Mammutpaket beschlossen: 270 Millionen Euro für Potsdams Welterbe
Das Neue Palais, das Orangerieschloss und die Römischen Bäder bekommen am meisten, aber viele kleinere Häuser profitieren auch von dem größten Rettungspaket, das je für das Welterbe geschnürt wurde.
Potsdam - Die Freude war Hartmut Dorgerloh deutlich anzusehen. „Was für ein Tag, was für ein Anlass“, sagte der Generaldirektor der Schlösserstiftung und blickte glücklich auf Monika Grütters (CDU), Martina Münch (SPD) und Klaus Lederer (Linke), die um Punkt 17.35 Uhr am Donnerstagnachmittag im Ovalen Saal des Schlosses Charlottenburg per Federstrich das mit 400 Millionen Euro größte Finanzpaket besiegelten, das in der Geschichte der Hohenzollernschlösser und -parks je geschnürt wurde.
Dank dieses üppigen Nachschlags zum ersten, 155 Millionen Euro schweren Investitionsprogramms (siehe Kasten) kann sich die Stiftung nun erstmals fast aller Sorgen um die verfallende Substanz des preußischen Weltkulturerbes entledigen. Dorgerloh sprach von einer „wirklichen Kehrtwende“, dank der man in der Lage sei, den zuletzt immer größer werdenden Sanierungsrückstand aufzuholen.
Der weitaus größte Posten entfällt dabei auf die drei großen Potsdamer Welterbeparks Sanssouci, Babelsberg und Neuer Garten, die zu den wichtigsten Anlagen der Stiftung gehören. Allein 270 Millionen Euro werden dort ausgegeben.
Welterbe in Potsdam: Sorgenkinder Neues Palais und Römische Bäder
Den größten Sanierungsbedarf hat weiterhin das größte Schloss der Stiftung, das Neue Palais. Rund 33 Millionen Euro sollen in den Jahren bis 2030 dort noch investiert werden. Angesichts eines geschätzten Gesamtbedarfs von bis zu 200 Millionen Euro wäre das Haus damit zwar nicht fertig, aber zumindest trocken und vom Schwamm befreit. Saniert werden sollen nun noch die restlichen Dachflächen, die Balustrade, das Hauptgesims und die noch nicht restaurierten Attikafiguren. Zudem ist der Einbau eines Aufzugs geplant, damit das Schloss auch für behinderte Besucher zugänglich wird. Nach dem Marmorsaal sollen zudem auch die benachbarten drei Prachtsäle – der Grotten-, der Spiegel- und der Tanzsaal – für insgesamt etwa fünf Millionen Euro restauriert werden.
Eines der größten Sorgenkinder der Stiftung sind bekanntlich die Römischen Bäder, deren Substanz schon so marode ist, dass Teile des Bauwerks in den Maschinenteich zu rutschen drohen. Daher steht es auf der gut 20 Objekte umfassenden Liste, deren Abarbeitung höchste Priorität genießt und die daher bis 2022 abgeschlossen oder zumindest begonnen werden soll. Für zwölf Millionen Euro soll das von Schinkel errichtete Ensemble komplett saniert werden.
Auch kleinere Häuser sollen neu hergerichtet werden
Ebenfalls auf dieser Liste steht die Villa Liegnitz in der Allee nach Sanssouci, die nach dem Auszug der Stiftungsbibliothek nun leer steht und inklusive Garten und Stibadium für etwa 7,5 Millionen Euro hergerichtet werden soll.
Geld gibt es nun erstmals auch für viele kleinere Häuser, für die die Stiftung einstmals im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) vergeblich Investoren gesucht hatte und bei denen dringender Handlungsbedarf besteht. Dazu zählen etwa das Damenhaus sowie das Weiße und das Rote Haus im Neuen Garten, deren Sanierung insgesamt drei Millionen Euro kosten soll oder die Meierei am Kuhtor, die mit 2,5 Millionen Euro zu Buche schlägt.
16 Millionen Euro kosten Fassaden- und Dacharbeiten am Orangerieschloss
Darüber hinaus sollen auch die Arbeiten am Orangerieschloss möglichst nahtlos weitergehen. Sieben Millionen Euro wurden dort in den letzten zehn Jahren bereits investiert, rund 16 Millionen sollen die verbleibenden Fassaden- und Dachflächen erneuert und die Innenräume der Pflanzenhallen instand gesetzt werden, die danach auch für Veranstaltungen genutzt werden können. Im Park Babelsberg gehen zudem die Arbeiten an den Wasserspielen weiter, unter anderem soll der seit Jahrzehnten trockene Große See, das einst größte Gewässer im Park, wiederhergestellt werden.
Zumindest beginnen will die Stiftung bis 2022 mit dem lange geplanten, aber aus Geldmangel immer wieder verschobenen Neubau des Besucherzentrums an der Historischen Mühle. Der Entwurf von Landtagsarchitekt Peter Kulka lehnt sich an das historische Schweizerhaus an, das im Weltkrieg zerstört wurde. Inklusive der Sanierung der Nebengebäude, etwa der Remise, kostet das Vorhaben rund neun Millionen Euro.
Nicht auf der Prioritätenliste steht hingegen Schloss Babelsberg, dessen Innensanierung erst nach 2022 beginnen soll. 8,5 Millionen Euro sind noch einmal nötig, um aus dem Haus ein Museumsschloss zu machen – inklusive Brandschutz, Haustechnik und einem Besucherzentrum als Anbau an die sogenannte Blaue Terrasse.
Gibt es noch einen Nachschlag auf das 270-Millionen-Programm?
Auch im Park Sanssouci wird noch einmal kräftig investiert. So sollen für rund 1,6 Millionen Euro der Parkgraben, der Friedens- und der Maschinenteich entschlammt werden. Zudem steht im sogenannten Marly-Komplex, zu dem etwa das Gebäude am Grünen Gitter gehört, in dem die Superintendentur des Evangelischen Kirchenkreises ihren Sitz hat, für zehn Millionen Euro die Hüllensanierung auf dem Programm. Und auch die Orangerieterrassen nebst Außenanlagen sollen instand gesetzt werden – für rund fünf Millionen Euro.
Dass auch nach 2030 noch viel investiert werden muss, ist den Geldgebern offenbar bewusst. Grütters und Münch ließen gestern, wenn auch augenzwinkernd, bereits durchblicken, dass das zweite Sonderinvestitionsprogramm womöglich nicht das letzte sein wird.
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