Potsdam: Abschied vom Brauhausberg
Die Künstler aus der Alten Brauerei müssen zum Monatsende ihre Räume verlassen – zumindest einige haben jetzt eine Alternative in Babelsberg gefunden. Am Wochenende luden sie zur Auszugsfeier ein.
Teltower Vorstadt - Es gibt neue Hoffnung für die Künstler, die bis Ende April ihre Proberäume in der alten Brauerei am Brauhausberg verlassen haben müssen. Einige von ihnen finden in der Ahornstraße im Gewerbegebiet Babelsberg eine neue Bleibe, wie André Tomczak, Sprecher der Musiker-Initiative, sagte. Trotzdem ist die Situation weiterhin angespannt, denn nicht alle der rund 100 Musiker haben dort Platz. Die Räume in der Alten Brauerei wurden im Januar dieses Jahres gekündigt. Dort sollen stattdessen rund 50 Luxuswohnungen entstehen.
Am Samstag fand aus diesem Anlass eine Abschiedsfeier statt, bei der viele Künstler anwesend waren, um sich auch musikalisch von den Räumlichkeiten zu verabschieden. Während auf dem Hof das bunte Leben tobte, war es in den ehemaligen Proberäumen schon sehr still geworden. Nur noch vereinzelt ertönte hier und da Musik, größtenteils wirkten die Räume schon wie ausgestorben.
Arjopa, eine Sängerin, die unter anderem sibirischen Kehlkopfgesang beherrscht und auch unterrichtet, ist eine der Künstlerinnen, die Platz in den Räumen im Gewerbegebiet Babelsberg findet. Ein paar Utensilien hatte sie aber am Samstag noch in ihrem Raum in der Brauerei. „Das ist nachher noch für den Auftritt“, sagte sie: „Aber eigentlich bin ich schon mit einem Bein umgezogen.“ Sie freue sich auf die neuen Räumlichkeiten, trotzdem sei das Problem somit nicht aus der Welt geschafft.
„Es gibt einfach zu wenig Entfaltungsmöglichkeiten für unabhängige Kultur“, sagte auch Sprecher André Tomczak: „Es gibt in Potsdam bestimmt 300 Bands und viele von ihnen stehen auf Wartelisten für Proberäume.“ Obwohl man der Stadt mehrere Alternativen wie zum Beispiel die Räume in der Fachhochschule am Alten Markt oder die Nebengebäude vom alten Landtag vorgeschlagen habe, sei bisher kaum eine Reaktion gekommen. „Das ist schon etwas frustrierend“, so Tomczak: „Deswegen waren wir umso erleichterter, als sich vor ungefähr drei Wochen das Angebot mit der Ahornstraße auftat.“
Die Stadt verwies indes gegenüber den PNN auf das Angebot des Kommunalen Immobilienservice vom März zur Nutzung des ehemaligen Speichers der Dampfmühle in der Zeppelinstraße 136 – dem früheren Standort der Diskothek „Art Speicher“. „Es soll einen zweiten Besichtungstermin geben, bei dem sich die Künstler die Räume anschauen können“, sagte Stadtsprecher Markus Klier. Allerdings müssten die Räume erst hergerichtet werden: „Das ist keine Lösung für sofort oder für die nächsten Monate“, räumte der Stadtsprecher ein.
Nicht für die Musiker, auch für die anderen Künstler aus den Bereichen darstellende Kunst und Foto in der Brauerei bleibt die Situation unsicher. Einige von ihnen dürfen ihre Ateliers in der Alten Brauerei zwar noch weiter nutzen, wie lange ist jedoch nicht klar. „Es kann sein, dass ich meine Räume noch ein bis zwei Jahre nutzen kann“, sagte Florian Lamprecht, ein bildender Künstler, der in Räumen der Alten Brauerei große Skulpturen aus Pappmache herstellt. „Aber es kann auch sein, dass ich morgen raus muss. Die Uhr fängt ja dann immer sehr schnell an zu ticken.“
Die mangelnde Unterstützung der freien Künstler in Potsdam ist ein Problem, das nicht nur die Alte Brauerei betrifft. So muss dieses Jahr die Fête de la Musique ausfallen, weil die Musiker nicht genug finanzielle Unterstützung erhalten haben. Und auch andere Kulturhäuser bangen um ihr Bestehen. „Es ist ein sehr unangenehmer Schwebezustand, in dem wir uns als Künstler bewegen“, sagte Mikos Meininger vom Kunsthaus Sanstitre am Samstag. „Deswegen ist es wichtig, dass wir alle zusammen an einem Strang ziehen und uns gegenseitig helfen.“
Eine Vereinsgründung in diese Richtung sei auch schon geplant, wie André Tomczak am Samstag erklärte. „Das ist einfach ein langwieriges und wichtiges Thema“, sagte er: „Und wir müssen so lange daran rütteln, bis eine langfristige Lösung gefunden wird.“
Am Samstag war er trotzdem guter Dinge und genoss mit zahlreichen Musikern und den Gästen das strahlende Frühlingswetter. „Es war schließlich eine schöne Zeit hier“, sagte er: „Das muss man auch gebührend feiern.“ (mit jaha)
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