Historische Potsdamer Mitte: 50 Zentimeter daneben: Der „Einsiedler“ rückt vor
Historisch nicht korrekte Grundstückszuschnitte zwingen die Bürgerstadt AG auf der Brache in der Friedrich-Ebert-Straße zum Umplanen. Auch das Acht-Ecken-Haus „wächst“ um einen halben Meter.
Potsdam - Die Wiedergewinnung der historischen Potsdamer Mitte geht in ihre nächste Etappe. Am heutigen Freitag soll offiziell verkündet werden, wer die Grundstücke des ersten der beiden Karrees bebauen darf, die anstelle der alten Fachhochschule entstehen sollen.
Doch während auf dieser Seite der Friedrich-Ebert-Straße alles nach Plan läuft, hakt es auf der gegenüberliegenden Seite. Und zwar nicht zum ersten Mal. Seit sieben Jahren klafft zwischen Schloß- und Schwertfegerstraße ein gewaltiges Loch. 2011 wurde das DDR-Meliorationskombinat abgerissen und das Baufeld freigemacht. Ein Jahr später erhielt die Berliner Bürgerstadt AG den Zuschlag für einen prominenten Teil dieser Brache: das Grundstück Schwertfegerstraße 9, auf dem sich eins der vier berühmten Acht-Ecken-Häuser befand. Das will die Bürgerstadt AG äußerlich originalgetreu wiederaufbauen, innen sind Wohnungen mit schallgedämmten Räumen für Musiker geplant.
Das wiederaufgebaute Acht-Ecken-Haus soll exakt auf dem alten Grundriss stehen
Doch von Anfang an stand das Projekt unter einem schlechten Stern. Zuerst hatte die Bürgerstadt AG mit einem Anrainer zähe Verhandlungen über die Verlegung einer Grundstückszufahrt führen müssen. Danach tauchte ein zum Zeitpunkt des Verkaufs unbekannter Rückübertragungsanspruch auf, der die Bebauung erneut verzögerte. Im letzten Jahr hielt man schließlich doch die Baugenehmigung in den Händen – doch die Serie von Misslichkeiten setzte sich fort.
Einem Denkmalpfleger sei plötzlich aufgefallen, dass die historischen Grundstücksgrenzen – und damit auch die Baufluchten – von den heutigen abweichen, sagte Bürgerstadt-AG-Vorstand Winfried Hammann den PNN. Die historische Bebauung war weiter in den Straßenraum hineingerückt als es bei der Neubebauung vorgesehen war. „Wir mussten alles umplanen, Statik, Wohnungsgrundrisse, alles“, so Hammann. Denn das wiederaufgebaute Acht-Ecken-Haus soll exakt auf dem alten Grundriss stehen. Die Fassade wird daher einen guten halben Meter weiter in die Schwertfeger- und die Friedrich-Ebert-Straße gerückt als ursprünglich geplant. Eine neue Baugenehmigung habe er aber nicht beantragen müssen, erklärte Hammann.
Tiefgreifende Recherchen
Im vergangenen Jahr habe es „nochmals tiefgreifende Recherchen“ sowie Vermessungen zum historischen Stadtgrundriss im Vergleich zur aktuellen Situation gegeben, sagte eine Rathaussprecherin. Dabei sei die Unstimmigkeit aufgefallen. Die Planung sei daher gemeinsam mit dem Bauherrn angepasst worden, um dem Anspruch auf „Wiederannäherung an das historisch gewachsene Stadtbild“ gerecht werden zu können.
„Uns hat das ein weiteres halbes Jahr gekostet“, klagte Hammann. Eigentlich sollte der Wiederaufbau des Acht-Ecken- Hauses im vergangenen Jahr starten, nun soll es in diesem Frühjahr so weit sein. Diese Verzögerung hat auch Auswirkungen auf die beiden Nachbargrundstücke in der Friedrich-Ebert-Straße. Deren Bebauung, darunter der Nachfolger des einstigen Wirtshauses „Zum Einsiedler“, muss ebenfalls umgeplant werden. Auch hier weichen die historischen Grundstücksgrenzen von den aktuellen ab, auch hier rückt die künftige Bauflucht um einen halben Meter näher an die Straße heran. Weil die Häuser damit geringfügig größer werden und ihr Wert wächst, habe man auch beim Kaufpreis nachbessern müssen, sagte Hammann. Eine Summe nannte er nicht. Mit den Umplanungen für den „Einsiedler“ hofft Hammann „im ersten Halbjahr“ fertig zu sein, um dann den Bauantrag einreichen zu können. In dem Ensemble, das von der Ecke zur Schloßstraße bis zum Acht-Ecken-Haus reicht, sollen acht Wohnungen entstehen, ins Erdgeschoss des „Einsiedlers“ zieht eine Filiale der Mittelbrandenburgischen Sparkasse (MBS) ein. Sieben Millionen Euro sollen in das Ensemble investiert werden, weitere fünf Millionen Euro kostet das Acht-Ecken-Haus. Die darin befindlichen neun Wohnungen seien alle verkauft, nur für die Gewerberäume im Erdgeschoss suche man noch einen Interessenten, sagte Hammann. Mit je 18 Monaten Bauzeit rechnet er für beide Vorhaben, die zeitversetzt starten sollen. Beim „Einsiedler“ geht es wohl erst 2019 los.
Stadt hofft auf „baulogistische Synergieeffekte“
Das wirft möglicherweise weitere Probleme auf. Denn 2019 könnte auch mit dem Bau der Synagoge begonnen werden, die in der Schloßstraße künftig neben dem „Einsiedler“ stehen soll. Einen Baustart noch 2018 hatte das Land zuletzt ausgeschlossen, die Jüdischen Gemeinden streben aber eine symbolische Grundsteinlegung am 9. November an, dem 80. Jahrestag der Reichspogromnacht.
Es spricht also viel dafür, dass die gesamte Brache in einem Zug gebaut wird, damit kann keiner der Bauherren etwaige Freiflächen für die Baustelleneinrichtung nutzen. Die Stadt hofft allerdings auf „baulogistische Synergieeffekte“, zumal sich die Bürgerstadt AG einer Kooperation gegenüber aufgeschlossen gezeigt habe, wie ein Rathaussprecher erklärte. Hammann bestätigte das: Der Synagogen-Architekt Jost Haberland „kennt unsere Pläne“, sagte er.
Wesentlich weiter ist die Bürgerstadt AG mit ihrem dritten Projekt in der Potsdamer Mitte, dem Ensemble Brauerstraße 1, das in direkter Nachbarschaft zum Museum Barberini errichtet wird. Das dem Alten Markt zugewandte Vorderhaus und das Gartengebäude stünden bereits im Rohbau, so Hammann. Die insgesamt acht Wohnungen seien „alle weg“.
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