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In Teheran feierten viele Menschen nach dem Fastenbrechen das Atomabkommen von Wien.
© AFP

Atomabkommen mit dem Iran: Zwischen Euphorie und Sorge

Im Iran feiern die Menschen das Atomabkommen bis tief in die Nacht, doch die Nachbarstaaten sind beunruhigt. Dabei könnte der Wiener Atomvertrag im Kampf gegen den "Islamischen Staat" bislang undenkbare Bündnisse stiften.

Die Gegensätze hätten nicht krasser ausfallen können. Zehntausende junge Leute jubelten in Teheran und feierten das Atomabkommen von Wien bis tief in die Nacht hinein. „Der Belagerungsring ist gesprengt“, titelte die Zeitung „Ghanoon“. Das reformoffene Blatt „Etemad“ kürte sogar die „Diplomatische Revolution des 14. Juli“. Bei den arabischen Nachbarn am Persischen Golf dagegen herrschte Katerstimmung. Man hoffe, der Iran werde seine Ressourcen künftig dazu nutzen, den Lebensstandard der Bevölkerung zu bessern, statt Unruhe in der Region zu stiften, erklärte ein Regierungssprecher in Riad.

König Salman telefonierte wenig später mit US-Präsident Barack Obama, der erneut versuchte, die Sorgen des superreichen Potentaten mit dem Angebot neuer Waffenlieferungen zu zerstreuen. Schon heute ist Riads Militärbudget fünfmal so groß wie das von Teheran. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geben für ihre knapp 1,4 Millionen Bürger immerhin noch 50 Prozent mehr Geld für Rüstung aus als die 78-Millionen-Nation auf der anderen Seite des Persischen Golfs. Und so reagierte Abu Dhabi etwas konzilianter und stellte dem Iran eine „wichtige Rolle in der Region“ in Aussicht, wenn das Land aufhöre, sich in die inneren Angelegenheiten von Irak, Syrien, Libanon und Jemen einzumischen. Man hoffe nicht nur bei dem Atomvertrag auf eine neue Richtung, sondern auch beim Agieren des Iran im Nahen und Mittleren Osten. Dazu müsse Teheran künftig den „ehrlichen Wunsch zeigen, beim Auslöschen der Feuer zu helfen, die die Region verschlingen“.

Bis dahin jedoch ist noch ein langer Weg. Mehr als drei Jahrzehnte herrschte kalter Krieg zwischen Saudi-Arabien und der Islamischen Republik. Iran fühlt sich als persisch-schiitische Vormacht in der Region, Saudi-Arabien als Hüter der heiligsten Stätten des Islam, Mekka und Medina, und damit als wichtigstes Zentrum des sunnitisch-arabischen Islam. Und so geraten die beiden Erzrivalen an immer mehr Brennpunkten aneinander. Gleichzeitig breitet sich in der Region mit dem „Islamischen Staat“ eine Gefahr aus, die alle eingeschworenen Gegner gleichermaßen bedroht. Und so könnte der Wiener Atomvertrag im Kampf gegen IS neue, bislang undenkbare Bündnisse stiften, zwischen Iran und seinen arabischen Rivalen, aber auch zwischen Iran, dem Westen und Russland. Iraks Premierminister Haider al Abadi frohlockte bereits, die Atomeinigung habe den Weg frei gemacht für einen gemeinsamen Feldzug gegen die Gotteskrieger.

Frankreichs Präsident François Hollande ging einen Schritt weiter und appellierte an seinen iranischen Amtskollegen Hassan Ruhani, jetzt auch den syrischen Bürgerkrieg beenden zu helfen. Denn mittlerweile sind weder Iran und Russland noch Europa und die USA an einem chaotischen Kollaps des Assad-Regimes interessiert, der dem „Islamischen Staat“ den Weg nach Damaskus ebnen und einen Genozid an den Alawiten auslösen könnte.

Eine solche stärkere diplomatische Einbindung in die Geschicke der Region aber wollen die Hardliner der Islamischen Republik verhindern. Sie haben bestens an dem westlichen Sanktionsregime verdient. Sie wissen, dass sich der latente Unwille der Bevölkerung über die teuren Assad-Hilfen jetzt Bahn brechen könnte. „Die Vereinigten Staaten haben genau das bekommen, was sie wollten – einen schlechten Vertrag, der gegen die nationalen Interessen des Iran verstößt“, polemisierte der ultrakonservative Teheraner Abgeordnete Alireza Zakani.

Das letzte Wort aber hat der Oberste Revolutionsführer Ali Chamenei. Demonstrativ lud er Präsident Ruhani und sein Kabinett zum Ramadan-Fastenbrechen ein und pries per Twitter die „rechtschaffenen und harten Anstrengungen“ der Verhandlungsdelegation in Wien. Sein Sprachrohr, die Zeitung „Keyhan“, jedoch schlug bereits deutlich dunklere Töne an. „Unser Volk hat schon viele Verhandlungen und Verträge erlebt. Es gibt keinen Grund, jetzt in Euphorie zu verfallen über diesen Vertrag mit Amerika und dem Westen.“

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