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Zum ersten Mal seit sechs Jahren war der Samstag wieder ausverkauft.
© Julian Stähle/dpa

Potsdam: 35.000 Besucher bei der Schlössernacht

Die 20. Auflage der Schlössernacht führte das Spektakel zurück zu altem Glanz. Das Publikum war zufrieden, die Veranstalter auch. Es beginnt sogar schon der Vorverkauf für 2019.

Potsdam - Füße wippen und Hände klatschen im Rhythmus, als Aydar Gaynullin „We will rock you“ auf seinem bunt schillernden Knopfakkordeon anstimmt. In weißem Anzug und mit weißem Hut hat sich der tartarische Musiker oberhalb des Sizilianischen Gartens zwischen zwei marmornen Löwen platziert, die auf ihn zuzustürzen scheinen. Es ist Samstag, der zweite Abend der Potsdamer Schlössernacht, viele Besucher haben sich um den Musiker versammelt. Gaynullin geht während eines schnellen Riffs in die Knie und präsentiert den Zuschauern Kostproben seiner Fingerfertigkeit. Zur Überraschung des Publikums entlockt der Musiker seinem Instrument plötzlich ungewöhnliche Klänge. Hatte er zunächst rockige Töne gespielt, erklingt aus dem elektronischen Akkordeon nun der Sound einer Orgel.

Während im Schlosspark eindringliche Trommeln, farbenfrohe Kostüme und Lichter eine phantastische, belebte Atmosphäre erschaffen, dringen in den Raffaelsaal der Orangerie nur die gedämpften Töne eines Cellos. Das rege Treiben, das sich vor den Türen abspielt, lässt sich hier bloß erahnen. Der rot ausgekleidete Saal mit den großformatigen Raffael-Kopien bietet einen Ort der Ruhe. Martina Gedeck betritt in sommerlich-luftigem Gewand den Raum. „In M..., einer bedeutenden Stadt im oberen Italien“, beginnt sie. Die Schauspielerin liest Heinrich von Kleists „Die Marquise von O“. Um dem Gesagten Ausdruck zu verleihen, unterstreicht sie ihre Worte hin und wieder mit Gesten. Für rund 100 Minuten teilen die Zuhörer und die prominente Vorleserin die Freude an der Literatur und das Vergnügen an der Komik des Textes.

Mit Stars besetzte Lesungen

Die Lesereihe „Leise Töne, markante Stimmen, spannende Geschichte(n)!“ ist einer der neuen Programmpunkte der Schlössernacht. Neben Martina Gedeck gehörten sechs weitere Prominente aus Film und Fernsehen zur Starbesetzung der Lesungen. „Die Resonanz auf die Lesungen bekannter Schauspieler war einfach überwältigend!“, sagt Peter Schwenkow begeistert. Der Chef der Deutschen Entertainment AG, kurz Deag, hat in diesem Jahr zum ersten Mal die Leitung der Veranstaltung übernommen. Am Samstagabend zieht er eine erste Bilanz. Am Freitag seien 11 000 Besucher gekommen, der Samstag sei sogar zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder ausverkauft gewesen, so Schwenkow. Insgesamt kamen 35 000 Gäste in den Park.

Die Schlössernacht an zwei Abenden stattfinden zu lassen und den Eintrittspreis um 20 Prozent zu senken, habe sich ausgezahlt. „Die Besucherzahlen haben sich im Vergleich zum letzten Jahr verdoppelt“, erklärt Schwenkow. Auch die Veränderungen bei der gastronomischen Versorgung hätten die Besucher gut angenommen. Statt auf Imbissbuden mit mehr oder weniger gleichem Angebot hatte Schwenkow auf Foodtrucks mit verschiedenen internationalen und regionalen Spezialitäten gesetzt. Besonders gut habe ihm außerdem die entspannte Stimmung an beiden Abenden gefallen. „In dieser aggressiven Zeit ist die Schlössernacht ein Ort der Ruhe. Die Menschen schlendern ganz entspannt und erfreuen sich an den Attraktionen“, sagt er. Schwenkow kündigte an, im nächsten Jahr weitermachen zu wollen. Dann wolle er noch präziser darüber informieren, welche Künstler wann und wo auftreten. Das sei in diesem Jahr noch nicht ausreichend kommuniziert worden. Die am Eingang ausgehändigten Flyer hatten lediglich einzelne Attraktionen vorgestellt, ohne den genauen Ort und die Zeit der Vorstellungen zu nennen. Das mussten die Besucher der Website entnehmen, einer der wenigen Kritikpunkte, die Besucher geäußert hatten.

Das Konzept kam gut an

Ansonsten kam das neue Konzept sehr gut an. Eine Potsdamerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, zeigte sich rundum zufrieden: „Für die Neuauflage gebe ich fünf Sterne plus.“ Gut gefallen habe ihr unter anderem das Catering. „Im Gegensatz zu früher sind außergewöhnliche Gourmetbuden dabei - nicht nur Currywurst“, sagt sie. Die 73-Jährige, die die Schlössernacht schon fünf oder sechs Mal besucht hat, freut sich außerdem über die kürzeren Wege. „Ich finde gut, dass die Veranstaltung jetzt konzentrierter ist und sich auf eine kleinere Fläche beschränkt“, sagt sie. Wie berichtet hatte sich das Programm diesmal nur auf etwa ein Drittel des Parks Sanssouci beschränkt, den Bereich um das Schloss und die Orangerie. In den vergangenen Jahren war stets der ganze Park bespielt worden. Besucher hatten sich dabei nicht nur über die langen Wege zwischen den einzelnen Angeboten beschwert, sondern auch über deren ungleiche Verteilung.

Gut gefallen hat vielen Besuchern auch die Lichtshow, die in diesem Jahr wegen der akuten Trockenheit das traditionelle Feuerwerk ablöste. Das „Feuerwerk des Lichts“, wie es der Veranstalter betitelte, kam auch bei Familie Plach besonders gut an. Die Familienmitglieder sind aus verschiedenen Regionen Deutschlands zur Potsdamer Schlössernacht angereist. Die Familie komme seit zehn Jahren in jedem Sommer nach Potsdam. Bedauert haben die Plachs aber, dass das klassische Vorabendkonzert gestrichen wurde. „Uns haben die Klassik und das Barocke gefehlt“, sagt die Familie.

Ortsvorsteherin Ludwig kritisierte das "Verkehrschaos"

Kritik aus der Politik gab es an der frühzeitigen Sperrung der Maulbeerallee. In den vergangenen Jahren habe man die Straße erst am Freitagnachmittag dicht gemacht, in diesem Jahr bereits drei Tage vor Veranstaltungsbeginn, sagte die Golmer Ortsvorsteherin und Mittelmarks CDU-Kreischefin Saskia Ludwig. Das habe zu einem Verkehrschaos im Norden Potsdams geführt.

Schwenkow richtet den Blick unterdessen bereits auf die nächste Schlössernacht. Am heutigen Montag beginnt bereits der Vorverkauf für das Spektakel am 16. und 17. August 2019 mit gestaffelten Ticketpreisen. Am Freitag soll der Eintritt wie in diesem Jahr 39 Euro kosten, wer sie am Samstag besuchen will, muss tiefer in die Tasche greifen: Diese Karten kosten 44 Euro.

Sophie Skeisgerski

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