Proteste gegen Maduro: Zwischen Lügen und Putsch: Venezuela in der Sackgasse
In Venezuela vergeht kein Tag ohne Proteste und Gewalt. Das Land wird von blutigen Konfrontationen auf der Straße erschüttert. Die Regierung hält eisern Kurs, die Opposition dagegen.
Venezuela droht zum Pulverfass Südamerikas zu werden. Glaubt man dem linken Staatschef Nicolás Maduro haben die seit Wochen andauernden Proteste „faschistischer Banden“ nur ein Ziel: den Sturz der gewählten Regierung und ein Ende der von Vorgänger Hugo Chávez geprägten bolivarischen Revolution. Die Opposition sieht die Demonstrationen dagegen als legitimes Recht auf Meinungsäußerung gegen eine Regierung, die das Land in den Abgrund führe. Die politischen Fronten sind gesteckt. Der Konflikt wird auf der Straße ausgetragen.
Das Epizentrum der Proteste ist Caracas, wo am 12. Februar drei Menschen bei Demonstrationen erschossen wurden. Seitdem ziehen täglich Tausende Demonstranten durch die Straßen. Frauen, Studenten, Rentner, Motorradfahrer, Beschäftigte von Staatsunternehmen. Die einen schlagen Töpfe und Kessel gegen die Regierung und errichten Barrikaden. Die anderen ziehen mit wehenden roten Fahnen durch die Hauptstadt, um Maduro den Rücken zu stärken.
Immer wieder kommt es zu Straßenschlachten, nicht nur in Caracas sondern auch in der Großstadt Valencia oder in San Cristóbal im Bundesstaat Táchira. Die Polizei setzt Wasserwerfer und Tränengas ein. Meldungen über Opfer sind oft nur schwer zu überprüfen. Oft mischen sich bewaffnete paramilitärische Motorradgangs selbst ernannter sozialistischer Kampfbrigaden ein. Auch Agenten des Geheimdienstes Sebin sind dabei. Acht von ihnen wurden festgenommen.
Sie stehen im Verdacht, zwei Studenten ermordet zu haben.
Der Blutzoll der Proteste ist hoch. Die Generalstaatsanwaltschaft spricht von mindestens 13 Toten und über 150 Verletzten. Doch Maduro selbst nannte eine Zahl von über 50 Opfern, wenn man die Todesfälle mitzähle, die etwa durch Unfälle an den Barrikaden verursacht worden seien. „Warum müssen wir das erleben?“, fragte der 51-jährige Staatschef, der die Gewalt als gezielten Destabilisierungsversuch geißelt.
Die Regierung hofft, dass sich die Lage durch die bevorstehenden Karnevalstage entschärft, doch die Opposition will weiter protestieren. „In dem Land von Nicolás (Maduro) gibt es keine Milch mehr fürs Volk, aber es gibt (Tränengas-)Bomben und Kugeln gegen Studenten“, begründete Oppositionsführer Henrique Capriles die Hartnäckigkeit der Protestbewegung. Aus Sicht des Gouverneurs des Bundesstaates Miranda überschüttet die Regierung das Land täglich mit mehr Lügen.
Einer von Maduro in der Nacht zum Donnerstag im Präsidentenpalast Miraflores einberufenen Friedenskonferenz von regierungsnahen gesellschaftlichen Gruppen blieb die Opposition demonstrativ fern. „So nicht“, lautete die Begründung des Bündnisses MUD (Mesa de la Unidad). Die Opposition sei zu keiner Schein-Veranstaltung bereit.
Maduro, der Capriles 2013 bei der Präsidentschaftswahl knapp besiegte, nannte Frieden und Gewaltlosigkeit als einzig möglichen Weg. Darin würde selbst die Opposition ihm zustimmen. Doch dann hört die Gemeinsamkeit auf, denn beide Seiten schieben sich gegenseitig die Schuld für die Gewalt zu. Eine klassische Patt-Situation.
Besorgt äußerten sich inzwischen die Vereinten Nationen, die Europäische Union und auch Papst Franziskus. Alle mahnen unabhängig voneinander unisono zur Zurückhaltung und zu einem echten Dialog zwischen den verfeindeten Seiten. Ein Dialog wäre bitter nötig, denn das Land leidet trotz seines immensen Rohstoffreichtums - Venezuela ist einer größten Ölexporteure der Welt - unter einer katastrophalen Wirtschaftslage. 2013 lag die Inflationsrate bei über 55 Prozent. (dpa)
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