Potsdamer Theodor-Fontane-Archiv: 20 Jahre mit Fontane
Die Leiterin des Potsdamer Fontane-Archivs, Hanna Delf von Wolzogen, geht in den Ruhestand.
Potsdam - Dass das Potsdamer Theodor-Fontane-Archiv heute zu den bedeutendsten Literatureinrichtungen des Landes Brandenburg gehört, ist maßgeblich seiner bisherigen Leiterin Hanna Delf von Wolzogen zu verdanken. Das betonte Wissenschaftsministerin Martina Münch (SPD) am gestrigen Mittwochabend zur offiziellen Verabschiedung der ehemaligen Archiv-Chefin. Die Literaturwissenschaftlerin geht nach mehr als als 20 Jahren in den Ruhestand. In ihrer jahrzehntelangen wissenschaftlichen Tätigkeit und als Leiterin des Archivs habe von Wolzogen sich um die Fontane-Forschung verdient gemacht, sagte Münch bei einer Feierstunde an der Universität Potsdam, in die das Archiv seit 2014 integriert ist.
Die 1951 geborene Hanna Delf von Wolzogen habe das Fontane-Archiv kontinuierlich und erfolgreich zu einem modernen Literaturarchiv, einer anerkannten wissenschaftlichen Einrichtung und einer öffentlich wahrnehmbaren Gedächtnisinstitution ausgebaut, so Münch. Auch von Seiten der Universität zollte man der Wissenschaftlerin Dank und Respekt. Unter ihrer Leitung habe das Archiv nachhaltig an wissenschaftlichem Renommee gewonnen, hieß es. Dazu habe nicht zuletzt das Fontane-Jahr 1998 beigetragen, in dem das Archiv als Koordinator der Jubiläumsveranstaltungen in Berlin und Brandenburg auch die zentrale Veranstaltung des Landes Brandenburg ausrichtete: die große internationale Konferenz „Theodor Fontane. Am Ende des Jahrhunderts“.
Unbekannte Briefe Fontanes erhalten
Hanna Delf von Wolzogen habe wesentlich den Erwerb von Handschriften durch die Einrichtung vorangetrieben, sagte Rainer Falk, der am Fontane-Archiv für Edition, Projekte und Öffentlichkeit zuständig ist. So sei es 1997 gelungen, von Christian Andree die größte private Fontane-Sammlung zu bekommen, 2002 die lange als verschollen geltenden Briefe an Fontanes Jugendfreund Wilhelm Wolfsohn und schließlich 2007 die über 100 unbekannten Briefe an den Sohn Theodor jun. zu erhalten. Auch andere Erwerbungen hätten das öffentliche Interesse erregt: so die Briefe Fontanes an den Heine-Forscher und Herausgeber der „Allgemeinen Zeitung des Judentums“ Gustav Karpeles, an den Sprachphilosophen Fritz Mauthner und an den Schmiedeberger Amtsrichter Georg Friedlaender. „Durch den Besitz dieser maßgeblichen Briefsammlungen konnte das Theodor-Fontane-Archiv im Laufe der Zeit seinen Bestand an historisch wertvollen Briefen erheblich ausbauen“, sagte Falk. Darüber hinaus sei auch das Reservoir an wissenschaftlich wichtigen Manuskripten angewachsen, zu denen beispielsweise der seit 2006 im Archiv befindliche Text „Berlin und die Juden“ zählt.
Hanna Delf von Wolzogen habe das Archiv zu einem Ort von Editionen und Grundlagenforschung geführt, sagte ihr Kollege Rainer Falk. „So profilierte sie ihr Haus, indem sie dessen Bestände an eigene Editionsvorhaben knüpfte.“ Wichtige Projekte wie die erste wissenschaftliche Personalbibliografie zu Fontane oder auch die Edition des Briefwechsels Fontanes mit Wilhelm Wolfsohn, die sie mitherausgab, gingen unmittelbar auf die Initiative der Fontane-Kennerin zurück. Daneben engagierte sie sich auch stark dafür, das traditionsreiche Archiv in Potsdam angemessen unterzubringen. Mit der Hermann-Reemtsma-Stiftung wurde schließlich ein Förderer gefunden, der die Grundlagen dafür schuf: Die Stiftung sanierte die Villa Quandt am Potsdamer Pfingstberg, in der sich das Archiv seit 2007 befindet.
20.000 Originalhandschriften befinden sich im Potsdamer Archiv
Das 1935 gegründete Fontane-Archiv sammelt Handschriften, Dokumente und andere Zeugnisse zu Fontane und seiner Zeit, bewahrt, erschließt und präsentiert sie. Seine Bestände umfassen derzeit etwa 20 000 Originalhandschriften Fontanes und seines Umfeldes. Nachfolger von Hanna Delf von Wolzogen ist Peer Trilcke, der im Institut für Germanistik der Universität Potsdam auch die Juniorprofessur für deutsche Literatur des 19. Jahrhunderts mit dem Schwerpunkt Theodor Fontane inne hat.
Der Wissenschaftler übernahm am 3. April die Leitung des Archivs. In das Fontanejahr 2019 will Peer Trilcke sich dann mit eigenen Projekten einbringen. Für den Wissenschaftler steckt in Theodor Fontane noch viel Unbekanntes: Gerade im Spätwerk gebe es einige sehr interessante Texte, die heute noch poetisch irritieren, so Trilcke.