Andreas Dresen präsentiert "Gundermann" in Potsdam: Alexander Scheer als lyrischer DDR-Liedermacher
Der Potsdamer Regisseur Andreas Dresen feierte mit der Vorpremiere zu „Gundermann“ im Thaliakino in seinen Geburtstag hinein. Mit dabei waren unter anderem Alexander Scheer, Anna Unterberger, Conny Gundermann und Bundesfinanzminister Olaf Scholz.
Potsdam - Am Kinoeingang ist kein Durchkommen mehr. Die Schlange an der Kasse ist lang, die Besucher quillen bereits aus dem Foyer wieder aus der Tür heraus. So viel Andrang im Babelsberger Thaliakino bedeutet – Kinoinsider wissen es längst – nur eins: Andreas Dresen ist mit Filmcrew und seinem neuesten Film im Haus. Am Mittwochabend stellte er das Biopic „Gundermann“ in einer Vorpremiere in Potsdam vor. Nächste Woche Donnerstag startet der Film im Kino. Es war bereits der dritte Termin der Kino-Tour. Und ein Heimspiel für den Potsdamer Regisseur. Wie bereits bei Terminen mit „Als wir träumten“ (2015) und „Timm Thaler oder Das verschenkte Lachen“ (2017) war die Veranstaltung restlos ausverkauft. Die Besucher wurden für die Filmvorführung in zwei Säle verteilt.
Nervös war dabei vor allem Dresen selbst: „Mir schlägt das Herz bis zum Hals“, sagte er vor dem Film. Vor zwei Wochen habe er noch auf dem Babelsberger Studiogelände an dem Film gearbeitet, jetzt freue er sich, dass er endlich im Kino zu sehen ist. Zwölf Jahre hat es gedauert, bis das Drehbuch fertig war. Es habe einfach so viel ausgewählt werden müssen, viele Entscheidungen waren zu treffen. Auch die Finanzierung sei nicht so einfach gewesen. Unter anderem mit Hilfe des TV-Senders rbb und des Medienboards Berlin-Brandenburg sei er schließlich realisiert worden.
Scheer: "Ick hab den nich jehört"
Die Endversion erzählt vom Liedermacher Gerhard Gundermann (1955 - 1998), seinem Leben in der DDR, seiner Arbeit im Braunkohlebergbau, die er auch neben der Musik nie aufgeben wollte, seinen Verwicklungen mit der DDR-Staatssicherheit – und vor allem von seiner Musik. Achtzehn Songs hat Hauptdarsteller Alexander Scheer in nur zehn Tagen für den Film eingesungen. Alle ein bisschen anders als das Original und doch genau gleich, wie Andreas Dresen es beschreibt.
Überhaupt sei Scheer „ein Wahnsinniger“, der während des Drehs genau wie Gundermann vegetarisch gelebt und kaum Alkohol getrunken habe. Selbst sein Schlafpensum habe er dem von Gundermann angepasst – drei bis fünf Stunden. Dabei konnte Scheer in seiner Jugend gar nichts mit Gundermann anfangen: „Ick hab den nich jehört, ick wollte Westplatten hören“, sagte er am Mittwoch in schnoddrigem Berliner Dialekt. „Seine Texte, diese berührende Lyrik, die hatte ick jar nich uffm Schirm.“
Conny Gundermann ist vom Film erschüttert
Für den Film hat er diese Lyrik zu seiner eigenen gemacht, wovon sich die Thalia-Besucher nicht nur auf der Leinwand, sondern auch live vor Ort überzeugen konnten. Gemeinsam mit „Pankow“-Gitarrist Jürgen Ehle gaben Dresen und Scheer ein kleines Konzert, bei dem sie selbst sichtlich berührt waren. „Ich liebe diese Songs einfach“, sagte Dresen schlicht. Gundermann habe damit auf ganz besondere Weise ein Bild von der DDR gezeichnet. Als Scheer erzählte, dass er sich für die Vorbereitungen auf den Film sogar Gundermanns Gitarre ausleihen durfte, brach seine Stimme. „Dafür danke ich Conny Gundermann sehr.“
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Die Witwe von Gerhard Gundermann, die den Film von Anfang an begleitet hat, war am Mittwoch mit Tochter Linda ebenfalls vor Ort. Von dem Film war sie berührt: „Mich hat es richtig erschüttert“, sagte sie. „Ich kann nur dankbar sein, wie behutsam der Film mit unserer, ja doch sehr widersprüchlichen Geschichte umgeht.“ Am Mittwoch saß sie während der Filmvorführung händehaltend neben Schauspielerin Anna Unterberger, die im Film Conny Gundermann spielt. Die beiden hatten sich bereits zur Vorbereitung der Rolle getroffen. „Wir haben uns von Anfang an gut verstanden“, sagte Unterberger. Beide waren sich einig, dass die Darstellerin ihre eigene Version von Gundermanns Partnerin finden muss. „Dafür hat mir Conny Raum gelassen, für das Vertrauen kann ich nur dankbar sein.“
Dresen feierte um Mitternacht seinen Geburtstag
Dankbar war auch das Publikum am Mittwoch: Film und Musik wurden mit tosendem Applaus honoriert. Einer Zuschauerin lag der Fokus zwar ein wenig zu sehr auf Gundermanns Stasi-Hintergrund, ansonsten sei sie aber begeistert, sagte sie. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der gemeinsam mit seiner Frau, Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst, das erste Mal das Thalia-Kino besuchte, lobte den Film: „Er stellt gut die Zerrissenheit des Helden dar, der gleichzeitig Antiheld ist“, sagte er. Den Fokus auf Gundermanns Stasi-Hintergrund hob er positiv hervor: „Es ist sehr gut, dass nichts beschönigt wurde.“ Das Thalia wolle er jetzt öfter besuchen. Ansonsten habe er es als viel arbeitender Neupotsdamer noch nicht geschafft, Lieblingsplätze in der Landeshauptstadt zu finden. Er jogge allerdings schon durch die Parks und genieße das Wasser.
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Scholz war auch einer der Gäste, die bis Mitternacht blieben, um mit Andreas Dresen auf seinen 55. Geburtstag am gestrigen Donnerstag anzustoßen. Dabei wirkte der Regisseur dann sichtlich gelöst. „Während der Vorstellung habe ich die ganze Zeit aufgeregt auf dem Fußboden gesessen“, erzählte er lachend. Jetzt fühle er sich sehr befreit.
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