Fort Knox zu schützen.
Das Interview führte René Garzke.
Zur Person: Alexander Gehl, 57, ist seit fünf Jahren Leiter der polizeilichen Prävention in der Polizeiinspektion Potsdam. Insgesamt steht er seit mittlerweile 39 Jahren im Polizeidienst.
Hintergrund: Jeden zweiten Tag ein Einbruch in Potsdam
Im vergangenen Jahr ist es in Potsdam zu 176 erfolgreichen oder versuchten Einbrüchen gekommen. Im Schnitt bedeutet das: Ungefähr jeden zweiten Tag gab es einen Einbruch im Stadtgebiet. Allerdings sind die Zahlen rückläufig, 2016 waren es noch 220 Einbrüche, im Jahr zuvor 201. Wie bei Einbrüchen üblich, konnte die Polizei im Jahr 2017 nur wenige Taten aufklären – in jedem achten Fall konnten die Behörden mindestens einen Tatverdächtigen ermitteln. Immerhin fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Ob der jeweils festgestellte Verdächtige am Ende auch verurteilt wurde, erfasst die Polizeistatistik aber nicht. Vertreter der Polizeigewerkschaften machen für die niedrigen Aufklärungsquoten regelmäßig vor allem die dünne Personaldecke verantwortlich. Als positiv werten die meisten Ermittler, dass im vergangenen Jahr die Strafe für Wohnungseinbrüche erhöht worden ist. Nach dieser Gesetzesänderung wird Wohnungseinbruch grundsätzlich als Verbrechen eingestuft. Das heißt, die Mindeststrafe beträgt ein Jahr Freiheitsstrafe, maximal gibt es zehn Jahre. Eine Verurteilung zu einer Geldstrafe ist so nicht mehr möglich.
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