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Streitpunkt. Dass Buslinien aus dem Norden am Jungfernsee enden, gefällt vielen nicht. Andere würden dort gern umsteigen, können aber nicht.
© Andreas Klaer

Öffentlicher Nahverkehr in Potsdam: Am Rand des Netzes

Beim Nahverkehr in Potsdams Ortsteilen hakt es. Lange Wartezeiten und Anschlussprobleme sorgen für Ärger.

Es wird voll. Potsdam wächst auch in seinen Ortsteilen. Das macht sich auch in den öffentlichen Verkehrsmitteln bemerkbar. Sie sollen dafür sorgen, dass Potsdams Straßen nicht von noch mehr Autos verstopft werden, so die erklärte Strategie der Stadt. Doch zuletzt mehrt sich die Kritik an Fahrplantakt und Anschlussmöglichkeiten – aktuell besonders in Groß Glienicke. Die PNN geben einen Überblick über die Anbindung mehrerer Ortsteile und die Probleme. Betrachtet wird jeweils die Verbindung zum Hauptbahnhof – dem wichtigsten Umsteigepunkt im Potsdamer Nahverkehrsnetz.

FAHRLAND

Fahrland ist mit seinen großen Neubaugebieten einer der am stärksten wachsenden Ortsteile. Zwischen 2006 und 2015 legte die Einwohnerzahl um 30 Prozent auf rund 4200 zu, seitdem entstanden viele neue Wohnungen. Mit dem ÖPNV ist Fahrland über die Linie 609 erschlossen – in der Hauptverkehrszeit im 20-Minuten-Takt. Sie fährt auch nach Paaren und Kartzow. Von der Haltestelle Eisbergstücke sind es 32 Minuten bis zum Potsdamer Hauptbahnhof mit Umstieg in die Tram am Campus Jungfernsee. Die Brechung der Buslinie ist nicht neu: Vor dem Ausbau der Tramstrecke endete der Bus Am Schragen. In der Frühspitze ist der Bus proppenvoll. Die Auslastung liegt nach Angaben des Verkehrsbetriebs zwischen 70 und 90 Prozent. Langfristig soll die Tramstrecke vom Jungfernsee über den neuen Stadtteil Krampnitz bis nach Fahrland verlängert werden.

NEDLITZ

Eigentlich ist Nedlitz näher an der Stadtmitte als andere Ortsteile. Doch die Fahrzeit zum Hauptbahnhof beträgt trotzdem 35 Minuten. Die Buslinie 698 fährt nämlich einen großen Bogen bis zur Tramendhaltestelle Kirschallee. Dort muss in die Linie 92 umgestiegen werden. Anwohner fordern deshalb, die Buslinie zur sehr viel näheren Tramhaltestelle Campus Jungfernsee zu verlängern. Laut Verkehrsbetrieb sind dafür zusätzliche Fahrzeuge notwendig. Allerdings stehen die Busse an der jetzigen Endstelle Weißer See oft bis zu zehn Minuten, bevor sie sich auf den Rückweg begeben. Eine Fahrt zum Campus Jungfernsee dürfte in dieser Zeit machbar sein, meinen Anwohner.

EICHE

Um rund 20 Prozent hat die Bewohnerzahl von Eiche zwischen 2006 und 2016 zugelegt. Zwei Buslinien erschließen den Ortsteil im Westen Potsdams – 605 und 606. Dadurch ergibt sich ein Zehn-Minuten-Takt zum Hauptbahnhof. Von der Haltestelle Am alten Mörtelwerk dauert es dorthin 22 Minuten – ohne umzusteigen. Die Auslastung lag nach Angaben des Verkehrsbetriebs 2017 in der Frühspitze zwischen 55 und 75 Prozent. Zwischen 2012 und 2017 legte die Zahl der Fahrgäste um 18 Prozent zu. Statt bei Taktung oder Fahrzeit gibt es hier Probleme mit den Anschlüssen: Seit dem Fahrplanwechsel müssen Pendler nämlich deutlich länger warten, wenn sie von der Linie 605 am Bahnhof Park Sanssouci in den Regionalexpress nach Berlin umsteigen. Die Stadt verteidigt die Änderung: Dadurch gebe es nun in der Zeppelinstraße einen Fünf-Minuten-Takt mit Tram und Bus. Dies sei der Wunsch vieler Fahrgäste gewesen, die eine Vereinheitlichung der Fahrplantakte von Bus und Tram forderten – unter anderem im Bürgerhaushalt. Generell seien die Busse nicht auf den Takt der Regionalzüge ausgerichtet, sondern auf den Takt der S-Bahn am Potsdamer Hauptbahnhof.

GROSS GLIENICKE

Der aktuell größte Konfliktpunkt ist die Verbindung von Groß Glienicke zum Hauptbahnhof. Zwischen 2006 und 2015 wuchs die Einwohnerzahl des nördlichen Ortsteils um 20 Prozent auf rund 4500. Seit dem Fahrplanwechsel ist die früher durchgängige Verbindung mit der Buslinie 638 gekappt. An der neuen Endhaltestelle muss in die Tram der Linie 96 umgestiegen werden. Die Fahrtzeit hat sich dadurch auf 42 Minuten verlängert. Das sind zehn Minuten mehr als mit dem durchfahrenden Bus – auf dem Papier. Denn der Bus stand im Berufsverkehr stadteinwärts oft im Stau. Die Tram fährt am Stau vorbei. Die Buslinie 638 war bis zum Fahrplanwechsel äußert beliebt. Nach Angaben des Verkehrsbetriebs lag die Auslastung in der Frühspitze bei 80 Prozent, in den Nebenzeiten bei 40 Prozent. Von 2012 bis 2017 erhöhte sich die Fahrgastzahl um 33 Prozent. Wie viele Fahrgäste tatsächlich mit dem Bus unterwegs sind, verrät das kommunale Unternehmen auf Nachfrage nicht. Viele Groß Glienicker sagen jedenfalls, dass sie lieber mit dem Auto fahren, seit der Bus nicht mehr durchfährt. Die Anschlüsse klappen häufig nicht, die Wartezeiten seien beim Umsteigen besonders in den Abendstunden zu lang. Mittlerweile wurden 2300 Unterschriften gesammelt – für die Forderung, die Busse wieder durchfahren zu lassen. Doch daraus wird wohl nichts: „Eine kurzfristige Erweiterung des Fahrplanangebotes ist aufgrund des dafür nötigen Mehrbedarfs an Fahrzeugen, Fahrpersonal und finanziellen Mitteln ausgeschlossen“, teilte die Stadtverwaltung mit.

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